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Orange?

Samstag, 16. Februar 2013

Kapitale Sachen

"Haupt|stadt, die [mhd. houbetstat]: [größte] Stadt eines Landes, in der sich der Regierungssitz befindet (Abk.: Hptst.)." Da macht es sich der (CD-ROM) Duden (5.1.0.0. von 2006) nun doch etwas zu leicht: Was ist, wenn die größte Stadt nicht Regierungssitz ist? (Wahrig ist übrigens auch nicht besser). Online ist man da etwas vorsichtiger: "[politisch bedeutendste] Stadt eines Landes, in der sich (in der Regel) der Regierungssitz befindet; Abkürzung: Hptst". In der Regel! Welche Regel?

Zweiter Versuch: Gablers Wirtschaftslexikon: "Hauptstadt; wirtschaftliches, politisches und kulturelles Zentrum eines Landes (Steuerungszentrale). V.a. zentralistisch strukturierte Staaten und viele Entwicklungsländer weisen eine Metropole auf, die in Größe, Bedeutung und Reichweite ihrer Funktionalität allen anderen Großstädten überlegen ist (z.B. Paris, Lissabon, Athen, Wien, Kairo, Lagos, Teheran, Buenos Aires); dem Föderalismusprinzip folgende Bundesstaaten (z.B. Deutschland, Schweiz) verfügen über keine ausgeprägte Metropole".

Man merkt: Es ist nicht immer leicht, etwas zu definieren, das man (trotzdem) ständig im Munde führt. Die Sache ist allerdings tatsächlich verzwickt, und auch die Gabler-Definition ist längst nicht so genau, wie sie aussieht. Hier seien noch ein paar weitere Aspekte zusammengetragen:

Die Hauptstadt
  • ist nicht immer Regierungssitz (Bonn, Den Haag), in Bolivien ist die Hauptstadt Sucre, La Paz ist der Regierungssitz; in Malaysia ist Kuala Lumpur die Hauptstadt; Regierungssitz ist Putrajaya)
  • Manche sind 'Plan'hauptsstädte, wie etwa Brasilia, Islamabad (die Hauptstadt von …. na? - Pakistan; vorher war es Karatschi, und Lahore ist mit 7 Mio Einw. weit wichtiger), Abudja (und nicht Lagos) oder, um ein noch neueres Beispiel zu nennen, Naypyidaw (in Burma, aber das heißt ja jetzt auch Myanmar).
  • Das gilt letztlich auch für Hauptstädte, die auf Bundesterritorium liegen (ergo keiner Provinz, keinem Bundesstaat angehören, wie Canberra oder Washington D.C., die kanadische Hauptstadt Ottawa liegt in der Provinz Ontario (und sie ist auch Regierungssitz). Washington wurde bewußt zwischen Maryland und Virginia auf "federal territory" (eben jenem D.C:, dem District of Columbia) aus dem Boden gestampft; so liegt es auch zwischen Norden (Maryland) und Süden (Virginia) und gehört mithin keinem Bundesstaat und keiner politischen Seite (der Bürgerkriegsparteien) an.
  • Manche Hauptstädte werden bewusst "in die Pampa" verlegt; ein schlagendes Beispiel hierfür ist Astana, die Hauptstadt von Kasachstan. Diese Funktion hatte bis 1997 das so schön benannte Almaty, oder Alma Ata ("Großväterchen Apfel": ernsthaft!). Astana hieß vorher übersetzt "weißes Grab", jetzt heißt es "die Hauptstadt". Na schön. In die Pampa verlegt wurde übrigens damals auch Bonn, als vorläufige Hauptstadt der Republik. Und weil Adenauer es so wollte (er stammte aus Rhöndorf, das war gerade mal 20 km entfernt! Der Heimatort Nursultan Nasarbajews, des Despoten von Kasachstan, liegt hingegen deutlich näher an Almaty als an Astana (das ist über 1000 km entfernt!) Er muss andere Gründe gehabt haben)
  • Abudja ist seit 1991 Hauptstadt von Nigeria; manche andere Hauptstädte in den Entwicklungsländern sind nicht die, die zu Kolonialzeiten der Sitz der Kolonialverwaltung waren. Irgendwie schon nachvollziehbar: Die Zäsur soll von Dauer sein, und die neue Hauptstadt soll ganz die eigene sein, ohne fremden (d.h.: europäischen) Einfluss. Das gilt für Naypyidaw, das Rangun ersetzte (ihm "den Rang ablief" wäre beinahe ein Kalauer), genauso wie für Islamabad. Deswegen ist auch Rio de Janeiro nicht Hauptstadt Brasiliens (obwohl das mit der kolonialen Vergangenheit in Brasilien hochkompliziert ist).
  • Dann wiederum gibt es Haupt- und Residenzstädte, wo ein Herrscher durch seine Präsenz (bzw. durch das Vorhandensein einer Residenz – eines Schlosses) einen Ort zur Hauptstadt macht; so war nie – solange es Frankreich gibt – ein Zweifel daran, dass Paris die Hauptstadt ist, und zumindest seit Wilhelm dem Eroberer ist London ganz Hauptstadt im Sinne der Gablerschen Definition. Die Sache kann aber komplizierter sein: vgl. den Wechsel von Kyōto nach Edo (heute: Tokio) in Japan; für die Kaiser des Hlg. Römischen Reiches Deutscher Nation gab es ohnedies nur temporäre Hauptstädte (die Pfalzen) und, von Kaiser zu Kaiser wechselnd, bevorzugte Schwerpunkte ihrer Aktivitäten.
  • Was ist die Hauptstadt der Republik Südafrika? Pretoria. Nur: das Parlament ist in Kapstadt, und die obersten Gerichte in Bloemfontein. Was wäre die Hauptstadt eines geeinten und einigen Europa? Brüssel? Straßburg? Luxemburg?
  • Ein Schmankerl zum Schluss: Wie heißt die Hauptstadt Österreichs? Wien (1) – ja klar, aber: "Wien, Wien, nur du allein...?" (2) Eben nicht: zumindest, wenn wir vom k. u. k. Vielvölkerstaat der Habsburger-Donaumonarchie sprechen, die mit dem Ersten Weltkrieg ein abruptes Ende fand. Denn: neben Wien war da noch (das böhmische [= tschechische]) Prag, (das königlich-ungarische) Budapest, Laibach [heute Ljubljana] , (die Hauptstadt des Herzogtums Krain (3)), Agram – heute Zagreb (Kgr. Kroatien und Slawonien), und so weiter und so fort. Je nachdem, wie genau man es nimmt mit Galizien, Kärnten, Tirol, Triest...

Fußnoten
  1. - Wien auf deutsch (bzw. Wean, wenn man's richtig ausspricht)
    - Bécs auf ungarisch (und Beč auf Bosnisch/Kroatisch/Serbisch:Беч)
    - Vídeň auf tschechisch
    - auf jiddisch וויען (Wien) und
    - Vienna auf italienisch
  2. Wie es in dem beliebten Wienerlied von Rudolf Sieczyński heißt.
  3. daher "Oberkrainer"; Oberkrain ist mit Unter- und Innerkrain Teil des heutigen Sloweniens, und z.B. am Bleder See ist es heute noch wie dahaam in Österreich.
Nachtrag: Interessant ist in diesem Zusammenhang der Vergleich mit englischen Äquivalenten, von denen besonders drei als der 'Normalfall' gelten dürften: capital, metropolis und main city. Während das letztere rein beschreibend ist, erläutert das OED (u.a.), dass metropolis " a very large and busy city" sei, der Duden merkt dazu an, eine Metropole sei "Weltstadt; Hauptstadt (mit weltstädtischem Charakter)". Die Website helpster.de erinnert daneben daran, dass "eine Metropole... eine Einwohnerzahl im Spektrum von 1 bis 10 Millionen Menschen" umfasst. Außerdem zähle "die wirtschaftliche Wertigkeit einer Stadt". (Städte mit über 10 Mio. Einwohnern nennt man Megastädte, doch das gehört nicht hierher.) Bleibt noch capital, die Kapitale: die de jure Hauptstadt vor allem im politischen und administrativen Sinn. Ähnlich ist auch in anderen Sprachen, etwa im Französischen, Italienischen oder Spanischen, das Wort für Hauptstadt auch capital[e]: die Kapitale ist, wo das Kapital sitzt. (also wäre Frankfurt/M.  die logische Hauptstadt Deutschlands?)

Ein unlängst erschienener Roman von John Lanchester, der in und von London handelt, spielt mit der doppelten Bedeutung des Titels: der Hauptstadt und dem Kapital. Hauptstadt ist, wo das Geld sitzt. Das Buch heißt – natürlich – Capital.


Samstag, 9. Februar 2013

Basil(ikum)

Basileus, altgriechisch βασιλεύς (basileús) (Genitiv βασιλέως (basiléōs)), neugriechisch βασιλιάς (vasiljás: „König“) war der Titel der Kaiser des Byzantinischen Reiches sowie mehrerer mykenischer und griechischer Herrscher und Könige. Die weibliche Form lautet Basílissa, altgriechisch βασίλισσα, und wurde sowohl für Gemahlinnen eines Königs als auch für selbst regierende Monarchinnen verwendet.

Die englische Form dieses Namens lautet Basil (1), die französische Basile und die russische Wassili. Nur bei uns heißt keiner so (2). Im arabischen Sprachraum hat Basil (arabisch ‏باسل‎) die Bedeutung „mutig“, „tapfer“: so heisst man gerne! (Der Bruder des syrischen Diktators Assad heißt Basil (2b))

Das Basilikum (Ocimum basilicum), auch Königskraut genannt, ist eine Gewürzpflanze aus der gleichnamigen Gattung Basilikum (Ocimum) der Familie der Lippenblütler. Basilikum wird insbesondere in der italienischen Küche häufig verwendet (als Caprese mit Mozzarella, als Pesto oder in die Spaghettisoße wg. der authentisch-mediterranen Note). Nur: Warum heißt es überhaupt Königskraut? Wurde es von Königen benutzt, sei es als Badezusatz oder Gesundheitstee? Ist es gar der König der Kräuter? Ist es vielleicht tatsächlich das Kraut, das an der Stelle wuchs, wo der Hlg. Konstantin und seine Mutter, die Hlg. Helena, das Hlg. Kreuz entdeckten, wie eine mittelalterliche Legende zu berichten weiß?

Dies bringt uns zur...Basilika: Die Bezeichnung Basilika für ein Kirchengebäude leitet sich letztlich her von dem altgriechischen Substantiv βασιλική (basiliké) und bezeichnete ursprünglich eine Königshalle. (lateinisch vollständig: basilica domus) Das wiederum war eigentlich der Name großer, repräsentativer Gebäude, die zu öffentlichen Veranstaltungen – etwa Gerichtssitzungen – dienten. Das Gebäude ist ein wichtiger Teil von Kaiserpfalzen.

Deutschlands älteste Stadt, Trier, hat mit der Konstantinbasilika ein schönes, antikes Exemplar; sie dient heute als evangelische Kirche ("Kirche zum Erlöser"). In der Frühzeit des Christentums wurden Kirchen oft nach dem Vorbild der antiken Basilika gebaut (d.h. eher selten zur Kirche umgewidmet), und Basilika ist dementsprechend ein kunsthistorischer terminus technicus. In der katholischen Kirche bezeichnet Basilica ein besonders wichtiges Kirchengebäude, etwa den Zielort von Pilgerreisen.

Der Basilisk wiederum ist ein nicht sonderliche großes schlangenhaftes Ungeheuer, das erstmals bei Plinius (23 – 79 AD) erwähnt wird. Der Name bedeutet "kleiner König", und in seinem Buch Einhorn, Sphinx und Salamander (Manual de la zoologia fantasticac, 1957) schreibt der große argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges über ihn:

"Im Laufe der Zeitalter nimmt der Basilisk an Häßlichkeit und Grauen zu, und heute wird er kaum mehr erwähnt. (...) Was sich nicht ändert, ist die tödliche Kraft seines Blickes.

Der Basilisk lebt in der Wüste; besser gesagt, er schafft die Wüste. Die Vögel fallen ihm tot zu Füßen, und die Früchte faulen; das Wasser der Flüsse, aus denen er trinkt, ist auf Jahrhunderte hinaus vergiftet. Daß sein Blick Steine bricht und das Gras verbrennt, ist von Plinius bestätigt worden. Der Geruch des Wiesels tötet ihn und, wie man im Mittelalter behauptete, auch das Krähen des Hahnes."


< Der Basilisk aus Bertuchs Kinderbuch (3)


Natürlich wurde das Monster zum Symbol: für Wollust und Sünde, und ab dem späten 15. Jahrhundert für die (damals neue) Syphilis. Nur warum dieses Symbol "Königlein" heißt, bleibt ein Rätsel. Unklar ist übrigens auch, ob der Basilisk (oder genau genommen überhaupt der Basileus) etwas mit der schweizerischen Stadt Basel zu tun hat. Seit dem ausgehenden Mittelalter sind immer wieder Basilisken als Schildhalter des Wappens vom Kanton Basel Stadt dargestellt worden.

Basel (französisch Bâle, italienisch Basilea, rätoromanisch Basilea (4) ist nach Zürich und Genf die drittgrösste Stadt der Schweiz. Die Stadt wird im 3. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, aber woher der Name kommt, lässt sich nicht mehr klären. Da es einen römischen Namen Basilius gibt, könnte ein solcher Gründer oder erster Besitzer gewesen sein. Vielleicht wuchs an der Stelle aber auch das Königskraut besonders üppig.

Wer weiß...

Fußnoten:

  1. Zumindest im Vereinigten Königreich ist vor allem ein Basil jedem geläufig: Basil Fawltyist die zentrale Figur einer extrem erfolgreichen BBC-Comedy-Serie aus den 70ern. Basil Fawlty wurde gespielt von John Cleese (kennen wir von Monty Python)
  1. doch! Nämlich ein Käse ("Bruder Basil" – laut Markenrecherche-Websitehttp://www.tmdb.de  ist die Marke jedoch inzwischen gelöscht).Assads Bruder Basil lebt noch.
  1. Bilderbuch für Kinder enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Blumen, Früchten, Mineralien, Trachten und allerhand andern unterrichtenden Gegenständen aus dem Reiche der Natur, der Künste und Wissenschaften; alle nach den besten Originalen gewählt, gestochen, und mit einer kurzen wissenschaftlichen, und den Verstandes-Kräften eines Kindes angemessenen Erklärung begleitet von F. J. Bertuch. 12 Bände. Verlag des Industrie-Comptoirs, Weimar 1792-1830
  1. "Basilea (tudestg Basel, franzos Bâle, talian Basilea) è la terz gronda citad da la Svizra, davos Turitg e Genevra." (Zitat von der rätoromanischen Wikipedia)


Montag, 4. Februar 2013

Glo' 'al stop

A glo'al wha'?

oder

is 'a eine Buchstab? (eitsches, dropping your)

oder:

glo' 'al stop: der verkannte Laut


Im Englischen ist er berühmt-berüchtigt: der Knacklaut, der glottal stop. Der heißt so, denn er "is a speech sound articulated by a momentary, complete closing of the glottis in the back of the throat." [2004 SIL International] Die Glottis ist die Stimmritze, wird sie beim Artikulieren kurz verschlossen, knackt es; im Deutschen spricht man auch vom Kehlkopfverschlußlaut.

Berüchtigt ist er im Englischen, denn er ist generally frowned upon: er kommt theoretisch nicht vor (d.h. nicht in der sog. received pronunciation), praktisch aber schon, und zwar in vielen Dialekten, vom Londoner Cockney bis zum Scots (eigentlich ja kein Dialekt, aber für Engländer klingt es so.)
Meist ersetzt er dabei ein intervokalisches 't', z.B. wenn das Wort butter wie bu'er ausgesprochen wird, wobei der Apostroph hier für eben jenen ominösen Laut steht.

Folgendes Beispiel (von einer Internetseite der BBC) mag das noch verdeutlichen:

gehört
Be'y bough' a bi' of bu'er.
Bu' the bi' of bu'er Be'y bough' was bi'er,
So Be'y bough' anuvver bi' of bu'er.
geschrieben
Betty bought a bit of butter.
But the bit of butter Betty bought was bitter,
So Betty bought another bit of butter.


Was der Dialekt sprechende Brite - der glottal stop kommt besonders oft in britischen Mundarten vor - hier tut, ist gewissermaßen ein dropping his 't's, gewissermaßen als Pendant zum dropping one's aitches ('h's), das ebenfalls für unkultiviert gilt. (Etwa wenn man 'ands statt hands und 'elp statt help sagt.(1)

Der "Knacklaut" hat im Deutschen kein eigenes Zeichen; er ist aber häufig, z.B. in 'Anfang,
Be'erdigung, be'absichtigen usw. Anders als im Englischen ersetzt er keinen Konsonanten, sondern trennt Vokale oder er steht regelmäßig am Wortanfang vor einem Vokal. Er tritt vor allem in der Hoch- und Schriftsprache auf und in manchen Dialekten kaum oder gar nicht.

Interessant ist, daß bei alten germanischen Stabreimen der Knacklaut offenbar als eigenständiger Laut gesehen wurde und Reime mit unterschiedlichen Vokalen (aber eben demselben Knacklaut) erlaubt waren. Wie wir uns aus dem Deutschunterricht erinnern, ist ein Stabreim (die sog. Alliteration) eine Form des Reims, bei der gleiche Laute am Anfang betonter Silben zählen. Wenn die Laute sich nicht gleichen, reimt sich's nicht.

Es gibt den Knacklaut in verschiedenen anderen Sprachen, im Arabischen etwa oder in südamerikanischen Indianersprachen wie dem Ketschua, doch sie alle verblassen neben den komplexen Knacklautsystemen (sog. clicks) der sogenannten Khoisan-Sprachen.

Khoisan sind Menschen im Süden Afrikas, die zwei größeren Völkern angehören; die Khoi nannte man früher Hottentotten, die San wurden gewöhnlich als Buschmänner bezeichnet (vom Afrikaans Bosjesmannen). Letztere sind sowohl durch das einfühlsame literarische Portrait in zwei Büchern des Südafrikaners Laurens van der Post, The Lost World of the Kalahari und The Heart of the Hunter auch uns Europäern bekannt geworden, wie auch durch den Spielfilm Die Götter müssen verrückt sein (The Gods Must Be Crazy, 1980)

In diesem Film sind auch einige der für Khoisan-Sprachen typischen click-sounds zu hören (wie auch in dem Lied The Click Song der unvergleichlichen Miriam Makeba aus dem Jahr 1965 -zu hören u.a. auf Youtube!). Auch im deutschen Sprachraum gibt es Schnalzlaute, etwa, wenn man mit Kindern herumalbert oder mit dem Pferd kommuniziert; dies sind jedoch keine integrierten Bestandteile unserer Sprache.

In Afrika sind die clicks in der Regel ingressiv, d.h., sie werden beim Einsaugen der Luft artikuliert. Je nachdem was man dabei mit der Zunge macht, klingen sie unterschiedlich. Sie jedoch, wie das in den Khoisan-Sprachen geschieht, mitten im Wort zu artikulieren, bereitet Europäern beträchtliche Schwierigkeiten.

Die dafür in der Fachliteratur gebräuchlichen phonetischen Symbole sind ähnlich kompliziert wie die Laute, die sie darstellen:

die Beispiele sind der !Xóõ-Sprache entnommen (2) , einer Sprache, die von ein paar Tausend Menschen in Botswana gesprochen wird. Was hier unmittelbar vor dem "Fragezeichen" steht, ist der jeweilige click. Wenn Sie Schwierigkeiten bei der Aussprache einzelner Laute haben: geduldig üben; in nur wenigen Jahren können Sie sicher schon den einen oder anderen Laut!

Bilabial heißt im Übrigen: ein Schmatzlaut, der mit beiden Lippen gebildet wird; dental heißt: mit der Zungenspitze an den Zähnen; alveolar heißt: Zungenspitze hinter den Zähnen, palatal heißt am Gaumen, und lateral heißt seitlich artikuliert.

Im (Alt-)Griechischen unterscheidet man zwischen dem vokalischen Anlaut ohne Behauchung, dem spiritus lenis (griech. ἡ ψιλή ), von dem das Gerücht geht, es handele sich hier um den glottal stop, aber in Wirklichkeit wohl eher um einen nicht-knackenden Vokal, und dem spiritus asper, (η ψιλή ), dem behauchten Anlaut, der unserem 'h' entspricht. Noch einmal zum Mitschreiben: Die Griechen unterschieden zwei Laute, die sie beide nicht als eigenen Buchstaben schrieben, sondern als Häkchen bzw (am Beispiel alpha); zwischen dem hörbaren/nicht hörbaren Stimmeinsatz und der Behauchung eines Vokals bestand für sie ein Zusammenhang. Klar: wenn man das 'h' wegläßt, hat man den spiritus lenis oder den glottal stop und klingt damit wie eine Französin, die es nischt über das 'erz bringt, meinen Namen so auszuspreschen, wie isch das tue: Hauck.

Fußnoten:
(1) Der Apostroph steht hier natürlich für das fallengelassene h.
(2) und der Website http://hctv.humnet.ucla.edu/departments/linguistics/VowelsandConsonants/course/chapter6/xong/!xong.html

Ordnungshüter

Ein Ordnungshüter war früher mal der Nachtwächter. Er hatte zwar wenige Befugnisse, auch war er unbewaffnet, aber wenigstens konnte er Alarm schlagen (“Alarm” heißt ja “all'arme”, also “zu den Waffen!”) Wehren also mußte der Bürger sich schon selber. Deshalb gab es in kritischen Gebieten und unsicheren Zeiten sogenannte Bürgerwehren. Als dann die Obrigkeiten dauerhaft Ornungshüter einrichteten, hießen diese “gens d'arme”, also “Herren in Waffen”. Daher Gendarm. Der Name “Polizey” leitet sich übrigens letzlich von Polis her, vom Gemeinwesen insgesamt (daher ja auch Politik), und bezeichnete Anfangs eine Vielzahl staatlicher Aufgaben, von denen eine die Wahrung von Sicherheit war. In absolutistischen Zeiten (17./18, Jhd) fiel diese Aufgabe dem Landesvater zu, und deren hatte das Deutsche Reich mehr als genug, also gab es auch die unerschiedlichsten Methoden, für Sicherheit zu sorgen. In einem Duodez-Fürstentum (1) wie Reuß-Schleiz-Lobenstein oder Lippe-Biesterfeld ließ sich dies sicherlich mit weniger Aufwand bewerkstelligen als in einem Flächenstaat wie Preußen. Jedenfalls war (und ist in manchen Ländern noch heute) die Gendarmerie eine staatliche Truppe und hat(te) nichts von Nachtwächter-Beschaulichkeit.

Es gibt in Frankfurt eine Konstablerwache (und einen U-Bahnhof gleichen Namens); Frankfurter wissen, dass dies nicht die Haupt-Polizeywache war – das war die sogenannte Hauptwache. Aber der Name erinnert an den Konstabler, und das war vielerorts eine Amtsperson, die militärische und/oder zivile Ordnungsaufgaben wahrnahm. Besonders auf den Britischen Inseln versah und versieht der Police Constable (PC) Polizeiaufgaben.

Ansonsten heißt die Polizei im Vereinigten Königreich ja Bobby, wie wir alle zu wissen glauben. Es gibt sie auch noch, mit ihrem charakteristischen Helm (bzw. in mindestens einem von mir bezeugten Fall: Dienst-Turban) und sogar unbewaffnet, wie es Tradition ist. Der Name leitet sich her vom Gründer der Truppe, Sir Robert Peel, der in den zwanziger Jahren des 19.Jhds britischer Innenminister war und nebenbei auch die konservative Partei gegründet haben soll. Jedenfalls hießen die Polizisten nach ihm erst peelers, später bobbies, und sie sind heute mehr Staffage für die Touristen. Der normale PC ist tougher, durchaus bewaffnet und Mitglied einer von 43 territorial police forces (deren territory oft weitgehend deckungsgleich ist mit Grafschaft). Eine besonders wichtige Truppe ist die City of London Police, die im Finanz- und Bankenviertel von London agiert und deshalb auch für Wirtschaftskriminalität in ganz Großbritannien zuständig ist. Den Rest von London schützt die Metropolitan Police Force. Ihr Hauptquartier ist New Scotland Yard (2).

In manchen Ländern heißt die Polizei mehr oder weniger nach ihrer Funktion, ob in Island Lögregla, also wörtlich “Gesetzesregler”, Rendörség in Ungarn (“Ordnungshüter”), die Garda Síochána (“Friedenshüter”) in Irland, oder etwas strenger, law enforcement officer in den USA: “der, der das Gesetz durchsetzt”. Meistens heißt sie police, Polizei, politi, polisen, policie, policija oder polico. Letzteres ist mal wieder Esperanto und spricht sich “politso” Aber bleiben wir einmal bei den USA.

Auf örtlicher Ebene gibt es dort den Sheriff, und den kennt man aus Westernfilmen. Ein einsamer Ordnungshüter, evtl. unterstützt von seinen Hilfssheriffs (deputy s.), aber mit einem altehrwürdigen Namen. In England und Schottland ist ein Sheriff ein ehrenamtlicher Repräsentant der Grafschaft, und das war er auch schon bei den Angelsachsen. Da hieß er noch sċīrġerēfa (das sċīr heißt hier Shire, also Grafschaft). Der Sheriff steht in den USA der Polizei seines County vor; bei größeren Städten gibt es das (municipal) police department, und das kennen wir aus Krimis, die in Amerika spielen; das police department von New York heißt NYPD, und das von Los Angeles heißt LAPD. Logisch. Deren Chef ist allerdings kein Sheriff, sondern ein Chief. Der Marshall, den wir auch aus Western kennen (Wyatt Earp etwa) ist ein Justz-Vollzugsbeamter mit besonderen, auch polizeilichen, Aufgaben. Sein Name leitet sich ab vom merowingischen (3) Stallburschen, dem marhskalk (marh ist das Pferd im Germanischen) und somit verwandt mit dem comes stabuli (“Herr des Stalls”), dem oben schon erwähnten Constable. Das Ganze ist etwas kompliziert. Eigentlich waren wir ja bei der amerikanischen Polizei. Die, die immer so dramatisch auf den Highways Verbrecher jagen (ganz martialisch mit Helm und verspiegelter Sonnenbrille) sind die Polizisten des jeweiligen Bundesstaats. Sie heißen highway patrol, und das beschreibt auch schon ihre Zuständigkeit. Auf Bundesebene gibt es in den Staaten noch das FBI, aber das ist die Kripo und gehört nicht hierher.

Das gibt es durchaus öfters, dass je nach Behörde und Zuständigkeiten verschiedene Polizeikräfte in einem Land existieren. So gibt es zum Beispiel in Spanien die einschüchternd-militärisch auftretende Guardia Civil, die sich in der Francozeit einen unrühmlichen Namen gemacht hat, aber daneben auch die (Cuerpo Nacional de) Policia und zum Beispiel im Baskenland die Ertzaintza.
In Italien gibt es neben der Polizia und der Guardia di Finanza, einer “militärisch organisierte Finanz- und Zollpolizei” [Wikipedia] auch noch die Carabinieri, eine Polizeitruppe des Militärs (daher auch der waffenstarrende Name), die dem Innenminister untersteht.

Und schließlich gibt es auch bei uns neben der Landespolizei (d.h. der Polizei des jeweiligen Bundeslandes) noch die Bundespolizei, die einmal Teil der Streitkräfte war, Bundesgrenzschutz hieß (4) und dementsprechend die Grenzen schützen sollte. Seit dem Schengen-Abkommen hat sich das weitgehend erübrigt, und die Truppe sichert und schützt, wo sie kann.

Merke: "Bulle" =


cop, copper (USA und allgemein)

fuzz (USA)

filth (GB)

flic (F)

heat (USA)

pig (USA)

peeler (N Ireland)

PS: "Bulle" ist natürlich eine Beleidigung und nicht anzuraten. Im Zuge einer Imagekampagne wollte man einmal den Kosenamen "Polli" einführen. Das ist nun wiederum albern.

Fußnoten
  1. Kleinformatige Bücher hießen Duodez-Bände, weil sie auf ein Zwölftel (duodecim=12) eines Papierbogens reduziert waren. So manche Herrschaft im Reich schien kaum größer...
  2. der war praktisch schon immer 'New'
  3. die Merowinger waren, vereinfacht gesagt, die Germanen (“Franken”) im später so genannten Frank-reich
  4. vgl. “Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei“ vom 21. Juni 2005