Die Glockenbecherkultur – ein
steinzeitliches (mehrere Jahrhunderte um die Mitte des 3.
vorchristl. Jahrtausends) Volk, von dem wir fast nichts wissen, als dass es erste metallverarbeitende Techniken beherrschte und dass es mithin an der schwelle zur Bronzezeit stand. Ach ja, und dieses Volk hinterließ Keramikbecher in glockenähnlich-eleganter Form, so dass man sie eben nach diesen auch benennt. (1)
vorchristl. Jahrtausends) Volk, von dem wir fast nichts wissen, als dass es erste metallverarbeitende Techniken beherrschte und dass es mithin an der schwelle zur Bronzezeit stand. Ach ja, und dieses Volk hinterließ Keramikbecher in glockenähnlich-eleganter Form, so dass man sie eben nach diesen auch benennt. (1)
Wir fassen zusammen: eine Kultur, die
nach einem Trinkgefäß benannt ist. Wie man vielleicht die zweite
Hälfte des 20. Jahrhunderts irgendwann einmal als Coladosen-Kultur
bezeichnen wird. Obwohl, -kultur...?
Dieses Volk (engl. beaker people;
frz. (weniger griffig) Culture campaniforme) stellte die für
sie typischen Keramik-Trinkgefäße in Becherform her. Dies ist
vielleicht der Urtyp des Flüssigkeitsbehälters und neben der hohlen
Hand und vielleicht der einen oder anderen Schalenfrucht (Kürbisse
oder Kokosnüsse: in unseren Breiten wächst da nix Geeignetes, da
muss man seine beakers schon selbst herstellen).
Wahrscheinlich so ziemlich der älteste. Was aber ist eigentlich ein
Becher?
Wenn man das anschaut, was eine
Internet-Suchmaschine an Bildern zum Thema anschleppt, kommt man auf
ein paar vermutlich grundlegende Merkmale, wie etwa „kein Stiel”
oder „meist schlicht in der Form”, aber wie steht es zum Beispiel
mit dem Material? (Becher sind nicht immer irden: denken Sie z.B. an
Papp-Becher. Aber: gibt es Becher z.B. aus Gold?) Wie steht es mit
Henkeln? Ist ein Becher mit Henkeln überhaupt einer? Was soll eine
„Bechertasse” sein – ein Becher oder eine Tasse? Sie hat
jedenfalls einen Henkel, wie jede anständige Tasse. (Im Englischen
sagt man mug, was ungeklärter Herkunft ist und nicht mit dem
Slangwort für Gesicht zusammenhängen dürfte. Jedenfalls sagt man
nicht beaker).
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edel: (Trink)gefäße der alten Griechen. Sie kommen in diesem Artikel nicht weiter vor. |
Überhaupt Tassen: Meist sind sie aus
Keramik oder Porzellan (davon das feinste heißt im Englischen bone
china (interessanterweise heißt „china” ja „porzellan”.
Aber warum „knochen”?) Wenn Wikipedia recht hat, kommt da
Knochenasche mit hinein. Na denn man Prost!). Sie reizen oft zum
Kleinen-Finger-Abspreizen, während man den Tee zum Munde führt. Für
bodenständigeres gibt es die oben erwähnten mugs. Tassen
sind cups, und das hängt mit unserem „kopp”
zusammen (im Sinne von Schädel). Man will’s nicht glauben, aber
die Etymologen sind sich so ziemlich einig: Weil die Wikinger gern
mal ihren Met aus den Schädeln erschlagener Feinde tranken, heißt
das zierliche Tee-Tässchen „cup”!? Vielleicht stimmt das
mit den erschlagenen Feinden nicht so ganz, aber das mit dem Kopp
schon.
A propos Köpfe der erschlagenen
Feinde, bzw. alte Germanen. Diese trugen nachweislich niemals Helme
mit Hörnern (wie auch die Flederwische am Helm von Asterix frei
erfunden sind). Die Hörner sind eine Zutat des 19. Jahrhunderts und
haben mehr mit Richard Wagner zu tun als mit tatsächlichen Germanen.
Hörner aber benutzten unse Vorfahren schon: man konnte Musik damit
machen – wie auch mit dem Gemshorn, das noch „musikalischer”
ist – aber vor allem trank man daraus. Schäumenden Met, oder was
sonst zur Hand war, um sich zu berauschen. Also keinen Wein.
Denn den Weinanbau führten die Römer
ein. Das Getränk kannten sie aus dem sonnigen Italien, und ohne Wein
war das raue Germanien nur schwer zu ertragen, auch wenn man der
privilegierte Besatzer war. So musste man eben den Wein importieren
oder versuchen, ihn auch in der Fremde anzubauen. Was die Römer zu
dem Weinbau noch einführten, war das passende Gefäß. Und das war,
wie auch immer seine Form, aus Glas. Inzwischen trinken wir nicht
mehr aus dem Trinkhorn, und statt Met trinken auch Germanen
inzwischen ganz ordentliche Mengen Wein, auch sehr gute Tropfen aus
heimischen Gefilden (denn auch die ganze Winzerei wird hier
praktiziert). Und überhaupt sind wir, welterfahren und vielgereist,
inzwischen auch ein Volk von Weinexperten, wissen den schweren, süßen
Mavrodafne aus Griechenland vom leichten Beaujolais primeur zu unterscheiden,
und selbstverständlich den Riesling vom Pinot Grigio.
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feine Unterschiede zählen |
Und, was wichtig ist, wir wissen, dass
man Wein dekantiert (dass er atmen kann), und welchen Wein man zu
welcher Speise genießt, überhaupt: welchen Wein vor, und welchen
nach dem Essen. All das wissen wir, und selbstverständlich wissen
wir auch, welcher Wein in was für ein Glas gehört. Es wäre ja
geradezu eine Sünde, einen Dessertwein (das ist der Wein nach dem
Essen) aus einem Sherryglas (woraus man ja seinen Aperitif trinkt - vor dem Essen) zu trinken! Und aus dem Römer trinken
wir eigentlich kaum noch: der ist doch eher veraltet. Am edel
gedeckten Tisch arbeiten wir uns so durch die Gläser (wie man das ja
auch beim Besteck tut).
Nur die Biertrinker sind ein wenig
problematisch, denn sie haben die Gläser nicht (noch nicht?)
konsequent systematisiert. Ansätze gibt es wohl, etwa das
Weißbierglas, die Pilstulpe oder die „Stange” für’s Kölsch;
aber ansonsten scheint es dem Biertrinker egal, aus welchem Gefäß
er trinkt. Manche trinken ja sogar aus dem Krug!! Ja, aus der
Flasche!!!
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doch irgendwie alle ähnlich... |
Weil wir gerade bei der Flasche sind:
Ein Baby, das nicht mehr gestillt wird, trinkt seine Milch aus der
Flasche, weil’s praktisch ist. Als Studenten haben wir so ziemlich
alles aus dem Senfglas getrunken (2) und täten das in der Not wohl
immer noch. Und neben Glas und Porzellan gibt es noch andere
Materialien für das Trinkgefäß; Horn und Keramik wurden bereits
erwähnt, aber es gab/gibt auch Gefäße aus Metall (sehr oft Zinn),
Tassen aus Holz (in Nordskandinavien: siehe Bild in Fußnote 3) und in neuerer Zeit
Becher aus gewachster Pappe (mit Deckel, für den Kaffee „to
go”) und aus buntem Plastik. Und es ist wohl nur eine Frage der
Zeit, bis jemand ein Trinkgefäß aus „intelligentem” Material
erfindet (iMug?),
Wir können es abwarten.
Fußnote:
- Der englischsprachige Wikipedia-Artikel hat übrigens eine völlig andere Karte des vermuteten Verbreitungsgebiets als der deutschsprachige; letzterer kennt nur Spuren, wo der erstere die Becherleute fast überall in Europa ansiedelt...
- Ein schönes Beispiel für den Wiederverwertungs-Gedanken: Wenn kein Senf mehr im Glas ist, wird es gespült und kann dann als Trinkglas verwendet werden. Selbstverständlich wurde der Senf-im-Glas deswegen gekauft, und vielleicht wäre ein Senf im Plastiktöpfchen billiger gewesen, so dass man sich ein Glas hätte dazukaufen können. Aber es war halt praktisch.
- Und so sieht eine traditionelle kuksa aus Finnland aus:
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