Mal was über Orange.

Orange?

Donnerstag, 23. Juni 2016

Soße für die Gans

What's sauce for the goose
is sauce for the gander*
(Englische Redewendung)

Alles eine Soße?

Sauce ist französisch für Soße, von lat. salsus, "gesalzen"; daher auch spanisch salsa. Salsicus ist lat. für "mit Salz gewürzt", daher französisch saucisse, die Wurst. Aber um die geht es hier gar nicht. Gibt es Sauce auch auf Deutsch?

Ein schönes, heute kaum gebräuchliches Wort ist 'Tunke'; das engl. dip heißt dasselbe: was zum Reinstippen. Saucen/Soßen gibt es kalt und warm; die raffinierteren sind aufgeschlagen; beherrscht man ein paar Grundformen, lassen sich diese i.d.R. erweitern und variieren. Faustregel: Kalte Soßen sind (meist) für Salate, warme für Nudeln, und aufgeschlagene für die gehobenere Speisekarte.

Salatsoßen: die einfachste ist die mit Essig (frz. vinaigre) und Öl, Salz und Pfeffer nach Gusto. Vinaigrette nennt sie der Feinschmecker. Alle anderen Salatsoßen heißen heutzutage Dressing. Eine (mit einem Hauch von Knoblauch und etwas Senf) subtil verfeinerte Vinaigrette nennt man Italian Dressing. Am anderen Ende des Spektrums steht die amerikanische Thousand-Island-Dressing, die fast immer als Fertigprodukt aus dem Supermarkt kommt (etwas verfeinert ergibt sich die Russian Dressing).

Viele Soßen sind rot; in Italien heißen sie Sugo und sind meist auf Tomatenbasis (salsa (!) di pomodoro), von napoletana und amatriciana (nach ihren Herkunftsorten benannt) bis zur arrabiata – letztere ist ein wenig scharf, hat aber dennoch nichts mit 'arabisch' zu tun, sondern eher mit 'rabiat', "mit leidenschaftlichen Gefühlen".

Grüne Soßen, ob sauce verte oder salsa verde: es gibt viele Varianten der Gewürz- und Kräutersoßen, aber nur eine Grie Soß. Diese kommt im Original aus Frankfurt und besteht aus nicht weniger (aber auch nicht mehr!) als sieben Kräutern: Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch. Wer nun zu faul ist zum Suchen, und wer weder Pimpinelle noch Kerbel erkennt, kauft die Kräuter auf dem Wochenmarkt. Denn merke: Nur mit Petersilie und Schnittlauch geht’s nicht!

"Fertige" kalte Soßen sind Ketchup, Mayonnaise (auch liebevoll "Mayo" genannt) und Remouladensoße. Ketchup (und seine Varianten) scheint zum Grillen dazuzugehören wie Steak und Bier; er ist eigentlich eine amerikanische Unsitte – trotz des seltsamen Namens (der wiederum aus Südostasien stammt); er enthält neben Tomaten erstaunliche Mengen Zucker. Mayonnaise soll – so die Theorie – nach der balearischen Hafenstadt Mahón benannt sein, stammt aber aus der französischen Küche und besteht im Wesentlichen aus Eigelb und Öl. Mit Knoblauch zusammen ergibt das die sauce aioli, die der Frankreichfreund aus der Provence kennt. Wird die Mayonnaise mit Essig, Senf und Kräutern (und kleinen Essiggürkchenstücken) verrührt, nennt man das ganze sauce remoulade, oder halt Remouladensoße.

Die oben erwähnten aufgeschlagenen Soßen sind für den Laien etwas heikel in der Zubereitung, da warme Bestandteile mit Eigelb und diversen anderen Zutaten vorsichtig mit dem Schneebesen schaumig geschlagen und verrührt werden; am bekanntesten ist wohl die s. hollandaise (zum Spargel) und die s. bearnaise (die nicht aus der Region Bearn in Frankreich stammt, aber von einem bearnaisischen Koch erfunden wurde). Quasi als Vorübung für diese Soßen kann man sich an der sauce béchamel versuchen, bei der Ei nicht zwingend vorgeschrieben ist.
nach einem Bild von Jan Davidszoon de Heem (1648)


Würzsoßen dienen dem Würzen diversester Küchenprodukte, viele von ihnen sind Geschmackssache (oder, wie man auf Englisch sagt. an acquired taste: gewöhnungsbedürftig). Die Worcester[shire]sauce (sprich: wuster- !), die Austernsoße, Teriyaki, Senf, Sambal und Tabasco, Sojasoße, Chutney und HP Sauce und, vor allem und überhaupt: Maggi!

Eine gute Soße (hier sollte man vielleicht dann doch 'Sauce' schreiben, denn die gehobene Küche spricht immer noch Französisch) ist das A und das O der guten Küche. Und ganze Welten der (Saucen-)Kochkunst wurden hier noch gar nicht erwähnt, von Veloutés und Jus bis hin zu den zusammengesetzten Saucen , ob braun oder weiß. Ganz zu schweigen vom kunstvollen Saucenspiegel...

All das ist verlorene Liebesmüh' bei der nächsten Generation: Kinder wollen keine kompliziert angerührten oder befremdlich riechenden Soßen; sie wollen nur zweierlei, und das in rauen Mengen: Ketchup (das kennen sie von McDonald's) und – Schokoladensoße.
*etwa: "Gleiches Recht für alle". Wörtl.: "Die Soße für die Gans ist auch die für den Gänserich".

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