Abgesehen von
Flüchen und vulgären Beschimpfungen gibt es wohl kein Gebiet, auf
dem es so viele Synonyme gibt wie Bezeichnungen für Geld. Die
Rede ist hier von Knete, Sie wissen schon: Pinkepinke,
Moos, Penunzen. Kies halt, oder Cash, wie
man manchmal sagt (1). Moneten. Mammon. Der eine nennts
Flocken, der andere Schnee. GanzAltBundeskanzler Kohl
nannte es Bimbes. NichtGanzsoAltBundeskanzler Schröder gibt
sich wohl kaum mit Bimbes zufrieden: da muss dann schon der Rubel
rollen.
Aber Kohle? Wieso
Kohle – das brennt doch nicht! Es ist auch nicht schwarz und wird
nicht unter Tage abgebaut. Das ist ganz sicher ein Slangwort. Wenn
aber Slang doch normalerweise dazu verwendet wird, innerhalb einer
Gruppe den Zusammenhalt derselben zu stärken und außerdem Leute von
außerhalb auf Distanz zu halten, dann stellt sich hier die Frage:
Wer willl hier wen wo raushalten, warum und wie? Wenn es kein Slang
ist – was soll dann so ein absurder Ausdruck? Und bedenken Sie:
Erst wenn Sie im Slang der Banker und Finanzfachleute zu Hause sind,
gehören Sie so richtig dazu.
Zweiter Anlauf.
Man kann das Ganze natürlich sprachgeschichtlich betrachten wollen,
etwaige verwandte Formen in anderen, verwandten Sprachen suchen, aber
nix! : Weder heißt im Englischen das Geld coal, noch charbon
im Französischen. karbo auf Esperanto – hätte man sich ja
denken können – heißt auch nur „Heizmaterial”, nicht „Geld”.
Also auf zum Grimmschen Wörterbuch! Die fühlen sich bei den
germanischen Wurzeln von Kohle, also etwa kol, chol und
schwedischen, isländischen und sonst walhallakompatiblen
Entsprechungen an kalt erinnert. !! Warten Sie; ich zitiere:
„für
den ursprung liegt der gedanke an kalt, kühl nahe, bei deren stamme
kol
äuszerlich gute unterkunft fände (s. sp. 512 mitte), die kohle
müszte als erkalteter oder erkaltender brand aufgefaszt sein.
aber...” dann merken sie doch,
wie absonderlich das klingt und reden von „das
glimmende, glühende”, aber unter uns: Wer solcher
Assoziationen fähig ist, kennt ein Slangwort wie „Kohle” gewiss
auch nicht. Weder Lutz Röhrig mit seinem ansonsten so nützlichen
Wörterbuch der sprichwörtlichen Redensarten weiß mehr als
die Grimms, noch hilft Kluges Etymologisches Wörterbuch
besonders weiter. Was wir jetzt noch haben, sind eigene Theorien.
Dritter Anlauf:
Was uns in der Fachliteratur auffällt, sind die häufigen
Bezugnahmen auf die Gaunersprache. Die speiste sich ja bekanntlich
aus vielen Quellen, aus dem Jiddischen wie dem Polnischen, ja gar
exotischen Sprachen wie z.B. dem Französischen. Und dann heißt es
doch meistens „Die weitere Herkunft ist ungeklärt.” Nur eins
scheint klar: Geld war den Gaunern so wichtig, dass sie ständig neue
Wörter dafür erfanden. Und zwar nicht „Anlagevolumen” oder
„Dispositionskredit”, „Finanzrahmen” und sowas – das ist
keine Gaunersprache, das ist eine Fachsprache ganz anderen Kalibers!
Und die reden ohnedies nicht von Kohle.
Was uns noch
aufgefallen ist: Es gibt auch Wörter wie Kies oder Schotter,
neben denen Kohle verhältnismäßig unauffällig ist, bzw. gute
unterkunft fände,wie
Freunde von mir sagen . Auch wird Asche gern als
Synonym für Geld gebraucht. Auch da ist die Kohle nicht fern.
Ergänzung:
Das ist jetzt alles nicht allzu befriedigend, zumal ich natürlich
auch zugeben muss: „die weitere Herkunft ist ungeklärt”. Aber:
Ist Kohle nicht anderseits recht passend, wo das Wort doch an den
Bergbau denken läßt, an rauchende Schlote und überhaupt an die
Blütezeit der Schwerindustrie in diesem Land und damit eine Zeit –
die Gründerjahre zwischen der Reichsgründung 1871 und dem Ersten
Weltkrieg - in der viele der großen Vermögen entanden, die der
Krupps, Thyssen und wie sie alle hießen. Und kein Wunder, dass sie
alle in der Krise sind: Die Kohle, die heute wirklich zählt, ist
virtuell: buchhaltérische Verschiebungen von Vermögen,
Kontobewegungen, Schwarzgeld in Nummernkonten und karibischen tax
havens. Die Kohle ist schon lange verbrannt.
Fußnote:
Bei der Lektüre
klassischer chinesischer Romane wie etwa Die Räuber vom Liang
Schan Moor oder Der Traum der Roten Kammer in der auch
schon klassischen Übersetzung von Franz Kuhn (Zwanziger bis
sechziger Jahre) ist oft von einer Währungseinheit die Rede, den
sogenannten Tausend-Käsch-Schnüren, bei denen die
Assoziation Cash naheliegt. Und vielleicht heißt Käsch ja auch
Kohle, wer weiß...
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