Mal was über Orange.

Orange?

Samstag, 6. Mai 2017

Tierische Ortsnamen

besonders in Franken
Es ist schon eigenartig, wie sich gerade in Franken Ortsnamen häufen, die sich auf Tiere beziehen
. Man denke zum Beispiel einmal an Schweinfurt ( 50° 3′ N, 10° 14′ O ). Die Theorie, dabei seien die Sueben gemeint, die hier den Main durchquert hätten (gegenüber von Schweinfurt, auf der anderen Seite des Mains, gibt es ein Schwebheim!), gilt als weniger wahrscheinlich. Also doch Schweine! Wie auch beim Ortsnamen Ebern (50° 6′ N, 10° 48′ O ) kaum etwas anderes gemeint sein dürfte. Bei dem schön gelegenen kleinen Dorf Schweinshaupten (50° 11′ 13″ N, 10° 34′ 13″ O) heißt es in Wikipedia, "Entstehung und Bedeutung des Ortsnamens sind unbekannt." Schade eigentlich: Man hätte doch gern gewusst, wessen Schweines Haupt hier warum eine Rolle spielte.
Auch bei Hassfurt ( 50° 2′ N, 10° 30′ O ) sind statt den Hessen vielleicht tatsächlich Hasen gemeint; die Stadt führt auch einen solchen im Wappen (Obwohl dabei nicht so ganz plausibel scheint, wieso diese Tiere eine Furt brauchten). Jedenfalls sind bei Ochsenfurt ( 49° 40′ N, 10° 5′ O) sehr wahrscheinlich Ochsen gedacht, wie auch bei dem englischen Pendant Oxford. A propos bovine Tiere: im Mittelfränkischen gibt es ein Bullenheim ( 49° 36′ N, 10° 13′ O – Stadtteil von Ippesheim), und beim Würzburger Stadtteil Versbach (49° 49′ 13″ N, 9° 57′ 44″ O) handelt es sich allen volksetymologische Theorien zum Trotz am wahrscheinlichsten um eine Färse, also eine junge Kuh, die hier die Pleichach querte. Da wir gerade vom Jungtier reden: Man sieht es nicht auf den ersten Blick, aber in Kitzingen ( 49° 44′ N, 10° 10′ O) steckt ein junges Reh, ein Kitz. (Was jetzt aber nicht heißen soll, dass Bamberg nach Bambi benannt ist!). Im Ortsamen Hirschaid (49° 49′ N, 10° 59′ O) b. Bamberg aber steckt ein ausgewachsener Hirsch, und in Hammelburg ( 50° 7′ N, 9° 54′ O)...naja, nicht schwer zu erraten!
Eher klein, aber unglaublich arbeitsam ist der Biber; das nach ihm benannte Bibergau (49° 47′ 50″ N, 10° 6′ 20″ O) ist zwar ein altes Dorf, aber klein und nicht allzu aufregend. Fuchsstadt ( 50° 6′ N, 9° 56′ O et al.) gibt es in Unterfranken gleich mehrfach; es sind dies Orte, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen.
Ein wohlklingender Ortsname ist schon was wert; Schwanfeld (49° 55′ N, 10° 8′ O) zum Beispiel zehrt davon (es sei an dieser Stelle auch auf das oberpfälzische Schwandorf ( 49° 20′ N, 12° 7′ O ) hingewiesen).i Was aber bringt Menschen dazu, ihre Siedlung nach einer Stechmücke zu benennen? In Schnackenwerth ( 50° 0′ 53″ N, 10° 7′ 32″ O) waren es vor etwa tausend Jahren – vermutlich die Schnaken, die es reichlich gegeben haben muss. Ein noch kurioserer Ortsname zu einem anderen Insekt ist Hummelmarter ( 49° 55′ 13″ N, 10° 35′ 49″ O) im Steigerwald.
Überhaupt ist es eher selten, dass Orte nach Insekten benannt sind; bei Immendingen ( 47° 56′ N, 8° 44′ O) könnte das die Imme, also die Biene sein (vgl. Imker). Auch Ortsnamen, die sich auf Vögel beziehen, sind eher selten, sieht man einmal von den relativ zahlreichen Falken- Namen ab. Da ist das oben erwähnte Schwanfeld eher die Ausnahme.

Es war nicht herauszubekommen, ob Gückelhirn (50°10'59"N ,10°42'04"O) sich auf den Kopf des Gockels bezieht; bei Hanau in Hessen ist kein Hahn im Spiel, wie übrigens auch Hameln nicht mit Hammel zusammenhängt.
Man darf jedoch mit einigem Fug annehmen, dass Heringsdorf ( 53° 57′ N, 14° 10′ O ), ein berühmtes Seebad auf Usedom, sich tatsächlich auf den Fisch gründet; es führte als eigenständige Gemeinde fast hundert Jahre lang drei Heringe im Wappen.
Darüber hinaus ist mir kein Ort mit einem Fisch im Namen bekannt, dabei könnte ich mir leicht eine ganze Reihe aus dem Ärmel schütteln, Flundringen, Hechting, Barschen, Welshafen oder Schollenburg, Lachsspringe, Karpfing, Bad Sardinen, dergleichen...
Weil wir uns gerade wundern: Weder Hund noch Katz, noch nicht einmal das edle Ross taucht im Namensverzeichnis auf oder wenn, dann gut getarnt. Hätten Sie gewusst, dass Stuttgart ( 48° 47′ N, 9° 11′ O ) von Gestüt, bzw. einem Stuten-Garten herleitet?
Doch weit und breit, kein Entenhausen: "Wir konnten diese Ortsangabe nicht interpretieren" heißt es dazu bei Google Earth lapidar.
iAnfang der 1980er begann hier der Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf.

Grummel-TV

Willkommen zur aktuellen Ausgabe der Wundertüte.
Früher hätte das mal "willkommen bei,,," geheißen, aber seit Günter der Jauch seine Sendung mit "Willkommen zu Wer Wird Millionär" einleitet, darf man das wohl.
Studien haben gezeigt, dass ein Großteil des fernseh- Entschuldigung!: TV-schauenden Publikums Jauch tatsächlich für einen klugen Kopf hält. Na ja, vielleicht liest er wirklich die FAZ.1 Andererseits wurde seine Sendung lange Zeit von einer Pizza präsentiert. "Die folgende Sendung wird Ihnen präsentiert von einer Bratwurst mit Senf..." Nein, Scherz: aber von einer Pizza!!
Überhaupt "Präsentieren" im Fernsehen. "Das folgende Fussballspiel wird Ihnen präsentiert von Das Erste und Krombacher". Letzteres ist ein Bier, ersteres grammatischer Unfug: nach "präsentiert von" kommt immer noch der Dativ (gell, Herr Sick2?). Das heißt also "präsentiert vom Ersten und..." von wem auch immer. Vielleicht von einem Hamburger..
Just another brick in their wall?
Ich fürchte, das geht hier noch eine Weile so weiter mit dem Grummeln. Seit ich die 50 überschritten habe (meine Frau sagt, schon viel länger) widerspreche ich oft und gern dem Fernsehen. Ich meine TV. Also im Sinn von free TV. Jedenfalls regen die mich auf mit ihren ständigen Dämlichkeiten. Und wer soll denn was dagegen sagen, wenn nicht wir Alten?
Also weiter: Im Wetterbericht heißt es unentwegt, übermorgen "starte" der Tag mit örtlichen Frühnebelfeldern. Der Tag ist doch kein Auto! Das hätte bei dem vielen Nebel eher Startschwierigkeiten. Im wirklichen Leben "beginnt" der Tag. Oder von mir aus hebt er an. Auch bricht er manchmal an. Oder er fängt halt an.



1Ungemein subtie Anspielung auf den langjährigen Werbespruch der Frankfurter Allgemeinen, "Dahinter steckt immer ein kluger Kopf"

2Das ist der Mann, der mit Büchern über den Dativ und den Genitiv, dem sein Tod der Genitiv sein soll, Millionen verdient.

Dienstag, 2. Mai 2017

orange 2

die politische Seite von orange



Bild: www.militarydisabilitymadeeasy.com

Agent Orange war ein von den amerikanischen Streitkräften in Vietnam eingesetztes, hochgiftiges Entlaubungsmittel, das die im Dschungel operierenden Vietkong treffen sollte. Das Mittel hat entsetzliche Folgeschäden gezeitigt, gilt aber trotzdem nicht als (völkerrechtlich geächtete) Chemiewaffe, so dass die zahlreichen zivilen Opfer unter der vietnamesischen Bevölkerung keinerlei Entschädigung erhielten.

Die Gefangenen des US-Gefangenenlagers Guantanamoi trugen (bzw. tragen: noch befinden sich 41 Gefangene in dem Camp) orangefarbene Overalls. Die umstrittene Behandlung der Strafgefangenen, denen die Einstufung als Kriegsgefangene (POWs: Prisoners of War) versagt wurde, lässt heute noch die Farbe Orange als Signum einer moralisch fragwürdige Praktikii der Supermacht USA assoziieren.
Gefangene in Guantanamo

'Orange Is The New Black' heißt eine viel gelobte und erfolgreiche amerikanische comedy-drama (!) Fernsehserie, die in einem Frauengefängnis spielt. Produziert von Netflicks. Interessanterweise hat die Serie die Farbe Orange für Gefängniskleidung populär gemacht. Man/frau trägt schon lange nicht mehr gestreift, denn das wäre a badge of shame (Schandmal) und mithin verletzend; in manchen US-Gefängnissen bedeuten die verschiedenen Farben tatsächlich verschiedene Straftaten (ein wenig wie die Dreiecke in deutschen KZ's, nur weniger unmoralisch - klar). Aber, wie gesagt, der Trend geht voll zu orange.

Weshalb das Urban Dictionary “..is the new black“ definiert als “etwas Angesagtes“ Oder “etwas, das total in ist“.

Orange, früher France Télécom, ist der größte französische Telekommunikationsanbieter. Streng genommen ist die Geschichte etwas komplizierter: Orange war ursprünglich ein britisches Unternehmen; ein anderes britisches Unternehmen, Vodafone, versuchte Ende der neunziger Jahre, den deutschen Mannesmann-Konzern zu übernehmen, Mannesmann schluckte seinerseits Orange, und als Vodafone Mannesmann übernahm, musste es aus kartellrechtlichen Gründen Orange verkaufen, und zwar an France Télécom. Das französische Unternehmen ist heute schwerpunktmäßig in Afrika und Osteuropa als Mobilfunkanbieter aktiv.

Eines der absurdesten politischen Spektakel ist jedes Jahr der Anblick von Männern in Anzügen und Melonen (bowler hats), mit orangefarbenen Schärpen, die um den 12. Juli mit Blasmusik und Trommelgetön durch katholische Wohnviertel in Nordirland marschieren, um Katholiken zu provozieren. Sie nennen es die marching season und gedenken dabei einer Schlacht, der Battle of the Boyne, die vor über dreihundert Jahreniii stattfand; damals waren es die Truppen des katholischen Königs Jakob II, die denen des protestantischen Königs (und Stadhouder der Niederlande) Wilhelms von Oranien unterlagen, was nach der Ansicht der Protestanten die gottgewollte Ordnung der Dinge bestätigte.
Orangemen on parade. Auf dem linken Banner: William of Orange

Die Protestanten waren und sind bis heute eine privilegierte Minderheit in Irland; nur im britischen Norden der Insel (als Teil des United Kingdom) sind sie annähernd die Hälfte der Bevölkerung. Ihre Märsche finden selten in der katholischen Republik Irland statt, sondern fast immer im Norden, und die Provokation wirkt, jedes Jahr: Irgendwann fliegen die Steine (geworfen von zornigen jungen Katholiken), die Polizei wirkt meist überfordert, und die Märsche eskalieren.

In Gedenken an Willem III van Oranje (bzw. William of Orange) heißen diese protestantischen Ewiggestrigen Orangemen, ihre “Logen“ Orange Lodges“ und ihre Märsche haben ein M_ zuviel.

Karotten gibt es in vielen Farben, von weiß über gelb, orange, rötlich bis braun und schwarz. Die heute am häufigsten anzutreffenden sind die carotinreichen in orange. Sie dürften im 17. Jahrhundert bewusst in dieser Farbe gezüchtet worden sein, und zwar in den Niederlanden und in Gedenken an Willem van Oranje.

Es geht also auch friedlich!


Die Fußnoten

iGuantanamo ist eine Region in Kuba, die von den USA gepachtet ist; dort befindet sich eine Marinebasis und, seit 2002 ein Internierungslager für Gefangene, die man verdächtigte, Terroristen zu sein. Nachdem fast alle für unschuldig befunden wurden, oder genauer: nachdem einerseits keinem der Gefangenen eine terroristische Tat nachgewiesen werden konnte, andererseits die Verhörmethoden immer deutlicher nach Folter aussahen, wurde das Camp ein Stück weit geleert. Die völlige Stilllegung, von Präsident Obama versprochen, fand bis heute nicht statt und wird unter Trump immer unwahrscheinlicher.

iiVor allem die Verbringung von verdächtigen enemy combatants (um nicht soldiers sagen zu müssen) in Drittländer, um sie dort von befreundeten Gewaltherrschern foltern zu lassen, statt dies selbst zu tun.

iii1690, um genau zu sein. Das Schlachtfeld liegt am Boyne in der Nähe der Stadt Drogheda und nicht in Nordirland!

Dienstag, 28. März 2017

Orange


Orange ville
Orange ist ein eher kleiner (30.000 Ew.) Ort in der Provence, heute politisch rechts, mit ein paar Sehenswürdigkeiten – vor allem römische – und einer reizvollen Umgebung (Gorges de Ardèche). Den schönen Namen trägt er eher aus Zufall: Eigentlich hieß der Ort Arausio, nach einem keltisch-ligurischen Wassergott. Das jedenfalls weiß Wikipedia zu berichteni. Jedenfalls war Orange der Schauplatz einer Schlacht (105 v.Chr.) zwischen Kimbern und Teutonen: Germanen, also nicht einmal Kelten! Egal: im Laufe der Zeit wurde aus Arausio schließlich Orange, durch lautliche Angleichung (vielleicht auch wegen dem französischen Wort or, “Gold“) und zu dem Thema gleich mehr.

Orange wurde unter den Römern eine wichtige Provinzstadt (um es einmal etwas widersprüchlich zu formulieren); 412 (jetzt n.Chr.) von den Westgoten eingenommen und fürderhin ein Bischofssitz der christlichen Kirche, woselbst die Synode von Arausio stattfand. Der geneigt Leser wird sich erinnern: Das war jene Kirchenversammlung, auf der mit dem Pelagianismus ein für allemal aufgeräumt wurde. Doch wir schweifen ab!

Die Diözese wurde Titular-Diözese – das heißt, sie existierte (bis 1801), aber nur noch virtuell – und verlor an Bedeutung. Orange wurde zum Fürstentum Orange im Heiligen Römischen Reich und 'fiel', wie man so schön sagt, im Frieden von Utrecht 1713 an das Haus Nassau. Nanu? Werden Sie jetzt argwöhnen: die Hauptstadt der Bahamas?! Sie wundern sich zurecht: Das Nassauii, das hier gemeint ist, liegt an der Lahn, nicht in der Karibik.  

Bei der Entwicklung des niederländischen Königshauses war einer der führenden Köpfe des Widerstands gegen die spanische Oberherrschaft (Was Herr Prof. Schilleriii in Weimar den“Abfall der vereinigten Niederlande“ nannte), Willem de Zweijger (der Schweiger) zum Begründer der Dynastie geworden, die sich heute noch Oranje-Nassau nennt, obwohl sie keinen Anspruch auf das südfranzösische Fürstentum mehr erhebt.
Dieses war mit der Französischen Revolution wieder französischiv geworden und verschwindet jetzt erst mal aus unserer Erörterung.


Wie oben schon erwähnt, wurde aus Arausio allmählich Orange, durch lautliche Angleichung an den Namen der Frucht, heißt es. Diese aber trägt einen alten, sehr alten Namen. Im Sanskrit heißt sie nāraṅgaḥ, auf Persisch nārang und auf Arabisch nāranj. Naja, wird sich der Leser denken, sooo ähnlich klingt das unserem Wort nun auch wieder nicht! 'Unser' Wort ist übrigens ein direkter Import aus den Französischen, dem man das auch anhört. Denn weder der nasale Vokal / ã / noch das / ʒ /v des Schlusslauts existiert im deutschen Grundwortschatz.

Spannender ist aber die Frage: Wo bleibt das 'n' vom Wortanfang? Das werden Sie jetzt nicht glauben: Das blieb am Artikel kleben! Zwar nicht im Deutschen, aber im Englischen und im Französischen war wohl die ursprüngliche Form un norange bzw. a norange, und allmählich fasste man den Nasallaut nicht mehr als Teil des Substantivs auf, sondern als Schluss-n des unbestimmten Artikels, also un orange, bzw. an orange.

Diese Erscheinung nennen die Linguisten Rebracketing. Eine extreme Form dieser falschen Worttrennung stellen übrigens die zahllosen Wörter dar, die arabischen Ursprungs sind und mit Al- beginnen, wie z. B. Alkohol, Algebra und so weiter. Hier wurde in vielen abendländischen Sprachen der ganze Artikel (al) dem Substantiv zugeschlagen. Oder el lagarto, wie die Spanier ein Tier – eigentlich ja „Eidechse“ - nennen, das in anderen Sprachen Alligator wurde. Das nur am Rande.

Übrigens: die Orange heißt im Spanischen naranja. Das 'n' ist da, wo es hingehört.
Europa lernte die Frucht zwischen Spät und -mittelalter kennen, und meist auch die Farbe dazu. Da fragt man sich natürlich gleich, wie unsere Vorfahren den Farbton nannten, bevor ihnen die Frucht unterkam. Nun, da gibt es einige Möglichkeiten, etwa gelbrot oder rotgelb, karottengelb oder gülden oder dergleichen.

Unsere germanischen Vorfahren übernahmen oft die Farbbezeichnung, aber nicht den Namen der Frucht. Eingedenk ihres exotischen Ursprungs – Orient, China gar! - nannte man sie “Apfel aus China“, “Apfelsine“. Genau genommen wurde im Mittelalter zuerst die bittere Form der Orange, die sogenannte Pomeranze (von lat. pomum aurantium, “goldener Apfel“) im Abendland eingeführt und erst später, im 15. Jahrhundert, die Orange, wie wir sie heute kennen. Noch Goethe dichtet im Lied der Mignon “Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,/ Im dunklen Laub die Goldorangen glühn,...“

Kumquats
Kumquats

Ob Goldorange oder Pomeranze, Grapefruit oder Pomelovi, Zitrone, Limette oder Kumquat – das sind jeweils verschiedene Varianten derselben verlockend-leuchtenden Frucht.

P.S. Haben Sie's gemerkt? Ein ganzer Artikel über Orange und kein Wort über die Oranje elftalvii !



Die Fußnoten:
iWeder Bernard Maier, Lexikon der keltischen Religion und Kultur, Stuttgart 1994 , noch Green, The Gods of the Celts, Godalming 1986, kennen diese Gottheit. Wahrscheinlich der Gott eines kleinen Fließgewässers.

iiGanz im Gegenteil: Nassau auf den Bahamas wurde nach Nassau-Oranien benannt; ebenso der spätere Oranje Vrijstaat in Südafrika

iiiJa, genau der! Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759-1805)
ivBei näherer Betrachtung ist dem nicht so einfach...Wann, und in welchen Grenzen ist Frankreich auch wirklich Frankreich?

vGern auch (etwas unschön) stimmlos / ʃ /. Eindeutig falsch aber: „ein orangschenes Kleid.“

viDie Bezeichnungen sind nicht immer eindeutig und etymologisch oft unklar. So hat z.B. die Grapefruit offenbar etwas mit grape, “Traube“ zu tun – aber was? Ihr deutscher Name, Pampelmuse, könnte von einem tamilischen Wort abgeleitet sein, so Wikipedia, vielleicht aus dem Holländischen, wo es dann “dickes Stück [einer Zitrusfrucht]“ hieße...Auch die Früchte werden gern durcheinandergebracht: Die Orange sei eine Kreuzung Mandarine x Pampelmuse; Orange x Pampelmuse sei Grapefruit, oder auch Pomelo. Zitrone hingegen sei Pomeranze x Zedrate (=Zitronatzitrone); die Limette ist nicht ganz dasselbe wie Limone (obwohl Limette nur “kleine Limone“ bedeute. Und übrigens: die Kumquat ist eine kleine Pomeranze..
.
vii Nederlands voetbalelftal, aber das wussten Sie ja...



Samstag, 4. März 2017

Wissenschaft für Laien

Unser täglicher Umgang mit den Wissenschaften


Was is ?
Ontologie

Was'n los ?
Chaosforschung

Hömma !
Akustik

Ach Gott !
Theologie

Was hastu gesacht ?
Linguistik

Schau schau
Optik

Was soll ich gesagt haben ?
Jura

Ja spinn i ?
Psychologie

Wo? Was? Wieso denn ?
Physik

Hä ?
Philosophie

Das gypts doch nicht !
Ägyptologie

Ei ei !
Evolutionsbiologie

War was ?
Geschichtswissenschaft

Das ist ja der Gipfel !
Geographie


Na denn man prost !
Wirtschaftswissenschaften

Himmel nochmal !
Meteorologie

Meine Nerven !
Humanmedizin

Mann o Mann !
Genetik

Diakritisches

åÅ&c - nicht so ganz Latein...oder: a
                                             of funny letters


Wissen Sie, wie Vietnamesisch aussieht? etwa so:
Vietnamesisch ist eine komplexe asiatische Sprache, die noch dazu stark vom (mit ihr nicht verwandten) Chinesischen beeinflußt ist. Wenn man versucht, sie mit europäischen Buchstaben zu schreiben, kommt so etwas heraus: lauter Punkte, Häkchen und Kommas, wo keine hingehören.
Warum sollte man sie mit europäischen Buchstaben schreiben wollen? Das hätte man besser die französischen Kolonialherren fragen sollen. Jedenfalls ist die Sache nicht gerade einfacher geworden.

Zurück nach Europa. Sie wissen sicher, wie Polnisch aussieht, nämlich etwa so:

  Podczas trasy "Crüesing Through Canada Tour '82" nie obyło się bez incydentów. Zespół kilkukrotnie został aresztowany. Pierwsze aresztowanie zostało spowodowane przez zajście na Międzynarodowym Lotnisku w Edmonton – zespół chciał przejść przez kontrolę celną w swoich najeżonych ćwiekami i kolcami strojach. Do tego Vince torbę podręczną miał załadowaną magazynami pornograficznymi. Klasyfikacja przestępstwa to: "posiadanie niebezpiecznej broni i nielegalnych materiałów". Rzeczy zarekwirowano i zniszczono. Drugi wybryk to wyrzucenie telewizora przez okno w hotelu "Sheraton Caravan". To w połączeniu z maratonem wybryków w Edmonton zaowocowało "Dożywotnim zakazem przebywania na terenie miasta". Mimo że trasa sama w sobie była finansową katastrofą, Mötley Crüe zaistniało w prasie.

Für Außenstehende immer noch genügend Häkchen und Striche, aber es hat ja auch keiner gesagt, das Polnisch einfach ist. Zumindest phonetisch.

Warum gibt es das?

Weil die Schrift, mit der wir schreiben, eigentlich Latein ist. Ein Alphabet, das sich bestens eignet für die - lateinische Sprache. Schon wenn man versucht, damit Deutsch zu schreiben, braucht man Notbehelfe. Zum einen nämlich die Punkte über a, o und u, wenn wir die Laute ä, ö und ü wiedergeben wollen. Das sind die sogenannten Umlaute, und die Punkte sind diakritische Zeichen. Davon gibt es noch andere, aber davon später mehr.

Was wir im Deutschen noch brauchen, sind Symbole für Laute, die das Lateinische nicht kannte. Das sind meist Buchstabenkombinationen, wie etwa ch oder sch. Was wir andererseits nicht brauchen, sind Buchstaben wie qu, v, x, y oder z, denn ku, f (bzw. w), ks, ü oder ts täten's auch. Diesen unnützen Ballast schleppen wir seit Jahrhunderten herum.

Andere Sprachen versuchen es mit ähnlichen Mitteln, die Lateinschrift ihren Bedürfnissen anzupassen, wie z.B. das Polnische mit seinen Häkchen.

Da gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten: man kann ein oder zwei Punkte, oder auch einen kleinen Kringel über den Buchstaben schreiben, einen Strich durch oder ein Häkchen unter den Buchstaben machen. Oder man setzt Akzente: den` und den´und den^. Den Gravis, den Akut (axong tägü, wie wir aus dem Französischunterricht wissen) und den Zirkumflex. Oder auch einen kleinen waagerechten Strich, oder ein kleines Schlängelchen über dem n, die Tilde. Oder auch Kombinationen hiervon. Ungarisch hat zum Beispiel auch Doppel-Akzente, bzw. kurze und lange Umlaut-Punkte.

Wo das hinführen kann, sehen wir am Vietnamesischen.

Selbst auf einem - sprachlich gesehen - einigermaßen homogenen Kontinent wie Europa gibt es mehrere Schriftsysteme. Direkt oder indirekt hängen fast alle doch mit der lateinischen Schrift zusammen, auch wenn sie mitunter ganz eigene Wege gehen.

Da gab und gibt es zum einen die griechische Schrift; man kennt sie aus dem griechischen Lokal und aus dem Mathematikunterricht. Von Alpha (ἄλφα) bis Omega (ὦ μέγα). Von ihr leitet sich eigentlich auch die lateinische Schrift ab. Mit entsprechenden Änderungen, versteht sich: es war ja nicht dieselbe Sprache.

Griechisch ist auch sozusagen die Stammutter diverser slawischer Alphabete: neben der kyrillischen (nach Kyrill und Method, griechischen Missionaren bei den Slawenvölkern - so gesehen, könnte die Schrift auch die 'methodische' heißen) gibt es z. B. auch noch die (etwas ältere) glagolitische Schrift ("Kirchenslawisch"):
Quelle: http://webograd.tportal.hr/Miha29/glagoljica/oglagoljici

Von Janáček gibt es eine eindrucksvolle "Glagolitische Messe"; die ist nicht so fremdartig.

Dann gibt es die nordeuropäischen Versuche, eine eigene Schrift nach dem Beispiel der lateinischen zu schaffen: das Runenalphabet (aus dem die Isländer sich mehrere Buchstaben bewahrt haben), oder die inselkeltische (na gut: irische) Schrift zum Beispiel.
Aber das sind Ausnahmen, denn eigentlich bastelt fast ganz Europa an der lateinischen Schrift herum. Dazu nun im Folgenden ein paar Beispiele (es versteht sich von selbst, dass die Aufzählung nicht annähernd vollständig ist!)

å in skandinavischen Sprachen: ein dunkles Zwischending von o und a im Dän; o im Schwed.
irische Ligatur (in irischer Schrift) gewöhnlich als bh geschrieben (gesprochen 'v'!) vgl. m
ç im Französischen, Okzitanischen und Portugiesischen: 's' statt 'k'
đ im Kroatischen: ein stimmhaftes 'dsch', bes. in fremden Wörtern (!); entspricht dem kyrill. Ђ
ê im Französischen: historisch ist da ein 's' als Folgelaut weggefallen: 'bête' entspricht 'Bestie'
ff im Walisischen: ein stimmloses 'f'; das einfache f spricht sich stimmhaft, wie 'v'. es gilt als ein Buchstabe und kommt daher durchaus auch am Wortanfang vor, z.B. Ffordd (=Straße).
Ähnliches gilt auch für das walisische Doppel-l (ll wie in Llangollen): das stimmlose l, auf das die Waliser besonders stolz snd, weil es sonst keiner hat.
ğ im Türkischen bezeichnet einen dieser Laute: ein stimmhafter, weicher, g-ähnlicher Reibelaut; manchmal kaum zu hören: Erdoğan
ĥ in Esperanto: eigentlich nur der 'ach'-Laut
ħ im Maltesischen ist ein verschärfter stimmloser h-Laut, den es auch im Arabischen gibt
ı (i ohne Punkt) ist für Nicht-Türken etwas schwierig: weit hinten in der Kehle artikuliert und nicht gerundet
ï bedeutet in einigen Sprachen, daß in einem Diphtong der i-Laut separat gesprochen wird. Daher spricht such frz. 'maïs' wie im Deutschen und nicht 'mäh'. Darum reimt sich im Englischen das Wort 'naïve' nicht auf 'knave'. Der Fachausdruck ist Diarese.
ĵ in Esperanto ein langes, stimmhaftes 'sch': ĵurnalisto
ķ im Lettischen ist das ein palatalisiertes 'k', am Gaumen klebend, fast wie 'tsch'
ł im Polnischen; es spricht sich etwa wie das englische 'w', so z.B. in Wałensa oder Wrocław
im Irischen eine Ligatur; heute gewöhnlich als mh 
geschrieben (und 'v' gesprochen); vgl. b 
ñ im Spanischen, Baskischen: 'nj' kommt etwa hin
ø im Dänischen und Norwegischen; entspricht ö
ö Deutsch, Schwedisch, Ungarisch, Finnisch, Uigurisch usw. Das schwedische ö heißt Insel!
õ im Portugiesischen: ein genäseltes 'o', wie im Frz. der Salon
p in der kyrillischen Schrift ist das ein 'r'; das griechische p (π) ist 3,14159265
qu in skandinavischen Sprachen (Dän.; Schwed.) qv, wie in Husqvarna (schwed. Ort und Nähmaschinen von dort)
ř ein gezwitschertes 'r', das typisch ist für das Tschechische, vgl. Dvořák
š schreibt sich der 'sch'-Laut im Slowakischen (und einigen anderen Sprachen)
ţ spricht sich wie unser z und ist rumänisch.
Am Schwarzen Meer liegt Constanţa; kennen Sie ja vielleicht...
ů ist eine tschechische Schreibung; spricht sich ganz harmlos 'u' und der °-Kringel hat historische Gründe
v eigentlich überflüssig; bemerkenswert ist trotzdem, dass der Buchstabe im Deutschen für zwei Laute steht, 'f' (Vater) und 'w' (vage), und dass das englische 'v' nochmal anders gesprochen wird.
w dabblju; bekannt wg. des gleichnamigen (ex)US-Präsidenten: eig. dabbl-vi (im Rumän.: dubl-ve). Im Schwedischen gelten übrigens v und w als Varianten (Warianten?) desselben Buchstabens.
x im Portugiesischen ein 'sch', im Griechischen ein 'ch'; jedenfalls kein 'u'!
ÿ im Niederländischen oft, bes. handschriftl., für ij: auch dies gilt als ein Buchstabe: "IJsselmeer"
ž im Slowenischen: der Anfangslaut von Journal
þ, ð im Isländischen: entsprechen dem engl. 'th': stimmlos und stimmhaft
æ auch isländisch: 'ai'
So weit, so gut. Was aber hat eine Glami Metal Band wie Mötley Crüe oder eine Rockformation wie Motörhead mit Umlauten zu tun? Das ist ja gerade der Witz! Es soll exotisch aussehen (“metal umlaut“), wobei meist auch noch Fraktur (“blackletter“) und ähnliche Stilmittel zum Einsatz kommen.


Ähnlich ist es im Fall des Nobel-Speiseeises Häagen Dazs. Obwohl die edle Marke in den 1960ern von einem jüdischen Ehepaar in New York gegründet wurde, sollte der Name möglichst dänisch aussehen. Das tut er zwar eigentlich nicht, denn weder 'äa' noch 'zs' sind im Dänischen üblich, aber das ist ja auch egal: Hauptsache, das Eis läuft (Kalauer).

i Hoffentlich ist das jetzt richtig; ich selbst bin ja weniger der Metal-Kenner...


Montag, 13. Februar 2017

les neiges d'antan?

Eine gern zitierte – und auch durchaus plausible - These besagt, dass Inuit (das Volk, das früher mal als „Eskimos“ bezeichnet wurde), mehr Wörter für Schnee kennen als irgendjemand sonst. Vielleicht noch die Jakuteni. Jedenfalls ist es ja nachvollziehbar, dass es für Menschen im Polargebiet lebensnotwendig sein kann, sich beim Schnee gut auszukennen, um gefährliche Situationen zu vermeiden, oder das wenige jagdbare Wild im Schneetreiben zu finden.

Nun hat vor kurzem die Wissenschaft Spektakuläres herausgefunden! Dazu gleich mehr... 

 Der aus Minden stammende Ethnologe Franz Boas (1858 - 1942), dessen hauptsächliches Forschungsgebiet die Indianer und Inuit des amerikanischen hohen Nordens waren, bemühte sich, Kulturen sozusagen von innen heraus zu verstehen und zu würdigen. Dabei trat er vehement dem damals weit verbreiteten Rassismus entgegen, der Völker wie zum Beispiel die Inuit für primitiv und unterentwickelt hielt. Um seinen europäischen und amerikanischen Zeitgenossen sozusagen zu beweisen, wie relativ komplex (und daher hochentwickelt) ihr Leben und damit auch ihr Wortschatz war, zeigte er den linguistischen Reichtum solcher Völker auf.

Und es lässt sich in der Tat feststellen, dass es im Inuktitut (der Sprache der Inuit) zahlreiche Wörter für Schnee gibt, die zu belegen scheinen, wie differenziert die Inuit ihre Umwelt wahrnehmen. Hier ein paar Beispiele:
qanik: fallender Schnee
qanittaq: vor kurzem gefallener Schnee
aputi: Schnee auf dem Boden
maujaq: weicher Schnee auf dem Boden
masak: nasser fallender Schnee
matsaaq: halbgeschmolzener Schnee auf dem Boden
aqilluqaaq: Treiben von weichem Schnee
sitilluqaq: Treiben von hartem Schnee
kaviʁisiʁlaq: durch Regen und Frost rauh gewordener Schnee
pukak: kristallener Schnee auf dem Boden
miŋuliq: feiner Mantel von pudrigem Schnee
natiʁuvaaq: feiner von Wind getragener Schnee
piiʁtuʁiniq: dünner Mantel von weichem Schnee auf einem Objekt
und so weiterii und so fort.

So, und jetzt kommt's! Es gibt ein Volk in Europa, das diese Liste noch toppen kann!! Kaum zu glauben, aber noch mehr Wörter für Schnee als die Inuit haben – die Schotten. In den schottischen Highlands fällt tatsächlich viel Schnee, auch wenn es im Rest des Landes eher selten schneit. Trotzdem wollen Wissenschaftler an der University of Glasgow (eine Forschergruppe um Susan Rennie) unlängst herausgefunden haben, dass die Schotten sage und schreibe 421 Wörter für Schnee haben – der absolute Weltrekord! Mit Ausdrücken wie flindrikin (leichter Schneeschauer – aqilluqaaq?), feefle (herumwirbelnder Schnee) oder blin-drift (Schneeverwehung) machen sie in der Tat den Inuit zumindest Konkurrenz.

Oder war das mit den zahllosen Inuit-Wörtern für Schnee so etwas wie Wunschdenken? Ein Missverständnis in freundlicher Absicht? Ja und nein. Man sollte sich hüten, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Jedes Sprache funktioniert anders; je exotischer, desto mehr. Die Inuit haben eine Sprache, die problemlos die kompliziertesten Zusammensetzungen aus einer eher überschaubaren Menge an Wortstämmen, Ableitungen und Zusammenziehungen bildet. Wenn solche „Wörter“ nun ins Deutsche (oder Englische) übersetzt werden, ergeben sie oft Wortungetüme, die aussehen wie ganze Sätze. Schwer wird es dann auch, zu zählen, wie viele Wörter (und wie viele Bedeutungen) im Zusammenhang mit – sagen wir mal – Schnee eine Sprache hat.

Machen wir doch einmal ein Experiment: Schließen Sie die Augen, denken ein paar Minuten an Schnee, und schreiben Sie dann ihre eigene Wortliste, Wie viele Schnee-Wörter fallen Ihnen ein?
Schnee, Papp- , Pulverschnee, Firn, Schneewehen, Harsch, Schlossen, Graupel, Raureif, Schneegestöber, Flockenwirbel, hereinschneien, Schneesturm, Blizzard, schneebedeckt, schneefrei, weiße Pracht, das Weiß, schneeblind, Schneeflocken, Schneekristalle, beschneit, verschneit, schneeglatt, schneeweiß, einschneien, Sulz, Schneematsch, Tiefschnee, Schneetreiben, Bruchharsch, Harsch, Kunstschnee, Neuschnee, Gletscherschnee, unverspurter Schnee, festgefahrener Schnee, Schneeball, Schneedecke...das sind immerhin schon 41...





iWas die Jakuten treiben,wenn Frühsommer herrscht: sonst.https://www.youtube.com/watch?v=uYxMB_VgXiI
ii Die Liste stammt nicht von Boas, sondern aus einer moderneren Quelle: Jan Henrik Holst: Einführung in die eskimo-aleutischen Sprachen. Hamburg, 2005