Beijing
– Peking
Die
Hauptstadt Chinas ist eigentlich die “nördliche”; die südliche
war Nanking. Sie ist die Hauptstadt mindestens seit der Ming-Dynastie
(15. Jhd). Da sie auf Mandarin-Chinesisch Beydsching gesprochen wird
(sieht verboten aus, ich geb's zu), schreibt man sie international
Beijing, das kommt der Aussprache einigermaßen nahe, und Peking
schreibt man das auf deutsch, weil man das schon immer so geschrieben
hat. Die amtliche, sog. Pinyin-Umschrift, erschließt sich einem
ohnedies nur in Ausnahmefällen: wissen Sie, wie man Qigong spricht?
Eben: Dschigong!
Mumbai,
Varanasi, Kolkata und Chennai – Bombay, Benares, Kalkutta und
Madras
Die
Tatsache, daß Bombay sich nicht mehr so nennt, sondern Mumbai (und
zwar seit 1996), hat sich teilweise schon bis nach Deutschland
herumgesprochen. Wer nun meint, es sei also 'politically correct',
immer Mumbai zu schreiben, macht es sich wiederum zu einfach: die
Umbenennung wurde von zwei rechts-nationalistischen Parteien
betrieben (Bharatiya Janata Party und Shiv Sena) und ist keineswegs
allgemein akzeptiert. Ähnlich ist der Fall übrigens bei
Myanmar
– Burma
gelagert:
die Umbenennung geschah durch eine der übelsten Militärdiktaturen,
die es derzeit gibti
(z.B. wird die Nobelpreisträgerin Aung Sa Suu Kyi seit Jahren im
Hausarrest gehalten; ginge es demokratisch zu, dürfte sie regieren).
Myanmar soll ganz harmlos die Aussprache besser wiedergeben
(desselben Worts übrigens, dem wir auch Birma - engl.Burma -
verdanken. Irgendjemand muß hier schwer genuschelt haben!), aber
wenn man den neuen Namen benutzt – stützt man damit nicht das
System?
Burma |
Myanmar |
Die
anderen Umbenennungen in Indien sind im Vergleich zum Fall Mumbai
etwas anders gelagert; man kann die kommunistische Regional-Regierung
von Bengalen kaum nationalistischer Motive verdächtigen, wenn sie
Kalkutta – engl. Calcutta- Kolkata schreibt. Chennai ist tamilisch
(und verkürzt für Chennappattanam) und erinnert weniger an die
Kolonialzeit als Madras (was übrigens auch tamilisch ist).
Bei
vielen Namensänderungen steckt natürlich eine Überwindung der
kolonialen Vergangenheit dahinter, deswegen heißt Rhodesien nicht
mehr nach dem Imperialisten Cecil Rhodes Rhodesien, sondern Zimbabwe
nach einer alten Kultur dieses Namens.
Burkina
Faso – Obervolta
Burkina
Faso heißt “Land der Aufrechten” (der deutschsprachige
Wikipedia-Artikel hat “Land der ehrenwerten Menschen”; auch nicht
übel), und das klingt allemal besser als das frühere Obervolta,
oder besser Haute-Volta. So heißt man vielleicht als (in diesem Fall
französische) Kolonie, und zwar nach den drei Quellflüssen des
Volta, aber seit 1984 heißt das Land nach seinen Menschen. Ein
Bürger des Staates heißt übrigens Burkiner (wie man den Bürger
von Obervolta nannte, entzieht sich meiner Kenntnis)
Auch
in vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion will man die Vergangenheit
vergessen machen, und sei es durch kleine Namensänderungen:
Almaty
– Alma Ata
Die
ehemalige (bis 1997) Hauptstadt Kasachstans (heute ist die offizielle
Hauptstadt ein im Westen weitgehend übersehener Ort mit immerhin
über 600 000 Einwohnern, Astana) heißt auf deutsch soviel wie
“Großvaters Apfel”. Wenn es einen Preis für besonders schöne
Namen gäbe: der Ort hätte ihn verdient! Almaty kommt wohl einfach
der kasachischen Aussprache näher; warum man das allerdings erst
1997 gemerkt hat, weiß ich auch nicht.
Kaliningrad
– Königsberg
St.
Peter(s)burg – Leningrad – Petrograd
a
propos post-sowjetische Zeit: Kaliningrad heißt Königsberg schon
seit Sowjetzeiten, und erstaunlich ist eigentlich eher, daß die
Stadt ihren angestammten (es handelt sich um eine Gründung des
Deutschen Ordens!) ostpreußischen Namen bis Ende des Zweiten
Weltkriegs trug. Sankt Petersburg hieß zu Anfang des 20.
Jahrhunderts Petrograd (also “Peters Stadt”), dann aber (bis
1991) Leningrad nach W.I. Lenin, der von dieser Stadt aus die
Revolution zum Sieg geführt hatte.
Eine
Revolution später, nach dem Zusammenbruch des kommunistischen
Systems, wurde die Stadt wiederum umgetauft, aber nicht in Petrograd
– was letztlich auf Zar Peter den angeblich Großen verwiesen hätte
– sondern nach dem Heiligen dieses Namens. Nur war der kein Russe.
Ljubljana,
Zagreb – Laibach, Agram
Bratislava,
Brno – Preßburgii,
Brünn
Viele
Städte in Osteuropa tragen neben ihren slawischen Namen seit jeher
auch deutsche Namen; das ist nach Jahrhunderten des weitgehend
friedlichen Zusammenlebens auch kein Wunder. Wir haben ja sogar
deutsche Namen für Städte, mit denen wir sehr viel weniger direkt
zu tun haben, wie etwa Mailand für Milano oder Venedig für Venezia.
Meiner Meinung nach ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man Brünn
statt Brno sagt; das läßt sich zumindest auch leichter aussprechen.
Die korrekte polnische Aussprache der folgenden Orte kriegt ein
Deutscher eh vermutlich nicht hin, es sei denn, er kann Polnisch:
Gdaňsk,
Wrocław,
Cęstochowa
– Danzig, Breslau, Tschenstochau
Ohne
das deutsch-polnische Verhältnis mal wieder zu sehr strapazieren zu
wollen (wenn man sich die “gemeinsame” Geschichte der beiden
Länder näher anschaut, versteht man einen Großteil der polnischen
Emfindlichkeiten auf diesem Gebiet): Man sollte das Ganze einfach
etwas lockerer sehen. Wer Paris sagt statt Pahrieiii
und London statt Landen, soll ruhig Breslau sagen; wir alten
Wrocławer
verstehen ihn schon.
Auch
wenn die Diktatur sich inzwischen ein pseudodemokratisches
Mäntelchen umhängt: Der "State Law and Order Restoration
Council" (mit der schön-gruseligen Abkürzung SLORC) heißt
jetzt "State Peace and Development Council" (SPDC), und
einen lupenreinen Demokraten als Präsidenten hat das Land auch: den
Ex-Militär Thein Sen.Plus ça change, plus c'est la même chose!
iioder
nach der neuen Rechtschreibung Pressburg – das wäre aber
nun völlig absurd, nach dem Motto 'So müsste man es schreiben,
wenn es noch jemand schreiben würde'.
iiioder,
wie eine Stadt in der surrealen Welt der Comic-Serie Les Cités
Obscures von Schuiten und Peeters sich nennt: Pâhry.
Bedauerlich, dass diese grandiose Serie nicht so bekannt ist, wie es
ihr gebührt. Daher sei hier schon einmal auf einen Beitrag unter
Comics – die Neunte Kunst verwiesen.
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