Mal was über Orange.

Orange?

Sonntag, 7. April 2013

Fachleute

Wie dilettantisch!
?
Typisch Dilettant! Hat nix studiert und meint, er wüßte was Sache ist!
Ah so!
Macht’s ja eigentlich nicht schlecht, aber...
Aber..?
Stimmt eigentlich. In der Sache kennt er sich aus! Da isser ein echter Freak!
Weil er’s nie gelernt hat und trotzdem kann?
Genau.
Wie dilettantisch!

Denn: Er weiß alles zum Thema, weil er sich dafür begeistert. Weil er die Sache liebt: „dilettare” ist das italienische Wort dafür: „sich ergötzen” steht im Wörterbuch, also Spaß - „diletto” - haben an etwas. Das kommt vom lateinischen „delectare”, was u. a. „gelüsten nach” bedeutet, con „delectatio”, „Wonne, Freude, Lust, Glück, Seligkeit, Wollust, Nutzung (?), Ergötzung, Genuss, Vergnügen,” wie Köbler, Gerhard, Lateinisch-germanistisches Wörterbuch, 3. A., 2006, weiß. (1)

Und jetzt vergleichen Sie mal damit den Fachmann, etwa den Handwerker, auf den Sie drei Tage vergeblich gewartet haben, der mürrisch Ihre Klospülung repariert, um dann eine überzogene Summe allein schon für die Anfahrt in Rechnung stellt: Ich weiß, das ist ein Klischee und völlig daneben: Andererseits (Hand auf’s Herz): Kennen Sie einen Handwerker; der bei der Ausübung seines Berufs „Glück; Seligkeit und Wollust” empfindet? Eben!

Wer das liebt, was er tut, und tut, was er tut, weil er es liebt, ist ein „Amateur”. Das kommt von „amateur” im Französischen und bezeichnet einen Liebhaber, etwa der Kunst – heute wäre das wohl eher der Sport als die Kunst - (und nicht etwa den „amant”, den, der im physischen Sinne liebt (2) ). Letztlich hat das natürlich ursächlich mit dem lateinischen „amor” zu tun: Liebe ist Hingabe, und wer kennt das Objekt seiner Liebe besser als der, der es liebt? Ich kannte mal einen Modelleisenbahner (d.h. allgemeinen Eisenbahn-Fan), der praktisch das gesamte Kursbuch auswendig kannte... (Zur Erinnerung: Haben Sie schon einmal erlebt, dass Sie am Bahnhof einen Bahnbediensteten angetroffen haben, der die Abfahrtszeiten der Züge parat hatte?)

Wo bleiben die Experten? Überhaupt: Was ist ein Experte, und warum heißt er so? Der Einfachkeit halber sei der Duden zitiert, der behauptet, der Experte sei ein „Sachverständiger, Fachmann, Kenner”, und sein Expertenwissen habe mit lat.: „experiri” zu tun, mit „erfahren, erproben” (Online-Lateinwörterbuch http://www.albertmartin.de/latein ), also -wie der Duden auch weiß- irgendwie auch mit „Experiment”. Ein Experte ist also einer, der herumexperimentiert! Sauber!

Nein, ernsthaft: Der Experte ist der Fachmann, der Mann vom Fach und hat das auch gelernt (das Fach). Wenn er aber nun nicht allzuviel gelernt hat, hat er wenigstens das richtige Werkzeug. Und er gehört zu den Eingeweihten, denen die Erfahrung sagt (oder die Kollegen), wo man draufklopfen muss, und dann „passt das schon”, Zunftwissen.

Wenn das „Fach” jenes ist, das der „Fach”arzt studiert hat, ist das schon einmal beruhigend. Meint man. In Wirklichkeit rät er oft auch rum, nur mit mehr Erfahrung (von dem „experiri”) als der Patient; viele Werkzeuge hat er meistens nicht, aber einen weißen Kittel, und das gemahnt ja an „weiße Weste”. Und mal ehrlich: Würden Sie sich dabei wohlfühlen, wenn Sie wüssten, dass Ihr Arzt sein Metier nur aus Liebe betriebe, als Hobby sozusagen, und der sich die wichtigsten Infos aus dem Internet heruntergeladen hat?


A propos Hobby: Das ist Englisch („hobby horse”), hat dieselbe – veraltete - Bedeutung wie im Deutschen: Ein „hobby horse” ist ein „Steckenpferd” (siehe Bild), und ein Kind ritt sowas mit einer Begeisterung, die 1) drollig anzuschauen war, 2) als patriotischer Überschwang gedeutet werden konnte (bei einem Kind!! Aber wir reden von der wilhelminischen Epoche, etwa kurz vor dem Ersten Weltkrieg) Und 3) die auf jeden Fall im Kind eine Leidenschaft entfachte, die der Begeisterung des „dilettante” glich.

Und heute? Heute reitet niemand mehr ein Steckenpferd. Das Kid von heute sitzt am Rechner und bildet sich fort. Ist diese Fortbildung sehr weit fortgeschritten, sprechen wir von „Nerd”. Das ist wiederum Englisch und bedeutet etwa „geek”. Was ein „Geek” ist, wollen Sie wissen? Kennt der Duden noch nicht („...oder meinten Sie: geck?”), aber er weiß, was ein „Nerd” ist, nämlich „(Jargon abwertend): sehr intelligenter, aber sozial isolierter Computerfan: der N., so das Klischee, sitzt vor dem Computer, ist nicht gesund und hat null Appeal.” (3)

Zumindest im britischen Englisch nennt man einen jener pickeligen Jünglinge, die sich dem „trainspotting” verschrieben haben – hier hilft uns Wikipedia (4) weiter: „ das hobbymäßige Beobachten von Eisenbahnen...Train spotting wird im englischen Sprachraum auch oft als Synonym für vordergründig sinnlos erscheinende Tätigkeiten oder Hobbys benutzt.” Jedenfalls nennt man besagte Trainspotter gern „Anoraks”: „Das Wort stammt aus der Sprache der westgrönländischen Eskimos...” schreibt Wiktionary, was jedoch ganz und gar nicht politisch korrekt ist: Die „Eskimos” heißen heute „Inuit”: Das hätten die Nerds der Wikidings aber wissen müssen!

Fußnoten:
  1. Das englische „delight” heißt in etwa dasselbe.
  2. Heute heißt sowas „lover”
  3. © Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM].
  4. Ein Online-Wörterbuch, das im Grunde von Nerds geschrieben wird.

Geschichten vom nuklearen AtomKern und von seinen Gegnern

Wie wir alle einmal gelernt haben, bezeichnet Atom im Griechischen das letztlich Unteilbare der Materie (von a-tomos: a = „un-” und tomos wie in Computer-Tomographie, ein Aufnahmeverfahren, bei dem der Körper in zahllose Scheiben geteilt wird: tomos heißt „Schnitt, Teilung”). Als der Mensch gelernt hatte, das Unteilbare zu teilen – die Enrtdeckung der Atomspaltung durch Otto Hahn und Lise Meitner 1938 – setzte das ungeheuere Energien frei. Natürlich sann der Mensch nach, wie man diese Energien nutzen konnte und erfand – die Atombombe.
a terrible beauty is born


Zuerst erschauderte man und war fasziniert zugleich von der schrecklichen Schönheit (1)(2) der Explosion; schließlich setzten die Bomben von Hiroshima und Nagasaki dieselbe Energie frei, die die Sonne lodern ließ. Es war das Gleißen der Schöpfung, wenn auch in ihrem zerstörerischen Aspekt (3). Viele glaubten wohl auch, dass die Atombombe den Krieg abgekürzt und somit letzten Endes sogar Menschenleben gerettet hatte. Und man erzählte ihnen alsbald, dass der Mensch nun auch gelernt hätte, die Energie der Sonne friedlich zu nutzen, eine Energie, die – wie Hiroshima gezeigt hatte – so gewaltig war, dass sie praktisch endlos war, jetzt, da man sie beherrschte. Die Ur-Kraft der Atome in jedem Atomkraftwerk! (4)

Kleiner Zeitsprung in die siebziger Jahre: In Deutschland standen einige Atomkraftwerke herum, und die produzierten nicht nur billigen Atomstrom (man hatte in den Fünfzigern davon geredet, dass es in Bälde möglich sein würde, Strom so kostengünstig zu produzieren, dass es sich nicht lohnen würde, den Kunden überhaupt zahlen zu lassen), sondern auch Atommüll, und jede Menge Dissens. Denn ein immer lautstärker werdendes Häuflein Menschen, bald eine ganze Bewegung (die später die Partei Die Grünen ins Parlament spülte), begehrte auf, kritisierte die technischen, politischen und sozialen Unwägbarkeiten der Atomkraft, und der Slogan „Atomkraft – Nein danke!” war überall zu hören (und klebte dekorativ auf vielen Autos: eine kleine, rot-gelbe Sonne mit lachendem Gesicht). Ein Spruch der Gegenseite sei an dieser Stelle auch mal zitiert: „Atomkraftgegner überwintern/ bei Dunkelheit und kaltem Hintern” (5)

Interessant ist im Übrigen, dass es mittlerweile die Atomindustrie aufgegeben hatte, von „Atom” zu reden, sei es bei Strom, Kraftwerk oder überhaupt: Man nannte das alles nun „Kern-”: „Kernkraft”, „Kernenergie”, „Kernreaktor” und so weiter. Wenn sich dabei jemand an Gesundheit, Reformhaus (oder gar „bio”) erinnert fühlte – umso besser. Auf jeden Fall wollte man die einstmals so willkommene Assoziation mit der Atombombe nicht mehr (...und „Kernspaltung”, „Kernwaffen” und so weiter. Interessanterweise eben nicht: „Kernbombe”). Die Kernkraft(?)gegner sprachen natürlich weiter von „Atom” und von unangenehmen Dingen wie „Atommüll”.

Im Grunde gilt das heute noch, wenngleich die Debatte inzwischen weniger hitzig geführt wird und seit Tschernobyl und Fukushima sprechen sogar konservativere Kreise mitunter vom „Atom(!)ausstieg”.

Bei den Waffen sieht es interessanterweise noch einmal anders aus – auch hier gibt es „Fortschritte”, von der „H-bomb” bis hin zur „dirty bomb”, von transkontinentalen Langstreckenraketen bis zu den U-Boot-gestützten Mehrfachsprengköpfen (gibt’s die, oder habe ich mir die gerade eingebildet?) Denn hier kann man von „Atom”waffen(6) sprechen, von „Kern”waffen (7), aber natürlich, und das klingt dann noch komplizierter, von „nuklearen (8) Systemen”.

Warten wir also ab, was die Zukunft bringt. Denn – so sehr manche der Duden-Einträge an den Kalten Krieg und die damals verbreitete (9) Angst vor einem Atomkrieg gemahnen, irgendwie hat man das Gefühl, dass die Zeiten andere geworden sind, und so sprechen wir auch weniger von einem „nuklearen Winter” als von der „globalen Erwärmung”, auch wenn uns die Politiker (falsch! die gibt es nicht, aber große Teile der politischen Kaste) wieder mal nicht zuhören oder von „Sachzwängen” reden.

Nein, vielleicht wird es nicht so schlimm, und die Kernfusion (oder von mir aus „Atom”fusion) gelingt schließlich doch, und dann wird der Strom so billig, dass es sich nicht lohnen wird, dafür eine Rechnung zu schreiben, und dann fahren alle Autos mit dem sauberen und praktisch kostenlosen Fusions-Strom, und alle sind glücklich und froh bis an ihr Lebensende...




Fußnote
  1. „schreckliche Schönheit – a terrible beauty [is born]” ist ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat von William Butler Yeats (Easter 1916)
  2. Bizarrerweise trägt auch der Bikini seinen Namen nicht etwa, weil er zweiteilig ist („bi-” heißt ja „zwei-”, z. B. in bilateral oder (engl.) bicycle), sondern, weil sein Erfinder, der Franzose Louis Réard; für den Wäscheladen seiner Mutter den Zweiteiler erfand, der, so vermutete er, geradezu einschlagen würde wie eine Bombe: In jenem Jahr (1946) waren im Bikini-Atoll in der Südsee eine Reihe von Atombomben getestet worden: daher der Name.
    a terrible beauty ?
    Gleichzeitig arbeitete ein anderer Franzose, Jacques Heim, ebenfalls an einem zweiteiligen Badeanzug. Er wollte ihn „Atome” nennen...(Dieses nette Detail erwähnt zumindest der englischsprachige Wikipedia-Artikel)
  3. Scheinbar noch weiter hergeholt: Der indische Gott Shiva (oder, auf deutsch, „Schiwa”) ist Schöpfer und Zerstörer zugleich, und nur sein Tanz der Zerstörung („Shiva nataraj – Shiva der Herr des Tanzes” - eine sehr verbreitete Darstellung) macht überhaupt erst die Schöpfung möglich.
  4. Zur Klarstellung:: Nicht gemeint ist hier die sog. „starke Wechselwirkung” im Atomkern – neben der Schwerkraft, der „schwachen Wechselwirkung” und der elektromagnetischen Anziehung eine der vier Grund”kräfte” der Physik, zumindest nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Dinge.
  5. sowas heißt in der Rhetorik „argumentum ad hominem”, das bedeutet quasi einen Angriff unterhalb der Gürtellinie. Trotzdem: Das Zitat zeigt auch, wie emotional aufgeladen die Stimmung war.
  6. Dazu jede Menge Einträge im Duden, so z.B. die A.-Kraft, A.-Krieg, A.-Bunker und den A.-Angriff (wäre der Ihnen eingefallen?), aber auch den A.-Busen (vgl. Fußnote 2) und das A.-Ei („scherzhaft für Kern(!)reaktor”)
  7. Kern|waf|fe, die <meist Pl.>: Atomwaffe: taktische, strategische -n.” Daneben kennt der Duden noch die K.-Forschung und die K.-Explosion, die K.-Energie und das K.kraftwerk und den/die Kk,-gegner/in.
  8. nuklear, lt. Duden: „die Kernwaffen betreffend: die -e Strategie; -er Winter (mögliche Abkühlung der erdnahen Atmosphäre nach dem Einsatz von Kernwaffen); n. bedroht sein;” Das Ganze ist jedoch „bildungssprachlich”.
  9. Im doppelten Wortsinn: Nicht nur, dass sie weit verbreitet war, sie wurde auch regelrecht verbreitet...

Alle Dudenzitate aus:
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM].

Freitag, 5. April 2013

Ordnung und Chaos


"Die Basis einer gesunden Ordnung ist ein großer Papierkorb." Kurt Tucholsky
"Was ist Chaos? Es ist jene Ordnung die man bei der Erschaffung der Welt zerstört hat." - Stanisław Jerzy Lec

Die Erde war wüst und leer: tohu wa bohu (תהו־ובהו); bei den Griechen tat sich der Abgrund auf, Abyss, das Chaos; auch in der nordischen Mythologie war zuerst die Leere da :
"Einst war das Alter, da Ymir lebte:/ Da war nicht Sand nicht See, nicht salzge Wellen,/
Nicht Erde fand sich noch Überhimmel,/ Gähnender Abgrund und Gras nirgend. (Völuspa).
Die moderne Chaosforschung (kein Witz: die gibt's tatsächlich!), also die Erforschng chaotischer Systeme, ist spannenden Dingen auf der Spur. Dabei kennt die moderne Forschung meinen Schreibtisch gar nicht. Vielmehr geht es um emergente Strukturen, also um das Entstehen von Strukturen aus dem Ungeordneten, die Selbstorganisation des Unorganisierten.

                            Soviel einstweilen die Forschung.
               Für die meisten Menschens steht fest: Der Mensch bringt Ordnung:  
Adam benennt die Tiere (Genesis 2, 19) bis hin zum schwedischen Naturforscher Linné (1707 - 1778) (der tut das auch). Während Adam sich auf Namen beschränkt, die gleichzeitig Bezeichnungen sind (generische Namen), führt Linné 1735 den binären Namen ein. Statt, wie bis dahin üblich, vom "gestreiften Käfer, der auf der Kartoffelpflanze sein schädliches Werk betreibt (oder ähnlich fantasievolle Beschreibungen)" zu sprechen, nennt er selbigen Kerf "Leptinotarsa decemlineata". Das ist zwar auch ein langer Name, aber er ist präzise und folgt einer Systematik: Populär ausgedrückt, besteht er aus Vor- und Nachnamen. So wie Giacomo Meyerbeer ein Individuum namens Giacomo in der Familie der Meyerbeers ist, ist unser Käferlein das Individuum "Decemlineatus" (für die Lateiner unter uns: weil er 10 Streifen hat) in der Familie – genau genommen nennt man die Sippschaft in der Biologie Gattung – der Leptinotarsa. Linné wählte lateinische Namen, weil das international verständlich war. Die Namen für Familie, Gattung, Art haben in der Regel auch deutsche Entsprechungen (so sind Leptinotarsa sog. Blattkäfer, und unser Beispiel ist natürlich der Kartoffelkäfer.( Das scheint aber nur uns Deutschen logisch, denn auf Englisch heißt er Colorado Beetle). Wenn der spanische Name nun escarabajo de la patata ist, leuchtet ein, dass es vielleicht für alle besser ist, lateinische Namen zu benutzen, denn das versteht z.B. der normale Russe oder die Chinesin nicht.

Aber das Wichtigste ist: Linné hat eine in sich stimmige Systematik geschaffen (die, nebenbei bemerkt, vor allem auf Sex[ualitätskriteerien] beruht. Aber das ist eine andere Geschichte), eine Systematik, die heute noch gilt.
Eine vorläufige Systematik der Schaffung von Ordnung sähe vielleicht so aus:
Nicht umsonst heißt es am Anfang der Bibel, dass die Erde "wüst und leer" gewesen sei. Am Anfang des Universums war die bloße Existenz, das ungeordnete Durcheinander, Chaos. Die Dinge nebeneinander, und keiner, der sie ordnete (auch Gott nicht, denn der ist mit der Schöpfung beschäftigt)., bis eben Adam kam.
Eine Aufzählung der Dinge, so ungeordnet sie sein mag, ist ein rhetorisches Mittel: der sog. Homerische Katalog. Der Ausdruck bezieht sich auf den zweiten Gesang der Ilias, wo Homer eine schier endlose Aufzählung der griechischen Schiffe und der Anführer des jeweiligen Kontingents gibt. Das zeigt nicht nur die enorme Größe der griechischen Truppen vor Troja, das hat mythische Dimensionen.
Demgegenüber hat die (geordnete) Liste fast schon etwas Banales, Bürokratisches Bei der Bestandsaufnahme empfiehlt sich eine Ordnung und eine gewisse Präzision geradezu von selbst. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass alle frühen Hochkulturen (Ägypten, Mesopotamien, Indus-Kultur) in dem Moment ins Licht der Geschichte rücken (alles vorher ist Vorgeschichte!), in dem sie die Mittel zur Inventarisierung und damit zur Planbarkeit der Warenströme entdecken: die Schrift, und mittelbar die Mathematik.
Verwandt, wenn auch nicht dasselbe, sind zum einen die sog. to-do-listen und die Agenden als Planung und mehr oder weniger verbindliche Abarbeitung von festen Programmpunkten. Sie dienen der Organisation von Arbeitsabläufen und strukturiertes Zeitmanagement. Hier könnte zum anderen auch der Einkaufszettel stehen, der hauptsächlich als Gedächtnisstütze dient: Die Hausfrau / noch schlimmer: den Hausmann) möchte ich sehen, die (der) nach einem Einkauf lediglich genau das mitbringt, was auf dem Einkaufszettel stand!
Die alphabetische Aufzählung hingegen hat mit Planung und Zeitabläufen nichts zu tun; sie bedient sich eines universellen Ordnungsschemas, das einen schnellen Zugriff auf Fakten ermöglicht, mehr nicht. Aber auch nicht weniger. Das Alphabet ist eine der großartigsten Erfindungen der Menschheit (und, das wiederum nebenbei, anderen Schreibsystemen, etwa den Hieroglyphen, weit überlegen). In letzter Konsequenz wäre unsere gesamte westliche Buchkultur nicht möglich gewesen. Auch Kulturen mit Piktogrammen oder Hieroglyphen schreiben, aber eine Geschichtsschreibung zum Beispiel tut sich damit schwer, Sach- und Fachbücher mit Index wie überhaupt Lexika sind kaum vorstellbar.
Das bringt uns schließlich zu strukturierten Ordnungssystemen, bei denen zum schnellen Zugriff auf Fakten zusätzliche Grundprinzipien zum Tragen kommen. So kann die Ordnung
- chronologisch sein, eine
    • topologische Sortierung – das sind sachbezogene Reihenfolgen (etwa beim Anziehen von Kleidungsstücken), oder
    • hierarchisch – man denke z.B. an soziale oder politische Rangfolgen; (Ranking)
Ein besonderer Fall sind taxonomische Systeme, die nach bestimmten Eigenschaften klassifizieren (diese Klassen sind die Taxa) und dabei Ordnungen produzieren, die es erlauben, Zusammenhänge wie Verwandtschaft, Abhängigkeit oder Identität darzustellen. Ein Beispiel, und zugleich das wohl bekannteste, ist die Linnésche Taxonomie, d. h. die Einteilung von Tier- und Pflanzenreich in vordefinierte Kategorien wie Stamm, Klasse, Familie, Gattung oder Art.
Ordnungssysteme

Am (vorläufigen) Schluss unserer Betrachtung von Ordnungsstrukturen stünde wohl sinnvollerweise die Datenbank: computerbasiert und entsprechend vielseitig verwendbar und von einer Dimension, wie sie sich weder Homer noch Linné hätten vorstellen können. Doch das ist nun auch eine ganz andere Geschichte (nämlich die der Datenverarbeitung).