Gewürze
sind wie Drogen: Sie bringen Pepp in den Alltag, werten langweilige
Gerichte auf, und oft sind sie wertvoller als Gold. Spice
up your day, sagt man auf Englisch.
Spices
sind Spezereien
(um einmal den alten deutschen Ausdruck zu zitieren: epices
(auf Französisch): kostbar.
Nehmen
wir einmal Nelken
als Beispiel. Genauer: Gewürznelken. Klein und putzig, und voller
Aroma, wenn man darauf beißt. Sie sehen ein wenig wie kleine Nägel,
drum heißen sie so.i
"Nelke" kommt vom niederdeutschen negelken
"kleiner Nagel"; in fast allen germanischen Sprachen heißen
sie ähnlich, nicht jedoch im Englischen. Das englische clove kommt
vom frz. clou,
clove
heißt aber auch die Knoblauchzehe und hängt indirekt mit Klavier
zusammen. Denn clove, clou &c.
leitet sich ab vom lateinischen clavis,
"Schlüssel", und das keyboard
ist ja nicht nur ein Schlüsselbrett, sondern die Tastatur des
Klaviers. Doch wir schweifen ab.
Das
umwerfende Aroma der Nelke kommt von dem darin enthaltenen Öl, dem
Nelkenöl (aha!), das antibakteriell und schmerzlindernd wirkt
und deshalb z.B. ein altbewährtes Mittel gegen Zahnweh und
rheumatische Schmerzen ist. Sie stärkt die Verdauung und regt den
Appetit an, weswegen die Gewürznelke auch in Magenbittern vorkommt.
Vor
allem aber wird sie beim Kochen eingesetzt: im Blau- und Sauerkraut,
Lebkuchen und Glühwein wie auch in vielen orientalischen Gerichten;
sie ist Bestandteil vieler Gewürzmischungen, wie Currypulver,
5-Wohlgerüche (chinesisch), Panch Phoron (indisch), aber auch der
Worcester-Sauce (spricht sich übrigens /ˈwʊstər/, aber das
wurcesten Sie ja); Nelkenpfeffer,
auch Piment genannt, erinnert in Geschmack und Geruch an Nelken, ist
aber nicht damit verwandt. (Piment erinnert auch an Pfeffer, Zimt und
Muskatnuss und heißt daher im Englischen auch allspice).
Das
Gewürz kommt ursprünglich aus Indonesien, genauer von den Molukken,
und da wiederum von der Insel Ternate. Die Molukken liegen in der
Übergangszone zwischen der australischen und der asiatischen
Klimaregion (der Wallacea-Zone), und bis ins späte 18. Jahrhundert
waren sie der einzige Ort der Welt, wo Nelken, aber auch Muskatnuss
und Macis
(Muskatblüte, auch ein Gewürz) vorkamen. Zwischen den indonesischen
Inseln und China, der arabischen Welt und Europa gab es seit alters
herii
Handelsbeziehungen, und die Molukken insbesondere galten schlicht als
Gewürzinseln. Da Gewürze umso kostbarer waren, je rarer sie waren,
weckte dies natürlich Begehrlichkeiten.
Kolumbus
mag Amerika entdeckt haben, aber der Seeweg nach Indien und
Indonesieniii
war zunächst sehr viel lohnender. Die Route wurde zwar von den
Portugiesen erschlossen (ihnen gelang es als ersten Europäern,
Afrika zu umsegeln). Letztlich jedoch waren es die Niederlande, die
mittels der VOC (Vereenigde
Oost-Indische Compagnie, der
niederländischen Entsprechung zur britischen East
India Company) dort die materielle
Basis ihres Imperiums begründeten, Nederlands-Indië.
Das
Monopol auf die Gewürze von den Gewürzinseln war heiß umkämpft
(versteht sich fast von selbst) und wurde schließlich von einem
Herrn Pierre Poivre (1719 – 1786 – der Mann hieß tatsächlich
"Pfeffer"!) gebrochen, dem es gelang, Samen und Pflanzen
aus der holländischen Kolonie herauszuschmuggeln und auf
französischem Territorium (etwa Mauritius und Reunion) anzubauen.
Wenn
wir auch eine Blumenartiv
als Nelke bezeichnen, die mit der Gewürznelke biologisch gar nicht
verwandt ist – könnten wir uns fragen: warum eigentlich? Der Grund
ist ganz banal: weil sie ähnlich riecht. Die Blume selbst ist jedoch
alles andere als banal: besonders die rote Nelke ist recht
symbolträchtig, steht sie doch einerseits für die Passion Christ,
andererseits wurde und wird sie noch als Abzeichen des Sozialismus im
Knopfloch getragen. Die sogenannte "Nelkenrevolution"
(Revolução dos Cravos) war eine (erfolgreiche) Rebellion
linksgerichteter Gruppen gegen das diktatorische System Salazars, die
sich 1974 in Portugal ereignete: Das Volk steckte den aufständischen
Truppen rote Nelken in die Gewehrläufe, und tatsächlich blieb diese
Revolution fast völlig unblutig.
iEine
geradezu unerschöpfliche, detaillierte Webseite, die u.a. knapp 100
Namen für die Nelke auflistet, findet sich unter
http://gernot-katzers-spice-pages.com/germ/Syzy_aro.html
iiIm
Mittelmeerraum war die Nelke schon in der Antike bekannt und
begehrt: Sie muss auf abenteuerlichen Wegen nach Europa gelangt
sein,,,
iiiDer
Wortbestandteil – nesien geht stets zurück auf das griechische
νῆσοι, "Inseln", daher auch Mikro- und
Polynesien, Melanesien etc.
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