So einfach ist das nicht mit der
deutschen Nationalhymne!
Der Text stammt von
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1). Er war Germanist (wie
z.B. auch die Gebrüder Grimm), Dichter und – nach damaligen
Begriffen – ein verdächtiges Subjekt. Er erhielt
Berufsverbot, verlor seine (preußische) Staatsbürgerschaft und war
jahrelang auf der Flucht. Er stand der Bewegung des Vormärz nahe,
Menschen, die davon träumten, ein einiges Deutschland statt der
Vielstaaterei zu verwirklichen. Ein Staat für alle freien (!!
- das war aufrührerisch und subversiv!) Bürger deutscher Zunge
sollte es sein. Als die Bewegung die Revolution versuchte (im März
1848 – daher der Name 'Vormärz'), war Hoffmann allerdings selbst
nicht dabei.
Den Text des von ihm
schon so benannten "Lieds der Deutschen" schrieb er
auf der Insel Helgoland.. Helgoland hatte ein paar Hundert Einwohner,
deren Friesisch kaum einer verstand. Friesisch ist kein
deutscher Dialekt, sondern eine eigene Sprache!
Helgoland war zu
der Zeit britisch (und wurde erst 1890 deutsch; dafür gab das
Deutsche Reich alle Gebietsansprüche in Sansibar auf) (2).
Die Melodie wurde
komponiert von dem Österreicher Joseph Haydn (3); sie war
zunächst die österreichische Hymne mit dem Text "Gott!
erhalte Franz, den Kaiser." (4)
Haydns Melodie zu
Hoffmanns Text wurde erst 1922 (Weimarer Republik!) Nationalhymne.
Nach dem Krieg wurde
der inzwischen peinliche Text der ersten Strophe auf Anregung
von Bundespräsident Theodor Heuss (5) in der Bundesrepublik nicht
mehr verwendet, sondern nur der der dritten Strophe. Die zweite kennt
eh keiner mehr...
Die DDR hatte ihre
eigene Hymne, "Auferstanden aus Ruinen" mit dem Text
des Genossen Johannes R. Becher zur wunderbaren Melodie Hanns Eislers
(glauben Sie nicht? hören Sie das mal auf Youtube!)(6)
Als Gegenentwurf zu
Hoffmann von Fallerslebens heute missverständlichem Text verfasste
Bert Brecht (7) mit seiner "Kinderhymne" einen Text,
wie er schöner nicht hätte sein können.
Leider hat die
damalige deutsche Regierung unter Helmut Kohl nach der
Wiedervereinigung die Chance nicht ergriffen, für die nicht mehr
geteilte Nation mit einer neuen Hymne ein Zeichen zu setzen. Einen
ergreifenden Text und eine einfach schöne Melodie hätte man
gehabt...
Kinderhymne
Text: Bert Brecht
1. Anmut sparet
nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht
noch Verstand
Daß ein gutes
Deutschland blühe
Wie ein andres
gutes Land.
2. Daß die Völker
nicht erbleichen
Wie vor einer
Räuberin
Sondern ihre Hände
reichen
Uns wie andern
Völkern hin.
3. Und nicht über
und nicht unter
Andern Völkern
wolln wir sein
Von der See bis zu
den Alpen
Von der Oder bis
zum Rhein.
4. Und weil wir
dies Land verbessern
Lieben und
beschirmen wir's
Und das Liebsten
mag's uns scheinen
So wie andern
Völkern ihrs.
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