Martin(us) von
Tours, ca. 316 in Pannonien (heutiges Ungarn) geboren, aufgewachsen
in Pavia (Oberitalien), leistete Militärdienst in Gallien. Später
Mönch, Klostergründer und Wundertäter, schließlich Bischof von
Tours. Er wurde zu einem der beliebtesten Heiligen und gilt als
Schutzpatron Frankreichs. Er ist jener heilige Martin, der am 11.
November gefeiert wird, weil er seinen Mantel mit einem Bettler
geteilt hatte; ihm gilt die Martinsgans. Er war kein Märtyrer und
trotzdem beliebt. Er wird als "Schutzheiliger der Reisenden und
der Armen und Bettler sowie der Reiter, im weiteren Sinne auch der
Flüchtlinge, Gefangenen, Abstinenzler und der Soldaten"
[Wikipedia] verehrt. Ihm verdanken wir "Kapelle" im Sinne
von "kleiner Kirchenraum" (wie auch das englische chapel),
aber auch als "Gruppe von Musikern", "a capella"
und "Kaplan". Denn capella bedeutet im Lateinischen
eigentlich "Mäntelchen" (bzw. cape), über die
Reliquie Martins (seinem halben Mantel) und ihren Aufbewahrungsort
schließlich auch im kirchlichen Sinne "Kapelle" und die
davon abgeleiteten Begriffe. "Musikkapelle" übrigens, weil
sich Musiker in der Kapelle zusammenfanden, um zu musizieren.
Die "Kirche"
– sie hat zwei Bedeutungen, die Gesamtheit der (katholischen)
Christen wie auch das Gebäude – stammt als Begriff aus dem
Griechischen. κυριακόν (kyriakon) heißt "[Haus] des
Herrn" und wurde erst in die germanischen Sprachen (eben als
Kirche, church, kirk,
kerk etc.) übernommen – wie, ist nicht ganz geklärt –
und dann auch in andere Sprachen (russ. церковь,
serbokroat. црква/crkva,
finn. kirkko). Als
Gebäude ist die Kirche i.d.R. größer als die Kapelle; ist ihr
keine Pfarrei zugeordnet, ist sie ungeachtet ihrer Dimensionen nur
eine Kapelle. So ist beispielshalber die Marienkapelle in Würzburg
um einiges größer als so manches Kirchlein in derselben Stadt.
Im Lateinischen war
die Kirche – wiederum in zweierlei Wortsinn – ecclesia,
wovon sich die Bezeichnung in vielen nicht-germanischen Sprachen
herleitet, ob nun église
(frz.) iglesia
(span.) igreja
(port.) chiesa
(ital.) eaglais
(ir.), eglwys
(walis.) kilise
(türk.). Andere Sprachen übernehmen das Wort basilica,
eine griechische Bezeichnung, die ursprünglich "Königshalle"
bedeutet: baselgia
(rätorom.),
Große
Kirchengebäude, die einem Bistum als Hauptkirche dienen, nennen sich
Dom, Münster oder Kathedrale. Dom ist entstanden aus domus
domini (lat.:"Haus des Herren", entprechend dem
griechischen kyriakon);
Münster ist eigentlich die Stiftskirche eines Klosters (lat.
monasterium), und die
Kathedrale hängt wörtlich zusammen mit dem Katheder, dem Stuhl,
bzw. dem Lehrstuhl: als ecclesia
cathedralis die Kirche des Bischofsstuhls.
Im Ungarischen heißt
Kirche templom, "Tempel". Stimmt ja auch.
Das hebräische Wort
für einen Versammlungsort ist בית כנסת
, beth ha knesseth ("Haus der Zusammenkunft";
daher heißt das israelische Parlament Knesset). Bei der
Übersetzung der Bibel ins Griechische wurde analog dazu συναγωγή
(Synagoge) gebildet: aus συν- "zusammen" und αγειν
"führen, bringen". Über das (kirchen)lateinische Synagoga
als sinagoge seit dem Mittelhochdeutschen bezeugt. Deutsche
Juden gebrauchten häufig das jiddische Wort schul (tatsächlich
abgeleitet vom deutschen "Schule")*.
Die Versammlungsorte
moslemischer Mitbürger heißen auf arabisch masjid (oder
masdschid) und cami auf türkisch, auf deutsch
"Moschee". Masjid heißt "Ort des
Sich-Niederwerfens", also "Ort des Gebets" und der
Hinwendung zu Allah. Über das französische mosquée,
seinerseits aus dem spanischen mezquita, dem man die arabische
Herkunft noch ansieht. So wie die Mezquita-Catedral in Córdoba heute
die katholische Kathedrale der Stadt ist, im Inneren aber das
architektonische Juwel der maurischen Zeit ist und bleibt (neben der
Alhambra in Granada) und an eine der glanzvollsten Epochen der
Menscheitsgeschichte erinnert: al Andalus, das Kalifat von Córdoba,
als in Andalusien Muslime, Christen und Juden friedlich
zusammenlebten.
*früher
hörte man gelegentlich die Redewendung "hier geht es ja zu wie
in einer Judenschule". Seit der Nazizeit werden solche
Formulierungen gemieden, oder, wie es bei redensarten-index.de
heißt: "umgangssprachlich, veraltet; Seit dem Massenmord an
Juden während der Zeit des Nationalsozialismus sind auf Juden
bezogene Redewendungen nicht mehr gebräuchlich" – oder
einfach: die Lebenswelt von Juden ist uns fremd geworden. Synagogen
waren tatsächlich (auch) Orte der lebhaftesten intellektuellen
Diskussionen, wo es oft laut zuging, und wenn das für heutige
Schulen zuträfe. dass sie nämlich Orte lebendigen
Gedankenaustauschs wären, wer sollte daran Anstoß nehmen?
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