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Orange?

Samstag, 12. März 2016

Gottes Häuser

Martin(us) von Tours, ca. 316 in Pannonien (heutiges Ungarn) geboren, aufgewachsen in Pavia (Oberitalien), leistete Militärdienst in Gallien. Später Mönch, Klostergründer und Wundertäter, schließlich Bischof von Tours. Er wurde zu einem der beliebtesten Heiligen und gilt als Schutzpatron Frankreichs. Er ist jener heilige Martin, der am 11. November gefeiert wird, weil er seinen Mantel mit einem Bettler geteilt hatte; ihm gilt die Martinsgans. Er war kein Märtyrer und trotzdem beliebt. Er wird als "Schutzheiliger der Reisenden und der Armen und Bettler sowie der Reiter, im weiteren Sinne auch der Flüchtlinge, Gefangenen, Abstinenzler und der Soldaten" [Wikipedia] verehrt. Ihm verdanken wir "Kapelle" im Sinne von "kleiner Kirchenraum" (wie auch das englische chapel), aber auch als "Gruppe von Musikern", "a capella" und "Kaplan". Denn capella bedeutet im Lateinischen eigentlich "Mäntelchen" (bzw. cape), über die Reliquie Martins (seinem halben Mantel) und ihren Aufbewahrungsort schließlich auch im kirchlichen Sinne "Kapelle" und die davon abgeleiteten Begriffe. "Musikkapelle" übrigens, weil sich Musiker in der Kapelle zusammenfanden, um zu musizieren.

Die "Kirche" – sie hat zwei Bedeutungen, die Gesamtheit der (katholischen) Christen wie auch das Gebäude – stammt als Begriff aus dem Griechischen. κυριακόν (kyriakon) heißt "[Haus] des Herrn" und wurde erst in die germanischen Sprachen (eben als Kirche, church, kirk, kerk etc.) übernommen – wie, ist nicht ganz geklärt – und dann auch in andere Sprachen (russ. церковь, serbokroat. црква/crkva, finn. kirkko). Als Gebäude ist die Kirche i.d.R. größer als die Kapelle; ist ihr keine Pfarrei zugeordnet, ist sie ungeachtet ihrer Dimensionen nur eine Kapelle. So ist beispielshalber die Marienkapelle in Würzburg um einiges größer als so manches Kirchlein in derselben Stadt.

Im Lateinischen war die Kirche – wiederum in zweierlei Wortsinn – ecclesia, wovon sich die Bezeichnung in vielen nicht-germanischen Sprachen herleitet, ob nun église (frz.) iglesia (span.) igreja (port.) chiesa (ital.) eaglais (ir.), eglwys (walis.) kilise (türk.). Andere Sprachen übernehmen das Wort basilica, eine griechische Bezeichnung, die ursprünglich "Königshalle" bedeutet: baselgia (rätorom.),

Große Kirchengebäude, die einem Bistum als Hauptkirche dienen, nennen sich Dom, Münster oder Kathedrale. Dom ist entstanden aus domus domini (lat.:"Haus des Herren", entprechend dem griechischen kyriakon); Münster ist eigentlich die Stiftskirche eines Klosters (lat. monasterium), und die Kathedrale hängt wörtlich zusammen mit dem Katheder, dem Stuhl, bzw. dem Lehrstuhl: als ecclesia cathedralis die Kirche des Bischofsstuhls.

Im Ungarischen heißt Kirche templom, "Tempel". Stimmt ja auch.

Das hebräische Wort für einen Versammlungsort ist בית כנסת, beth ha knesseth ("Haus der Zusammenkunft"; daher heißt das israelische Parlament Knesset). Bei der Übersetzung der Bibel ins Griechische wurde analog dazu συναγωγή (Synagoge) gebildet: aus συν- "zusammen" und αγειν "führen, bringen". Über das (kirchen)lateinische Synagoga als sinagoge seit dem Mittelhochdeutschen bezeugt. Deutsche Juden gebrauchten häufig das jiddische Wort schul (tatsächlich abgeleitet vom deutschen "Schule")*.

Die Versammlungsorte moslemischer Mitbürger heißen auf arabisch masjid (oder masdschid) und cami auf türkisch, auf deutsch "Moschee". Masjid heißt "Ort des Sich-Niederwerfens", also "Ort des Gebets" und der Hinwendung zu Allah. Über das französische mosquée, seinerseits aus dem spanischen mezquita, dem man die arabische Herkunft noch ansieht. So wie die Mezquita-Catedral in Córdoba heute die katholische Kathedrale der Stadt ist, im Inneren aber das architektonische Juwel der maurischen Zeit ist und bleibt (neben der Alhambra in Granada) und an eine der glanzvollsten Epochen der Menscheitsgeschichte erinnert: al Andalus, das Kalifat von Córdoba, als in Andalusien Muslime, Christen und Juden friedlich zusammenlebten.



*früher hörte man gelegentlich die Redewendung "hier geht es ja zu wie in einer Judenschule". Seit der Nazizeit werden solche Formulierungen gemieden, oder, wie es bei redensarten-index.de heißt: "umgangssprachlich, veraltet; Seit dem Massenmord an Juden während der Zeit des Nationalsozialismus sind auf Juden bezogene Redewendungen nicht mehr gebräuchlich" – oder einfach: die Lebenswelt von Juden ist uns fremd geworden. Synagogen waren tatsächlich (auch) Orte der lebhaftesten intellektuellen Diskussionen, wo es oft laut zuging, und wenn das für heutige Schulen zuträfe. dass sie nämlich Orte lebendigen Gedankenaustauschs wären, wer sollte daran Anstoß nehmen?





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