Mal was über Orange.

Orange?

Samstag, 31. Dezember 2016

Ein höflicher Anfang und ein frohes Beginnen


Wir schreiben das Jahr2017. Noch fühlt es sich unvertraut an, doch mit der Zeit kommt die Übung.

In binärer Darstellung schreibt sich die Jahreszahl: 11111100001.
2017 ist eine Primzahl; sie ist durch nichts teilbar, außer durch sich selber und durch eins. Mathematisch gesehen, war's das.

Das Jahr des Herrn zweitausendsiebzehn – deux mille dix-sept, wie wir auch sagen können – ist eine Sekunde länger als die meisten Jahre: In der Nacht zum ersten Januar wurde eine Schaltsekunde eingefügt. Astronomisch notwendig, sagte man uns. Die meisten haben sie ohnehin nicht bemerkt.

Wohlgemerkt: das Jahr ist an sich kein Schaltjahr, hat also nur 28 Tage im Februar. Am 4. Januar bereits ist die Erde im Perihel, d.h. am sonnennächsten Punkt ihrer Umlaufbahn: nur 147.100.998 km entfernt. Im Aphel, dem sonnennächsten Punkt, ist sie mit 152.092.504 km am 3. Juli.

Bei näherer Betrachtung ist gar nicht so ganz klar, warum es ein Annus Domini ist, ein „Jahr des Herrn“. Der Herr, auf den hier Bezug genommen wird, ist ein Palästinenser, ein gewisser Jesus Christos, der irgendwann vier bis sieben Jahre vor der Zeitenwende geboren und gute dreißig Jahre danach gestorben sein soll.

Die Römer rechneten gewöhnlich nach den Regierungsjahren des jeweiligen Regenten (etwa so: „im zwölften Jahre der Kanzlerin Merkel“) oder nach der Gründung der Stadt Rom 753 Jahre vor unserer modernen Zeitrechnung; 2017 wäre also 2770 a.u.c. (=ab urbe condita).

Wir schreiben das Jahr auch MMXVII.

Nach jüdischer Tradition schuf G*** (ha-shem) die Welt vor 5778 Jahren; Rosch ha-Schana (das Neujahrsfest) fällt in diesem Jahr auf den 21.9.

Es ist auch das Jahr 1438 (ab 16. September: 1439) nach der Hedschra, der Flucht des Propheten von Mekka nach Medina. Ramadan fällt in diesem Jahr auf 27. Mai bis 24. Juni (wiederum christlicher Zeitrechnung).

Am 28. Januar 2017 beginnt für die Chinesen das Jahr des Hahns.

Allem Irrationalen abhold, führten die Revolutionäre der Französischen Revolution einen Kalender ein, der mit der Revolution beginnt. So gesehen, schreiben wir CCXXV (bzw. ab Vendémiere [Sept.] CCXXVI.

Feiertage sind für Arbeitnehmer günstig (hier im Folgenden: „ag!“), wenn sie auf einen Samstag, und besonders günstig, wenn sie auf einen Werktag (Mo-Fr) fallen; bei geschickter Planung lassen sich so „Brückentage“ und Feiertage zu Mini-Urlauben aneinanderhängen (Beispiel 2017: 1. Weihnachtstag fällt auf einen Montag, der 2. auf den Dienstag, so dass mit dem Heiligabend am Sonntag 3 arbeitsfreie Tage entstehen). Arbeitnehmer-ungünstig sind Feiertage, die auf einen (sowieso schon arbeitsfreien) Sonntag fallen, wie der Neujahrstag 2017.

Ostern 14. (Karfreitag) bis 17. April (ag!), 1. Mai (ag!), Himmelfahrt (25. Mai: ag!) Pfingsten (4. u. 5. Juni: ag!); Tag der Deutschen Einheit, 3. Oktober (ein Dienstag: ag! in Verbindung mit dem Wochenende davor). Reformationstag am 31.Oktober (ag! auch ein Dienstag. Nur 2017, da Luthers Thesenanschlag in Wittenberg aich zum 500. Mal jährt).

In manchen Bundesländern fallen mehr Feiertage an als in anderen. Dreikönig, Karneval, Fronleichnam (15. Juni), Mariä Himmelfahrt (15. August) und Allerheiligen (1. Nov.) sind nur in einigen katholischen, der Reformationstag (31. Oktober) (in anderen Jahren) und Buß- und Bettag (22. November) in manchen evangelischen Ländern Feiertage.
Das Jahr 2017 wird auch das Jahr der Wahlen: Landtagswahlen im Saarland (März), in Schleswig-Holstein und NRW (Mai) und Bundestagswahl (September), außerdem Wahl des Bundespräsidenten, des Präsidenten von Frankreich und Parlamentswahlen in den Niederlanden. Leider sind die Präsidentschaftswahlen in Amerika schon vorüber. Der vorgebliche Gewinner, Donald Trump, wird am 20. Januar ins Amt eingeführt, und das Unglück nimmt seinen Lauf.

Der Vogel des Jahres ist der Waldkauz (Strix aluco).

Im Mai findet der Eurovision Song Contest (a.k.a. Grand Prix Eurovision de la Chansoni) in Kiew (Ukraine) statt. Die Weltausstellung in Astana (Kasachstan).

So viel vorläufig.




iDer Name wurde 1992 offiziell geändert

Dienstag, 20. Dezember 2016

Europa und seine Traditionen



Die mediterrane Küche ist zu Recht berühmt. Allein schon die Zutaten: Oliven, Öl, Olivenöl, Knoblauch. Herbes de Provence. Also vor allem Thymian, Oregano, Rosmarin, Salbei und Basilikum,:was halt zum Knoblauch passt. Ziegenkäse und Rotwein (Côtes de Provence). Leckere Antipasti, Auberginen, Kleinigkeit vom Grill. Sauce Aioli (Knoblauch!), sowas.
Lecker ist das, finden alle.

Halten wir dagegen: die Küche der schwäbischen Hausfrau, bodenständig, guet, aber et so gsund wia die mediterrane, isch au klar. Andere Küchen, nicht nur in Deutschland, sind dagegen die reine Mängelverwaltung, mitunter durchaus genießbar, aber auf lange Sicht gesehen langweilig, eintönig, fad. Ich sage nur eins: Knäckebrot. Oder halt knäckebröd, oder knækbrød oder näkkileipä – Gestalt gewordene Askese: Langweiligkeit für Gourmets, die sich das Essen abgewöhnen wollen.



Gut, die Schweden haben ihren Sürströmming, an den sich keiner sonst herantraut; die Finnen haben Brot, in dem der Fisch schon drinsteckt, ,was zwar praktisch ist, aber kulinarisch jetzt nicht sooo...aber immerhin originell. Das schon. Im hohen Norden gibt‘s Rentierschinken, für den, der‘s mag. Aber großartig Käse haben sie nun nicht erfunden, die Skandinavier. Die Isländer haben zwar skyr, was so aussieht wie Frischkäse, aber so mit das langweiligste sein dürfte, was diese Insel hervorgebracht hat. Früher aß man auch Trottellummmen und Papageientaucher, sogar Walfisch, nur: schmeckt sowas wirklich?

Spielen wir einmal Detektiv und schauen beim isländischen Festmahl genauer hin: Der Grund dafür, dass dergleichen recht lustig sein kann, sind nicht diesúrsaðir hrútspunga – die eingelegten Hammelhoden (die es angeblich auch gibt), sondern Brennivín, bezeichnenderweise auch svarti dauði genannt, der Schwarze Tod.
das allseits so beliebte Wässerchen,
шнапс ist die gesellige Grundlage vieler Länder, snaps, wie die Schweden (svenskarna) sagen.

Natürlich trinkt nicht das ganze Europa Schnaps; interessanterweise gibt es eine ausgeprägte Bierzone (beer belt, würden die Amerikaner sagen), die sich im Kern von Böhmen bis Britannien erstreckt, und ein großer Teil unseres Landes liegt mittendrin. Ich rede hier natürlich von Oberfranken, einer Region, die mit einer konkurrenzlosen Vielzahl an Bieren aufwarten kann. Andrerseits wäre es undenkbar, das weinselige Unterfranken auszulassen. So geht es in vielen europäischen Ländern, und selbst Frankreich, ein Weinland wie kaum ein zweites, hat in Flandern und im Elsass zwei Bierregionen. Der Frankfurter wird die Ebbelwoi-Region vermissen, und Mineralwasser-Connaisseurs werden zu Recht auf die enorme Vielfalt von Mineralwassern allein in Deutschland hinweisen. Stimmt. Dazu war hier nicht Raum noch Gelegenheit.

Das eingangs erwähnte mediterrane Gebiet nun ist klassisches Weinland, und insbesondere der vin rouge, (vino tinto etc.) spielt eine zentrale Rolle. Darum leben die Leute im Mittelmeerraum so viel gesünder. „En Ebbel e Dey / kieps the Dokter ewey“ gilt für Ebbelwoi nicht, aber ein Glas Rotwein hält das Blut geschmeidig, also bleibt man gesund, wenn auch der einschlägige Wikipedia-Artikel eine gewisse Skepsis an den Tag legt.

Andererseits darf als erwiesen gelten, dass die Gleichung ""Rotwein ist gesund“ zu den ältesten Ausreden der Menschheit gehört.

Am Schluss noch ein Verslein von Franz Josef Degenhardt1 aus dem Lied „ Weintrinker “:
Ich möchte Weintrinker sein,
und nicht immer diese hellen Schnäpse saufen,
nicht von Dingen reden, die nur mich angehn,
mir nicht für zwei Gläser Bier Verständnis kaufen,
nicht mit jenen streite, die am Tresen stehn.


1Franz Josef Degenhardt war der zweifellos wichtigste Liedermacher der 68er-Generation; das Lied entstammt jedoch seiner ersten LP, Rumpelstilzchen, die 1963 erschien.

Dienstag, 29. November 2016

10 gute Gründe, nicht RTL zu schauen



10 Mario Barth und überhaupt "Comedy." Dümmliche Witze, über die der er selbst am meisten lacht; im Grunde seit 10 Jahrenderselbe Witz! Comedy heißt in dem Fall, man erzählt Witze, als wären sie einem selbst passiert, oder man sieht irgendwie lustig aus, am Besten wie ein Asso.

9 Scripted Reality: Schauspieler spielen asoziale Arschlöcher, vor Gericht oder daheim. Hauptsache, sie sind ordinär, keifen rum und wollen einander (oder anderen) an die Gurgel. Oder sie sind Versager, und brauchen Expertenrat. Im TV (früher: "Fernsehen") heißt so was gern "DokuSoap"; es bleibt jedoch fraglich, was tatsächlich etwas dokumentiert, und was dem Soap-Teil (der emotional-fesselnde Aspekt) entspricht. Dichtung und Wahrheit mischen sich auch undurchsichtig bei "Rach der Restauranttester" oder "Die Supernanny" oder "Frauentausch".

8 Quiz-Shows, die immer mehr zu Shows werden und immer weniger mit tatsächlichem Wissen zu tun haben. Ein großer Teil der Fragen bezieht sich auf RTL-kompatible Kenntnisse (Boulevard-Tratsch und sender-eigene Programme) und sehr spezielles Fachwissen für Fussball-Nerds. Ein Großteil der deutschen Fernsehzuschauer hält übrigens Günter Jauch für den klügsten Deutschen; er versucht auch stets, die Antworten, die er auf Kärtchen bzw. Monitor geliefert bekommt, wie eigenes Wissen aussehen zu lassen. Immerhin ist er persönlich unterhaltsam.

7 Domino Day und ähnliche Mega-"Events." Events, die viel gehypt (sprich: geheipt) werden, so dass man sie unbedingt gesehen haben muss, wobei der eigentliche Inhalt der Veranstaltung völlig vernachlässigbar sein darf. Wie z.B. eine Turnhalle voller Dominosteine beim Umfallen zuzuschauen. (Der Blödsinn ist denn doch zu teuer und wurde vor ein paar Jahren eingestellt).

6 Dschungelcamp. Am Anfang waren der Container und eine Handvoll Leute, die sich eine Zeitlang darin einsperren lassen, bis auch der letzte durch Zuschauer-Votum gekürt, rausdarf und belohnt wird. Den Teilnehmern konnten die Zuschauer stundenlang in Echtzeit dabei zuschauen, wie nichts passierte. Irgendwie mega-langweilig. Darum nimmt man jetzt ein paar C-Promis, steckt sie in einen "Urwald", wo sie Insekten fressen und sonstige eklige Sachen tun müssen, moderiert von zwei nervigen Moderatoren, bis irgendwie alle nicht mehr mögen.

5 "Casting Shows", a.k.a. Möchtegern-Models demütigen. Das geht so: Eine Frau, die schön ist (das ist ja Geschmackssache; blond ist sie jedenfalls), selber Model ist und auf den schönen Namen Heidi Klum heißt, und dann sucht Deutschland das nächste Supermodel (Okay, das läuft auf Pro7, aber das ist ja derselbe Sender). Jedenfalls werden dabei ein paar Dutzend gutaussehende Mädchen nach einer Reihe von "Challenges"gründlich durchgestylt werden (und die Zuschauerinnen lernen dabei, was Modelling für ein taffer Job ist: jaha, die Heidi verdient ihre Millionen nicht einfach so), bis eine von ihnen unter Tränen (eigenen und denen der anderen) nach dem Urteil einer "Jury" (d.h. Heidi & zwei Spießgesellen) zur Siegerin gekürt wird.

4 Deutschland macht sich zum Affen: Diesmal sucht das ganze Land den "Superstar", dem ein Plattenvertrag winkt. Die meisten Zuschauer sehen das gerne, weil Jury-Mitglied Dieter Bohlen zuverlässig den Kotzbrocken gibt. Manchmal haben die Gewinner tatsächlich ein gewisses Maß an Talent (nämlich so zu klingen und aufzutreten, wie ein echter Star). Manchmal sucht Deutschland auch ein "Supertalent", und das kann wirklich was, von Ave-Maria-Steptanz, Obertongesang oder Michael-Jackson-Moonwalk.

3 Ständige Werbepausen. So viel kann man gar nicht Pinkeln gehen, wie RTL Werbepausen macht. Muss sein, denn so finanziert sich ein Kommerzsender halt. Aber wenn mir erzählt wird "Die folgende Sendung präsentiert ihnen XY Pizza von Z", dann ist mir das doch zu surreal.

2 Bauer sucht Frau. Diese Sendung, verehrte Damen und Herren, schlägt dem Fass den Boden aus. Ich habe keine Ahnung, ob diese Sendung gescripted ist oder nicht: Sie ist geschmacklos, so oder so. Es werden einem mehrere unbedarft aussehende "Bauern" – ein Berufsstand mit ernsthaften Nachwuchsproblemen übrigens – und mehrere vom Leben irgendwie übergangene Mädels vorgestellt. Die Mädels werden rührend von den jeweiligen Bauern umsorgt, und manchmal finden zwei Herzen zueinander. Aber die Sendung bedient sämtliche Klischees, von "Tumber Bauer" und "Kuh Erna im Stall" bis "naja, die hat natürlich keinen abgekriegt, so wie die ausschaut".

1 die hundert doofsten Ranking-Shows. Äpfel mit Birnen vergleichen, und dann eine Rangliste aufstellen – ja, geht’s noch?

Sieben Tage sieben Nächte

Man könnte sich natürlich fragen: Warum gerade sieben Tage? Christen und Christen werden sich an Genesis 2.2 erinnern, wo es heißt: Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und an diesem Tag ruhte er.

Wissenschaftlich lassen sich die sieben Tage der Woche auf die alten Babylonier zurückführen, die als erste eine Verbindung herstellten zwischen den Wochentagen und den sieben Planeten. Und warum gerade sieben Planeten? So viele hatten die Babylonischen Astronomen am Himmel entdeckt. Jedem Planeten war ein Tag zugeordnet, und zwar in der Reihenfolge Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus, Saturn und Sonne. i

Diese Gottheiten hießen natürlich bei den Babyloniern anders als bei den Griechen, den Römern oder bei uns. Aber sie hatten in mancherlei Hinsicht vergleichbare Rollen im jeweiligen Pantheon, wie wir gleich sehen werden.

Zunächst einmal: Mit welchem Tag fängt die Woche an? Der moderne Mensch denkt vielleicht ans Weekend, und das ist ja bekanntlich Samstag und Sonntag; die Arbeitswoche beginnt dann logischerweise am Montag. Kann man so sehen, muss man aber nicht; wenn Gott am siebten Tage ruhte, nämlich am Sabbat, wie uns die Bibel und der Talmud lehren, dann fängt die Woche am Sonntag an. Und wenn man den Ruhetag am Freitag feiert, wie es unsere muslimischen Mitbürger halten, beginnt die Woche am Samstag,

Fangen wir halt mit dem Sonntag an: Diesem ist – leicht zu sehen – die Sonne zugeordnet. Darum heißt er ja Sonntag, oder Sunday, oder Dydd Sul (letzteres ist walisisch). In den romanischen Sprachen heißt er allerdings Dimanche, Domingo oder (auf rumänisch) duminică. Das ist, wörtlich gesehen, "Tag des Herrn". Soweit reicht unser Latein und unsere Fantasie. Beim Montag ist es noch einfacher; von Monday und unserem Mond-Tag bis hin zu Luni (wieder rumänisch). Luni, wie auch Lundi (frz.), Lunes (span.) oder Lunedi (ital), leitet sich natürlich ab von lat. Luna, der Mond. Und auch die Kelten halten mit: Dydd Llun.

Aber der nächste Tag soll mit dem Kriegsgott Mars assoziiert sein? Na gut, bei Mardi (frz.) und Martes (span.) einzusehen; mit etwas Mühe auch Dydd Mawrth (ja, richtig: Das ist schon wieder Walisisch. Auf Irisch heißt der Tag mairt.) Nur: Was ist mit Tuesday? Tues? Dienstag?? Nun, die Germanen kannten einen Gott, Tiw (auf nordisch : Tyr), der wohl eine Art Kriegsgott gewesen sein dürfte. Interessanterweise findet er sich auch im griechischen Ζεύς im römischen Gott Jupiter (das Ju- entspricht dem Zeus, das -piter heißt eigentlich Vater, also "Göttervater") wieder. So läßt sich Latein, Griechisch und Germanisch auf dieselbe Wurzel zurückführen.

Gönnen wir uns eine kleine Pause. Mittwoch ist ja wohl "Mitte der Woche". Genau. Nur – warum heißt der Tag dann Wednesday auf Englisch, und Mercredi auf Französisch? In diesen Sprachen sind dann doch wieder die Götter dabei. Der germanische Gott Odin hieß bei den Angelsachsen Woden und heißt bei den Richard-Wagner-Fans auch Wotan. Er ist der oberste der Götter, und Wodens-day → Wednesday ist sein Tag. In den romanischen Sprachen jedoch steckt ein ganz anderer Gott dahinter, nämlich Merkur (mercredi, miercoles; daher auch Esperanto Merkredo) Wo die Iren ihren Céadaoin herhaben, weiß ich nicht – es soll ja auf den keltischen Gott Céadii zurückzuführen sein.
Die Isländer nennen den Tag Miðvikudagur, und man muss kein Isländer sein, um unseren Mitt-woch zu erkennen. Laut Wikipedia ist auch in den slawischen Sprachen der Mittwoch die Wochenmitte. Das glauben wir jetzt mal einfach.

Donnerstag. Das ist tatsächlich relativ einfach, Donar bei den Germanen, und bei den nordischen Völkern sowie bei Marvel Comics der Gott des Donners, a.k.a. der Mann mit dem Hammer. Wir kennen sogar den Namen des Hammers, mjölnir, der Zermalmer. Ganz anders hingegen der Freitag. Der heißt nicht so, weil man da frei hat, sondern er heißt nach der Venus und ihren Entsprechungen. Daher Vendredi und Viernes; die germanische Göttin hieß Freja, und ihren Wagen zogen Katzen (-ernsthaft!), und sie war eine gar liebliche Erscheinung.

Bei den Italienern heißt der Freitag aber Jovedi, und das heißt "Iovis dies", Tag des Jupiter. Merkwürdig.

Der Samstag ist der Sabbat, da scheint man sich weitgehendiii einig zu sein, und indirekt davon abgeleitet sind auch Samstag, Samedi oder Sabado. Doch der Tag hat noch einen Namenspatron, nämlich den Gott der Unterwelt, Saturn, und so heißt er Saturday oder Dydd Sadwrn (auf – genau, walisisch). Im (protestantischen) Norden des deutschen Sprachgebiets heißt der Samstag meist Sonnabend. Das heißt "Vorabend des Sonntags" (ähnlich wie Heiligabend der "Vorabend von Weihnachten" ist – im Englischen noch deutlicher: Xmas Eve). Und das hänge, so heißt es, mit der angelsächsischen Mission zusammen (vgl. St. Bonifaz). Es könnte aber der Versuch sein, sich vom Sabbat der jüdischen Mitbürger abzugrenzen.

Kurz gesagt: Unsere Wochentage sind multikulti. Bei der Namensgebung beteiligt waren unsere Vorfahren, die Germanen, aber auch die Römer, die Juden und die eine oder andere keltische Gottheit.

Die Fußnoten
iDen Hang zu "sieben" haben wir übrigens über mehrere Kanäle bekommen: Über den Vorderen Orient, das Judentum, die Kirche, aber auch die Griechen (sieben Weltwunder!), den Islam und viele Geheimlehren. Und jawohl, Sonne und Mond sind keine Planeten. Was die Babylonier jedoch richtigerweise feststellten war, dass sie zu den wenigen Himmelskörpern gehörten, die ihre Bahn zogen.

iiÜber den weder mein Collins Pocket Irish Dictionary noch Das Oxford Dictionary of Irish Mythology Näheres weiß. Wahrscheinlich der Gott des Mittwochs. Der Mittwoch der walisischen Kelten ist ordnungsgemäß auf den Merkur zurückführen: Dydd Mercher.

iiiOffen gestanden ist die Ableitung des "Samstags" von Sabbat durchaus umstritten; andere Ableitungen, etwa aus dem Griechischen oder aus keltischen Wurzeln, sind oft sehr konstruiert und wenig überzeugend.

Bonus-Zeilen:
The Week In Classic Popular Music

The Mamas & the Papas, Monday Monday (1966)

The Rolling Stones, Ruby Tuesday (1967)

John Lee Hooker, Wednesday Evening Blues (1960)

Dave Dee, D, B, M & T, Mrs. Thursday (1968)

The Cure, Friday I'm in Love (1992)

The Bee Gees, (Saturday) Night Fever (1978)

The Small Faces, Lazy Sunday (1968)

Montag, 31. Oktober 2016

Das Lied, die Deutschen


So einfach ist das nicht mit der deutschen Nationalhymne!


Der Text stammt von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1). Er war Germanist (wie z.B. auch die Gebrüder Grimm), Dichter und – nach damaligen Begriffen – ein verdächtiges Subjekt. Er erhielt Berufsverbot, verlor seine (preußische) Staatsbürgerschaft und war jahrelang auf der Flucht. Er stand der Bewegung des Vormärz nahe, Menschen, die davon träumten, ein einiges Deutschland statt der Vielstaaterei zu verwirklichen. Ein Staat für alle freien (!! - das war aufrührerisch und subversiv!) Bürger deutscher Zunge sollte es sein. Als die Bewegung die Revolution versuchte (im März 1848 – daher der Name 'Vormärz'), war Hoffmann allerdings selbst nicht dabei.
Den Text des von ihm schon so benannten "Lieds der Deutschen" schrieb er auf der Insel Helgoland.. Helgoland hatte ein paar Hundert Einwohner, deren Friesisch kaum einer verstand. Friesisch ist kein deutscher Dialekt, sondern eine eigene Sprache!
Helgoland war zu der Zeit britisch (und wurde erst 1890 deutsch; dafür gab das Deutsche Reich alle Gebietsansprüche in Sansibar auf) (2).
Die Melodie wurde komponiert von dem Österreicher Joseph Haydn (3); sie war zunächst die österreichische Hymne mit dem Text "Gott! erhalte Franz, den Kaiser." (4)
Haydns Melodie zu Hoffmanns Text wurde erst 1922 (Weimarer Republik!) Nationalhymne.
Nach dem Krieg wurde der inzwischen peinliche Text der ersten Strophe auf Anregung von Bundespräsident Theodor Heuss (5) in der Bundesrepublik nicht mehr verwendet, sondern nur der der dritten Strophe. Die zweite kennt eh keiner mehr...
Die DDR hatte ihre eigene Hymne, "Auferstanden aus Ruinen" mit dem Text des Genossen Johannes R. Becher zur wunderbaren Melodie Hanns Eislers (glauben Sie nicht? hören Sie das mal auf Youtube!)(6)
Als Gegenentwurf zu Hoffmann von Fallerslebens heute missverständlichem Text verfasste Bert Brecht (7) mit seiner "Kinderhymne" einen Text, wie er schöner nicht hätte sein können.
Leider hat die damalige deutsche Regierung unter Helmut Kohl nach der Wiedervereinigung die Chance nicht ergriffen, für die nicht mehr geteilte Nation mit einer neuen Hymne ein Zeichen zu setzen. Einen ergreifenden Text und eine einfach schöne Melodie hätte man gehabt...

Kinderhymne
Text: Bert Brecht

1. Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.

2. Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.

3. Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.

4. Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir's
Und das Liebsten mag's uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

senkrecht & waag

senkrecht kommet vom senk=bley, auch loth genennet. dieses ist verwandt dem englischen lead, das heiszet bley. da man auch loth saget, gilt loth=recht dem senkrecht gleich.

Das senk heiszet senkel, also schnur, denn das senk=bley ist ein metallen gewicht an einer schnur. derenthalben heiszet die vorrichtung in französischer zunge fil à plomb. Ähnlich ist die maurer=schnur: sie dienet der geraden flucht allgemein, will sagen auch in anderen richtungen als der senkrechten.

waagerecht heiszet nach der wasser=waag, in der eine luft=blase, libelle genennet, die ebene ausrichtung des ganzen geräths anzeiget, so sie in der mitte schwimmt. im englischen heiszet man solches geräth spirit=level, denn level heiszet eben, in der waag. so man also eine person level=headed rufet, so ist sie in der waag, will sagen bey gesundem verstande.

horizontal saget man wegen des horizonts. So bezeichnet man im griechischen den gesichtskreis, da man saget ὁρίζων. dies bedeutet in deutscher zung auch den erd=kreis: so weyt unser auge reichet (und darob auch finitor genannt).
vertikal ist latein und heiszet scheitel=recht, mithin nach dem scheitel=punkte (vertex) ausgerichtet.so in etwa als liesze man vom scheitelpunkte, auch zenith geheiszen, ein loth herab.




Donnerstag, 20. Oktober 2016

Historische Wurzeln der Bundesländer

Anhalt 1863-1918i; Hzm aus einigen Fsm. (A.-Dessau, A.-Bernburg, A.-Köthen u. A- Zerbst)
Baden: Ghzm. 1806-1918
Bayern: Kgr. 1806-1918
Berlin ursprünglich von Brandenburg mitregiert, seit 1701 Sitz der Könige in/(seit 1777: von) Preußen. Hauptstadt des Kaiserreichs (1871-1918), der Weimarer Republik, der Nationalsozialisten (bis Kriegsende 1945); in 4 Sektorenii geteilt; Ostberlin wurde "Hauptstadt-der-DDR," der westliche Teil ("Trizonesien"), "West-Berlin," wurde de facto Bundesland der BRD, aber die Hauptstadt war Bonn. Seit der Wiedervereinigung durch den Einigungsvertrag ist Berlin wieder deutsche Hauptstadt.
Mecklenburg 'reichsunmittelbar', also Regionalbezeichnung
Holstein: Hzm seit 1474
richtig deutsch?
© M.Velardo
Pfalz Herrschaftsgebiet des 'Pfalzgrafen bei Rhein'; später geteilt in Kuriiipfalz (rechtsrheinisch) und Rheinkreis (linksrheinisch). Dieser wurde 1816 bayerisch. Die heutige bayr. Oberpfalz ist ein anderes Territorium.
Nordrhein: die nördliche ehemalige preußische Rheinprovinz (vgl. auch Rheinland-Pfalz)
Rheinland (-Pfalz; vgl Nordrhein-Westfalen) ehem. preußische Rheinprovinz + Teile von Hessen-Nassau + Rheinhessen.
Saarland: "Saargebiet" 1920 aus dem Reich ausgegliedert, nach e. Volksabstimmung (1955) im Jahre 1957 wiedervereinigt (bekam 1959 erst die DM!)
Schleswig bis 1864 (zusammen mit Holstein) Teil von Dänemark; seit 1864iv Hzm.
Südschleswig ist deutsch, (aber nie Teil des Deutschen Reiches!) Nordschleswig dänisch.
Thüringen: reine Gebietsbezeichnung
Vorpommern = das preußische Pommern westlich der Oder; V.-Rügen und V.-Greifswald; komplizierter Grenzverlauf; Teil v. Pommern heute Polen
Westfalen: ehem. preußische Provinz Westfalen; Kgr. Westphalen [sic!] 1807-1836
Württemberg: Kgr. 1805-1916
Abkürzungen: Kgr. Königreich, Ghzm. Großherzogtum, Hzm: Herzogtum Fsm. Fürstentum


Sachsen:
Das -sten (ndt. & dän.) in S.-Holstein ist abgeleitet von einem Sachsenstamm namens Holsaten (Holzsachsen)
Niedersachsen: ehem. Kgr, Hannover, sowie Braunschweig, Oldenburg u Schaumburg-Lippe (von 1945 bis 1946 unabh.)
Sachsen-Anhalt Neugründung
Sachsen: Kgr. 1806-1918

"Freistaaten":
Bayern, Sachsen, Thüringen; nach d. Krieg bis 1962 auch Baden sowie Freistaat Coburg (1920 mit Bayern vereinigt). "Freistaat" auf Lateinisch: "res publica": geht alle an und keinen interessierts...

Stadtstaaten:
HH, HB (nit Bremerhaven) und Berlin.
Alle drei Stadtstaaten haben einen 'Bürgermeister' als Regierungsoberhaupt; in Berlin heißt er 'Regierender' und in Hamburg 'Erster'; in Bremen ist er nur 'Bürgermeister' (und Bremerhaven, das an sich auch zu Bremen gehört, hat einen eigenen).
In den Stadtstaaten bildet ein 'Senat' die Regierung; das Parlament der jeweiligen Stadt heißt 'Abgeordnetenhaus' in Berlin und 'Bürgerschaft' in den Hansestädten Hamburg und Bremen. Berlin ist keine Hansestadt.



Hansestädte mit eigenem Autokennzeichen sind:
Bremen (HB),), Greifswald (HGW), Hamburg (HH), Lübeck (HL), Rostock (HRO), Stralsund (HST) und Wismar (HWI). Daneben sind an die 20 weitere Städte Hansestädte, haben aber kein eigenes Kennzeichen.

fehlende Länder:
Franken, immerhin Herzogtum bis zur Eingliederung in Bayern
Hohenzollern: Hohenzollernsche Lande (Hechingen, Sigmaringen) zwischen Baden und Württemberg
Lippe: die Rose im NRW-Wappen:

 a propos Wappen:

Niedersachsen hat dasselbe Pferd auf rotem Grund. Sonst nichts.

Hessen und Thüringen haben sehr ähnliche Löwen; der Thüringische hat noch eine Krone und ein paar Sterne, die einzelne Landesteile darstellen, wie Sachsen-Coburg-Gotha , oder Sachsen-Weimar-Eisenach.
Sachsen-Anhalt jedoch nicht: Das ist ein eigenes Bundesland mit eigenem Wappen: schwarz und gold gestreift mit grünem Rautenkranz für Sachsen (und für das Bundesland Sachsen), der Adler steht für Preußen (weil die überall mitgemischt haben) und der Bär stellt Anhalt dar.


Noch ein Bär findet sich im Wappen Berlins (o.Abb.); Mecklenburg hat einen Stierkopf (zweimal), den Greifen (Vorpommern) und einen etwas zauselig wirkenden Adler ( brandenburgisch).  



Baden-Württemberg hat Löwen, aber immerhin drei; die beiden Löwen (heraldisch gesprochen übrigens Leoparden) im Wappen von Schleswig sind blau: die rechte (heraldisch gesprochen: linke) Seite des Wappens sieht aus, als wäre ein Fenster in die Brüche gegangen. Vielleicht typisch für Holstein.
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Ein einzelner Löwe hat sich nach Rheinland-Pfalz geschlichen:

Das rote Kreuz ist Trier; das Mainzer Rad steht für Mainz, der Löwe für die Pfalz.


Machen wir's kurz: Saarland hat ein Wappen, bei dem unten rechts (heraldisch...? Links!) der pfälzer Löwe auftaucht; das rote Kreuz steht hier für Trier; der silberne Löwe steht für Saarbrücken und die drei Zugvögel stehen für Lothringen. Ganz schön viel Wappen für ein so kleines Land!
Bremen hat einen Schlüssel als Wappen.
Seltsamerweise verwendet die Hamburger Wochenzeitung die Zeit eben dieses Wappen in seinem Logo:

Hamburg hat ein Tor: das Tor zur Welt. Naja.

Bleibt Bayern; das Wappen ist entweder einfach, nämlich weiß-blaue (niemals blau-weiß sagen!) Raute. Oder das große Staatswappen:  
Den Löwen auf schwarz kennen wir schon aus der Pfalz; der Kollege darunter, in blau, steht für Ober- und Niederbayern. Die drei herschauenden Löwen (Leoparden...) stehen für Schwaben, und der rot-weiße "fränkische Rechen" steht für Franken. In der Mitte die weiß-blauen Rauten.
Die Fußnoten:
i Mit dem Ende des Deutschen Reichs aufgelöst und in die (Weimarer) Republik eingegliedert. Die Weimarer Republik war übrigens mit Hauptstadt und Parlament (Reichstag!) in Berlin, nicht in der thüringischen Kleinstadt Weimar!

iiDie BRD bestand aus der Amerikanischen, Britischen und Französischen Zone, Die DDR aus der Sowjetischen (westdt. Sprachgebrauch: SBZ – Sowjetisch besetzte Zone oder einfach : die Zone ), die vier Teile Berlins waren die Sektoren.

iii'Kur'pfalz, da der Pfalzgraf im alten Reich einer der sieben Kurfürsten war, die den Kaiser wählten. "kur" ist abgeleitet von "küren", was "wählen" bedeutet. Die sieben Kurfürsten waren der König von Böhmen, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg, der Pfalzgraf bei Rhein sowie die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier; später fiel die Kurfürstenwürde an den Herzog Bayern (ersetzte den Pfalzgrafen) und an den Herzog von Braunschweig (den späteren Kurfürsten von Hannover)
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iv1864 Deutsch-Dänischer Krieg; 1866 Preußisch-Deutscher Krieg