Mal was über Orange.

Orange?

Sonntag, 16. Februar 2014

Mammon, schnöder – aber warum Kohle?

Abgesehen von Flüchen und vulgären Beschimpfungen gibt es wohl kein Gebiet, auf dem es so viele Synonyme gibt wie Bezeichnungen für Geld. Die Rede ist hier von Knete, Sie wissen schon: Pinkepinke, Moos, Penunzen. Kies halt, oder Cash, wie man manchmal sagt (1). Moneten. Mammon. Der eine nennts Flocken, der andere Schnee. GanzAltBundeskanzler Kohl nannte es Bimbes. NichtGanzsoAltBundeskanzler Schröder gibt sich wohl kaum mit Bimbes zufrieden: da muss dann schon der Rubel rollen.
Aber Kohle? Wieso Kohle – das brennt doch nicht! Es ist auch nicht schwarz und wird nicht unter Tage abgebaut. Das ist ganz sicher ein Slangwort. Wenn aber Slang doch normalerweise dazu verwendet wird, innerhalb einer Gruppe den Zusammenhalt derselben zu stärken und außerdem Leute von außerhalb auf Distanz zu halten, dann stellt sich hier die Frage: Wer willl hier wen wo raushalten, warum und wie? Wenn es kein Slang ist – was soll dann so ein absurder Ausdruck? Und bedenken Sie: Erst wenn Sie im Slang der Banker und Finanzfachleute zu Hause sind, gehören Sie so richtig dazu.
Zweiter Anlauf. Man kann das Ganze natürlich sprachgeschichtlich betrachten wollen, etwaige verwandte Formen in anderen, verwandten Sprachen suchen, aber nix! : Weder heißt im Englischen das Geld coal, noch charbon im Französischen. karbo auf Esperanto – hätte man sich ja denken können – heißt auch nur „Heizmaterial”, nicht „Geld”. Also auf zum Grimmschen Wörterbuch! Die fühlen sich bei den germanischen Wurzeln von Kohle, also etwa kol, chol und schwedischen, isländischen und sonst walhallakompatiblen Entsprechungen an kalt erinnert. !! Warten Sie; ich zitiere: „für den ursprung liegt der gedanke an kalt, kühl nahe, bei deren stamme kol äuszerlich gute unterkunft fände (s. sp. 512 mitte), die kohle müszte als erkalteter oder erkaltender brand aufgefaszt sein. aber...” dann merken sie doch, wie absonderlich das klingt und reden von „das glimmende, glühende”, aber unter uns: Wer solcher Assoziationen fähig ist, kennt ein Slangwort wie „Kohle” gewiss auch nicht. Weder Lutz Röhrig mit seinem ansonsten so nützlichen Wörterbuch der sprichwörtlichen Redensarten weiß mehr als die Grimms, noch hilft Kluges Etymologisches Wörterbuch besonders weiter. Was wir jetzt noch haben, sind eigene Theorien.
Dritter Anlauf: Was uns in der Fachliteratur auffällt, sind die häufigen Bezugnahmen auf die Gaunersprache. Die speiste sich ja bekanntlich aus vielen Quellen, aus dem Jiddischen wie dem Polnischen, ja gar exotischen Sprachen wie z.B. dem Französischen. Und dann heißt es doch meistens „Die weitere Herkunft ist ungeklärt.” Nur eins scheint klar: Geld war den Gaunern so wichtig, dass sie ständig neue Wörter dafür erfanden. Und zwar nicht „Anlagevolumen” oder „Dispositionskredit”, „Finanzrahmen” und sowas – das ist keine Gaunersprache, das ist eine Fachsprache ganz anderen Kalibers! Und die reden ohnedies nicht von Kohle.
Was uns noch aufgefallen ist: Es gibt auch Wörter wie Kies oder Schotter, neben denen Kohle verhältnismäßig unauffällig ist, bzw. gute unterkunft fände,wie Freunde von mir sagen . Auch wird Asche gern als Synonym für Geld gebraucht. Auch da ist die Kohle nicht fern.
Ergänzung: Das ist jetzt alles nicht allzu befriedigend, zumal ich natürlich auch zugeben muss: „die weitere Herkunft ist ungeklärt”. Aber: Ist Kohle nicht anderseits recht passend, wo das Wort doch an den Bergbau denken läßt, an rauchende Schlote und überhaupt an die Blütezeit der Schwerindustrie in diesem Land und damit eine Zeit – die Gründerjahre zwischen der Reichsgründung 1871 und dem Ersten Weltkrieg - in der viele der großen Vermögen entanden, die der Krupps, Thyssen und wie sie alle hießen. Und kein Wunder, dass sie alle in der Krise sind: Die Kohle, die heute wirklich zählt, ist virtuell: buchhaltérische Verschiebungen von Vermögen, Kontobewegungen, Schwarzgeld in Nummernkonten und karibischen tax havens. Die Kohle ist schon lange verbrannt.

Fußnote:
Bei der Lektüre klassischer chinesischer Romane wie etwa Die Räuber vom Liang Schan Moor oder Der Traum der Roten Kammer in der auch schon klassischen Übersetzung von Franz Kuhn (Zwanziger bis sechziger Jahre) ist oft von einer Währungseinheit die Rede, den sogenannten Tausend-Käsch-Schnüren, bei denen die Assoziation Cash naheliegt. Und vielleicht heißt Käsch ja auch Kohle, wer weiß...

Samstag, 8. Februar 2014

Gewürze & Kräuter & Co



Manchmal, wenn ein Konflikt nicht anders zu lösen geht, schicken wir jemanden dorthin, wo der Pfeffer wächst. Das soll heißen, mach, dass du fortkommst, so weit weg, wie es irgend geht. Nur – wo ist das eigentlich, wo der Pfeffer wächst? Da es eine Pfefferküste gibt – auch Malabarküste – suchen wir dort zuerst. Tatsächlich geht die Wissenschaft davon aus, dass die Pfefferpflanze dort ihren Ursprung hat. Wir befinden uns übrigens an der Südwest-Spitze des indischen Subkontinents; die Leute, die hier wohnen sprechen Kannada, manche Malayalam, und sie schreiben auch noch eigenartig anders. Aber der Pfeffer wächst immer noch hier, auch wenn Länder wie Vietnam, Indonesien oder Brasilien schon lange zu den wichtigen Produzenten des Gewürzes gehören.
Aber (nun kommt’s!) Wenn der Mensch, den wir dorthin geschickt haben, wo der Pfeffer wächst, es mit einer Schiffsladung Pfeffer heim nach Europa schafft, ist er auch heute noch ein reicher Mann. Früher nannte man reiche Kaufleute „Pfeffersäcke”, denn wer Pfeffer hat, hat Geld, und bei einer gepfefferten Rechnung geht es um hohe Summen.
Koriander: entweder man mag ihn, oder man entfernt auch noch das kleinste Fitzelchen des grünen Krauts aus seinem Curry. Wenn man das nicht tut und genau hinschmeckt, stellt man fest, dass er nicht immer gleich schmeckt. Der echte Koriander nämlich, auch Indische Petersilie genannt, hat fein gefiederte Blättchen, die etwas schräg nach Plastik schmecken (Wikipedia sagt, „Der Geruch der Pflanzenteile ähnelt stark dem Geruch der Ausdünstungen diverser Wanzenarten”. Ich rieche nicht an Wanzen. Wiewohl: Ebenderselbe Wikipedia-Artikel leitet „Koriander” vom griechischen Wort für Wanze (Koris) ab. Vielleicht wußten die alten Griechen mehr mit Wanzen anzufangen...). Es scheint auch für indische Lokale gelegentlich einfacher, besagten Koriander (Coriandrum sativum) durch Cilantro zu ersetzen. Das ist jedoch ein anderes Kraut: längliche, weniger gefiederte – eher gezähnte - Blätter und ein herberer Geschmack. Oder wie es die mehrfach erwähnte (deutschsprachige) Wikipedia beschreibt: „die Blätter, verströmen einen intensiven Geruch, der an Korianderblätter erinnert.” Eben!1
Das ist jetzt nur die halbe Geschichte (aber die zweite Hälfte ist kürzer. -?:!!) Koriander gibt es – und so werden ihn die meisten kennen - als Pulver. Das sind eigentlich die gemahlenen Samen, die man natürlich auch verwenden kann: kleine runde Kügelchen, und die kommen ins Curry.2 Steckt man sie in Erde, keimen sie rasch, und man hat das oben beschriebene Kraut. Easy.

A propos indische Küche. Kaum eine Spezialitätenküche kennt so viele Gewürze wie die indische. Noch raffinierter sind die Gewürzmischungen. Wenn man hierzulande ein Curry kochen möchte, nimmt man dazu gern das Gewürz dieses Namens. Damit kann man übrigens Inder schön amüsieren, denn dort gibt es das nicht. Das heißt: Es gibt natürlich einige (Kenner sagen: viele) Curries, wie zum Beispiel Chicken Curry, Lamb curry, Aubergine Curry und so, aber ein Gewürz-Curry gibt es nicht. Keine indische Hausfrau würde sich damit erwischen lassen, die Gewürzmischung für das jeweilige Gericht etwa nicht besonders abzustimmen auf die Hauptbestandteile sowie (Familien)Tradition und den persönlichen Geschmack. Das Grundprinzip ist ein Hit, nicht nur in Indien (sondern auch in Südostasien, der Karibik und eigentlich überall, vor allem im Commonwealth). Dabei gilt: Den Namen haben die Briten erfunden, dabei auch die Vorstellung, es handle sich dabei um Variationen ein und desselben Gerichts, und dafür erfanden sie, was nun naheliegend war, auch gleich die fertige Gewürzmischung. Indische Gaststätten, bsinders der billigeren Variante, heißen in Großbritannien dann auch Curry Houses. In Südindien kennt man auch Curry Leaves (und einen Curry-Strauch), aber das kann man hier weitgehend ignorieren.
Es gibt aber etwas, das der europäischen Idee von Gewürzmischung schon nahekommt, und das ist, wörtlich übersetzt, eine „heiße Mischung”, nämlich Garam Masala. Streng genommen gibt es davon regionale Varianten, aber die Mischung dient in vielen Gerichten als Grundlage oder als Bestandteil der Gewürz-”Komposition”.
Und was ist da drin? Nun, Gewürze, die in den meisten Rezepten der indischen Küche auftauchen, etwa Zimt und Nelken, Kreuzkümmel und Kardamom sowie Pfeffer.

1Andererseits: Cilantro ist in der mexikanischen Küche verbreitet, daher kennt es jeder Amerikaner.
2Sie sind auch ein Hauptbestandteil von Garam Masala.