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Orange?

Sonntag, 13. Dezember 2015

Comic-Professur

newsflash

Die britischen Universität hat Benoit Peeters (vgl. die Wundertüten-Rubrik zum Thema Comics) zum Professor für graphische Fiktion und Comic-Kunst berufen. Wir gratulieren herzlich! (der Uni und Herrn Peeters).
Näheres: von der University of Lancaster. Meldung im  Guardian und in der Süddeutschen Zeitung

Namen Gottes ("Ich bin der ich bin" Exodus 3, 14)

Die Namen Gottes ("Ich bin der ich bin" Exodus 3, 14)

It was very big to think about everything and everywhere. Only God could do that. He tried to think what a big thought that must be; but he could only think of God. God was God's name just as his name was Stephen. DIEU was the French for God and that was God's name too; and when anyone prayed to God and said DIEU then God knew at once that it was a French person that was praying. But, though there were different names for God in all the different languages in the world and God understood what all the people who prayed said in their different languages, still God remained always the same God and God's real name was God.
James Joyce, Portrait of the Artist as a Young Man (1917)



Auch die, die von ihrem Gott alles glauben zu wissen, wissen eines nicht: seinen Namen. Doch das ist, wenn man genau hinschaut, eine ursprünglich jüdisch-christliche Tradition. Andere Religionen nennen ihre Götter beim Namen: Vishnu oder Brahma, Baal oder Osiris, Quetzalcoatl oder Manitou. Man muß schließlich wissen, wem man opfert.

Im Islam hat Gott 99 Namen, nicht nur "Allah". Man betet "bismi 'llahi r-rahmāni r-rahim", zum Namen Gottes, des Barmherzigen, des Gnädigen. Das sind zwei seiner Namen, und nur den hundertsten, den kennt der Gläubige nicht, den kennt nur Gott selber.

Im Angesicht Gottes: Gustave Dorés Illustration zu Dantes Göttlicher Komödie
 Warum macht die jüdische Tradition, und ihr folgend das Alte Testament so ein Geheimnis daraus? Warum verschweigt der Koran den hundertsten Namen Gottes? Weil es das letzte, höchste Geheimnis ist, das zu wissen dem Menschen nicht zusteht. - ??: Warum denn nicht?
Weil Namen Macht bedeuten. Wer den Namen eines anderen kennt, hat ein Stück weit Macht über ihn. Das ist nicht nur in der Religion so, das gilt auch im Mythos, im Märchen: Man denke an Rumpelstilzchen!i

Natürlich hat Gott einen Namen im Judentum, das ist das Paradoxe: Man darf ihn nur nicht nennen. Er lautet - ich wage das jetzt mal, ihn zu nennen - er lautet JHWH, auf Hebräisch יהוה , und da man im Hebräischen nur Konsonanten schreibt, kann man ihn indirekt umschreiben, indem man die "falschen" Vokale einsetzt. So wird aus Jahweh dann Jehovah. Das ist für fromme Juden immer noch viel zu direkt, und so spricht man von "ha schem" - das heißt einfach "der Name" (!) - oder man greift zu Formen wie "Adonai", "Herr"- Daraus wird in der englischsprachigen Tradition nicht nur "the Lord", sondern oft " the LOrd", und alle Personalpronomina, die sich auf ihn (sorry: Ihn) beziehen, schreibt man groß: "And He gave us His word, so that we may know Him," usw. usf.

Gott hat natürlich noch viele andere Namen im Judentum und im Alten Testament: Zebaoth zum Beispiel, Elohim oder El Schaddai. Dazu gleich mehr. Das eben erwähnte "Adonai" ist interessant, denn es ist eine Pluralform: eigentlich also nicht "der Herr", sondern "die Herren". Das hat mit der komplexen Entstehungsgeschichte des Pentateuch (das sind die im Christentum so genannten "Fünf Bücher Moses") zu tun und läßt wohl darauf schließen, dass der eine Gott ("the one, one, one", wie Salman Rushdie ihn nennt) des Judentums zahllose vorderasiatische Stammesgottheiten ersetzt.

Plural ist übrigens auch "Elohim"; "El" heißen Götter im vorderasiatischen Raum gerne, denn das heißt "Herr". "Elohim" heißt also auch "Herren". Gleichbedeutend mit "El" ist "Baal", den wir auch in dämonischer Gestalt als "Beelzebub" kennen, als "Herr der Fliegen". "Zebaoth" heißt wohl ["Herr der] Heerscharen". Die hellenistischen Übersetzer der Septuaginta konnten damit offenbar nicht so viel anfangen und übersetzen es mit "Pantokrator", also "Schöpfer [des Universums]". Eine doch eher freie Übersetzung! Wie ich der Wikipedia entnehme, verwendet die katholische Liturgie stattdessen "Herr aller Mächte und Gewalten". Hier muß ich doch mal der katholischen Kirche beipflichten.

Ausserhalb der kirchlichen Liturgie nennt man Gott umgangssprachlich gern "den lieben Gott". Das englisch "good God" entspricht dem nur bedingt, das französische "le bon Dieu" schon eher. Und wenn die Italiener "Sant'Iddio" sagen, klimgt das auch eher nach "mon Dieu"/"good God" als nach dem Vater im Himmel (oder "Himmipapa", wie meine donauschwäbische Schwiegergroßmutter zu sagen pflegte, wenn sie ihren Enkeln theologisch Grundlegendes erklärte).



Und zum Schluss noch etwas, das weder mit le bon Dieu zu tun hat noch und schon gar nicht mit meiner Schwiegergroßmutter, sondern einfach, weil es höchst interessant ist und weil es schön zeigt, wie nah beieinander das Teuflische und das Göttliche liegen. Ich zitiere aus Meyers Großem Konversations-Lexikon von 1905:

Teufels Großmutter, die weibliche Begleiterin des Teufels (die in christlicher Zeit wegen des sakramentalen Charakters der Ehe nicht seine Frau sein durfte), entsprechend der Gattin des Gottes Loki. Ihr wird in der Literatur Konkurrenz gemacht durch des Teufels Mutter, die zuerst im 13. Jahrh. in Herborts von Fritzlar »Trojanischem Krieg« erscheint und bis Ende des 15. Jahrh. ausschließlich das Feld behauptet. Von kabbalistischer Seite erhielt dann die Großmutter eine neue Stütze durch die Teufelin Lilith, Adams erster Frau, von welcher der Teufel abstammt. Sie erscheint in mehreren Fastnachtsspielen, scherzhaft auch bei Luther und mit geradezu dogmatischem Ernst in einer Schrift des Abtes von Pegau (1524). Seit dem 17. Jahrh. wurde sie durch des T. G. mehr und mehr verdrängt


i Interessanterweise ist es offenbar auch ratsam, den Teufel nicht beim Namen zu nennen (wohl deshalb, weil man ihn damit herbeiruft). Daher gibt es so schöne Umschreibungen wie "der Gottseibeiuns". Und "Voldemort" darf man ja auch nicht sagen.

Wege

A83, Glen Croe, Rest & Be Thankful RLH" by Richard Harvey (Wikipedia)



Via Appia
Römerstraßen
"Alle Wege führen nach Rom" – das war fast wörtlich wahr; denn das römische Imperium konnte nur mit einer aufwendigen Infrastruktur funktionieren. Die Straßen der Römer waren Meisterleistungen der Ingenieurskunst: befahrbar, wenn ältere und primitivere Straßen im Sumpf versanken, und so gerade, dass sie oft jahrhundertelang in Gebrauch blieben.
Via Aurelia, Via Claudia Augusta, Watling St
Autoput
Transitstrecken
Als Jugoslawien noch existierte, gab es eine offizielle Strecke für den Transitverkehr, den sogenannten Autoput (serb. für Autobahn), der von Österreich über das heutige Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien nach Griechenland (und weiter in die Türkei) führte. Die Verbindung – damals noch nicht durchgängig als Autobahn ausgebaut – wurde vor allem von Griechenland-Urlaubern und Gastarbeitern aus Griechenland und der Türkei genutzt.
Viel stärker politisch reglementiert war der Transitverkehr durch die DDR*: Von wenigen deutsch-deutschen Einreisepunkten führten Autobahnen nach Westberlin, die unter keinen Umständen verlassen werden durften. V.a. Hof (Bay.), Helmstedt (Niedersachsen), Herleshausen (Hessen) waren die Grenzübergänge für den Straßenverkehr.
Route 66
Tourismusrouten
Zwischen Nostalgie und reizvollen Strecken lässt sich auch kommerziell einiges herausholen; die legendäre Route 66 war 4000 km lang und führte von Chicago nach Kalifornien. Sie existiert nicht mehr als zusammenhängende Fahrstrecke, ist aber umso beliebter bei Touristen und Geschäftsleuten. Voller roadside attractions.
Romantische Straße, Burgenstraße, Deutsche Märchenstraße, Straße der Industriekultur, Deutsche Alpenstraße, Hessische Apfelwein- und Obstwiesenroute (schöner Name!) - über 100 allein in Deutschland.
Orient Express
Bahnstrecken
Sentimentale Gefühle bleiben nicht aus, wenn man von der guten alten Zeit der Bahnreisen spricht (gerade auch im Kontrast zur gegenwärtigen wenig kundenfreundlichen Praxis der Bahn). Der bekannteste der früheren Luxuszüge, der Orient Express, beförderte die Reisenden von Paris nach Konstantinopel – im Pullman-Liegewagen, Salonwagen und mit Service erster Klasse.
Transsibirische Eisenbahn, Venice-Simplon Express, Rheingold, Oostende-Wien Express, Royal Scotsman,
Camino de Santiago
Pilgerwege
Wallfahrten sind definiert durch das Ziel, und vielfach führen sie entlang alter Routen, die, zahllos und verästelt in ihrem Verlauf, immer mehr zusammenfließen, je näher sie dem Zielort sind. Der Pilgerweg nach Santiago hat viele Anfänge in z.T. fernen Teilen Europas, aber nur ein Ziel: Santiago de Compostela in Nordwest-Spanien (Galicien). Landschaftlich reizvoll und heute noch beliebt.
lokale Pilgerfahrten gibt es viele; Zielorte wie Lourdes, Rom oder Częstochowa werden noch viel besucht, andere, wie z.B. Jerusalem, seltener als früher. Pilgerreisen gibt es jedoch nicht nur im Christentum; der muslimische Hadsch führt jährlich Millionen nach Mekka.
Seidenstraße
Handelswege
Die Seidenstraße gibt es nicht – es gibt viele Routen; es gibt auch keinen klaren Ausgangspunkt, und auch das Ziel ist diffus. Und doch: Diese Handelsverbindung zwischen Orient und Okzident übt heute noch einen magischen Reiz aus, und Namen wie Buchara, Taschkent oder Samarkand klingen wie Poesie. Und auch wenn ein Großteil der weltweiten Handelsrouten über das Wasser führten – sie waren sämtlich Motoren der Weltgeschichte.
Salzstraßen (etwa der Hellweg). die Bernsteinstraße, der Goldene Steig oder die Gewürzrout über den Indischen Ozean. Auch über die Seidenstraße wurden mannigfaltige Waren transportirt, nicht nur Seide.
Nürburgring
Rennstrecken
Rennstrecken führen letztlich alle nirgendwohin, und auch wenn nicht bei allen Start und Ziel beisammen liegen, bewegen sie sich im Kreis: sinnlos, ökologisch nicht vertretbar und teuer.
Monza, Le Mans, Indianapolis, Brands Hatch, Monaco & the rest
"Rest and be thankful"
Eile mit Weile
So heißt ein Teil der A 83 in Schottland (56°13′36″N 4°51′25″W); der Pamoramablick zwischen zwei beschwerlicheren Streckenabschnitten lud zum Verweilen ein und ist noch heute reizvoll.
vernünftig reisen können wir alle; wenn der Weg das Ziel ist, ist viel gewonnen.
*DDR, die ursprüngliche SBZ (sowjetisch besetzte Zone) oder (Ost)Zone, später gern auch "DDR" (mit Anführungszeichen, besonders in der "Bild"); wir im kapitalistischen Westen waren dagegen Westdeutschland, oder lieber BRD. Ostdeutscher Sprachgebrauch bezüglich Berlin war zum einen Westberlin – nie ohne West-! - und zum anderen BerlinHauptstadtderDDR.