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Orange?

Samstag, 2. März 2013

eEine TastaTour





Wenn jemand, wie das allzeit schlaue Online-Lexikon Wikipedia, erklärt, das Wort „Tastatur” komme einerseits von italienisch „tasto” und sei andererseits schon 1801 nachgewiesen, stutzt man: Gab es damals schon Computer? Nicht einmal die Schreibmaschine, wie wir sie kennen. Nein: Tastaturen haben auch Musikinstrumente (wie das Klavier oder das Akkordeon – das gilt übriegens auch für das englische „keyboard”). Aber wer kennt noch das fast musikalische ra-ta-ta-ta-ta-ta—ping-ratsch-ra-ta-ta- einer (mechanischen) Schreibmaschine?
Und doch: Fast jede[r] von uns geht fast täglich mit einer Tastatur um, und vielleicht lohnt es sich, einmal etwas genauer hinzuschauen, was einem da geboten wird..

(Wir fangen oben links an; streng genommen wäre da in der allerobersten Reihe die Esc[ape]-Taste - praktisch der Notausgang. Die Schreibmaschine hatte dergleichen nicht (nötig). Daneben noch eine Unmenge (na gut: ein Dutzend) Sondertasten, F1 bis F12, deren Funktion v.a. vom Betriebssystem abhängig ist. Die lassen wir jetzt weg und schauen eine Reihe tiefer)

. Da gibt es:

° Grad und zwar Temperatur, Winkel (erinnern Sie sich noch: Mathe...), damit auch (Längen- und Breiten-)Grad. Das Zeichen hat in manchen Sprachen auch eine phonetische Funktion, etwa im Schwedischen (å – das wird zumindest heute im Schwedischen wie 'o' gesprochen und heißt dann auch o-Kringel. Andererseits spricht sich etwa der Physiker Ångström [ˈɔŋˌstrøm]; die Aussprache war früher üblich). Oder im Tschechischen (ů – langes 'u', aber es ist nicht das °, das die Länge ausdrückt! Es hat eigentlich nur historische Gründe.). In den hilflosen Versuchen, den Laut [ɔ] – ein dumpfer Laut zwischen a und o – in zahllosen deutschen Dialekten wiederzugeben, wird oft zum å gegriffen: "es wår ämål" sagt beispielsweise der Franke für "once upon a time".


Der kleine Strich, den manche Deutsche auf dem 'u' schreiben (nicht als Umlaut gedacht), ist kein °, sondern er verdankt sich der altdeutschen Schreibschrift (Sütterlin), wo zur Unterscheidung des u vom n – die ansonsten identisch aussahen – ein kleiner Haken gebraucht wurde. Manche haben das in die lateinische Schreibschrift übernommen.

" oben, unten, einfach und doppelt, französische: Es gibt der Anführungszeichen viele (vielleicht sollte man sagen: Zitierzeichen (1). „Gänsefüßchen” halt.), und ihre Verwendung ist beileibe nicht auf wörtliche Zitate beschränkt. Oft schaffen sie ironische Distanz (das ist also seine neue „Ehrlichkeit" – dass ich nicht lache!) oder deuten an, dass etwas mit Vorsicht zu genießen ist. Jedenfalls heben sie Textteile aus dem Zusammenhang heraus, nennen Dinge beim Namen. Interessant wird es, wenn sie das im Rahmen eines Zitats tun: „Er tat ihre Einwände als ‚Gewäsch’ ab” (gemerkt? Das Zitat im Zitat steht zwischen einfachen Anführungszeichen)(2)
In anderen Sprachen gibt es auch noch andere Zitierzeichen: die «französischen», und zwar <einfach> und «doppelt», und natürlich nach »innen« und nach «außen ».

§ das Paragraphenzeichen (heute auch gerne -graf-) ist ein Zeichen zur Markierung von Absätzen; das Zeichen besteht offensichtlich aus zwei S und könnte somit als Abkürzung von "signum separandi" (Trennzeichen) gelten. Jedenfalls kennt man es heute ganz überwiegend aus einem juristischen Kontext, etwa als Mittel zur Unterteilung von Gesetzen.

$ auch das weltweit geläufige Zeichen für den Dollar ist von nicht geklärter Herkunft. Es scheint mysteriös, dass "Dollar" (ein Wort, das sich übrigens vom deutschen "Thaler" herleitet.
Daher zahlt man in Entenhausen mit – Talern) nicht mit D, sondern mit einem S bezeichnet wird, und auch die beiden senkrechten Striche geben Rätsel auf. Eine zumindest originelle unter den zahllosen Theorien geht von einem monogramm-ähnlichen Übereinanderlegen von U und S (für "United" und "States") aus, wobei das U sich allmählich zu den beiden Strichen entwickelt hätte.Jedenfalls hat der Dollar Nachahmer gefunden, denn eine Reihe von Währungen nutzt ebenfalls den parallelen Doppelstrich als Symbol für "Währung", so das britische Pfund (), der japanische Yen (¥) und natürlich der europäische Euro (€). Auf der Tastatur ist der $ von Haus aus immer, der € inwischen so gut wie immer, das ₤ selten und der ¥ nie; diese Zeichen muss man über die Zeichentabelle einfügen

% das Zeichen für Prozent ist eine clevere Übernahme aus der Mathematik; es ist sinnfällig, ausgewogen und - auch wenn im Nenner eine Null steht (womit der Wert des Ganzen mathematisch ausgedrückt => ∞, was wiederum ≠ ) irgendwie auch logisch. Egal: mit zwei Nullen im Nenner, also ‰, heißt es Promille, "je Tausend" – 'mille' heißt ja 'Tausend', nicht 'Million', und 'Zent-' kommt von 'centum', 'Hundert' und nicht 'Zehn' – und daher heißt "Prozent" auch "je Hundert".

& Ampersand: heißt "und" bei den Buchdruckern, nicht "plus"! Da ist schon ein Unterschied; wenn man einen Firmennamen wie Müller & Co. hat, ist das OK. Schriebe man Müller + Co, sähe das a) albern aus oder b) heutzutagig (wobei, mathematisch ausgedrückt, oft gilt b = a.) Die Schreibweise &c. für et cetera gilt als veraltet, obwohl sich & von da herleitet: Es ist entstanden aus dem Lateinischen "et" für "und". Der Name Ampersand kommt übrigens von "and" "per se and", etwa "und" "an und für sich".

/ bzw. \, das heißt Slash und Backslash, oder natürlich Schrägstrich (hin und her?). Beide wurden ersonnen, um zu trennen. So schreibt man Alternativen/Optionen (statt 'oder' auszuschreiben); man trennt Zähler und Nenner 23/97 (doch verbindet der Schrägstrich sogar manchmal, etwa bei „Hausnummer 23/25”). Ob das eine Verbindung ist oder eine selbstbewusste Trennung, wenn man einen Stadtteil aufführt als „Würzburg/Versbach”, sei dahingestellt. Früher einmal war er auch trennendes Satzzeichen (ein Vorläufer des Kommas), und in manchen Ländern schreibt man das Datum damit: 26/4/1986. Doch aufgepasst: das ist nicht DIN-gerecht!
Im Zusammenhang mit Computern gilt: Der umgekehrte Schrägstrich (Backslash) wird in manchen Systemen, vor allem auch in Windows™, verwendet, um die Verzeichnisebenen einer auf der Festplatte gespeicherten Datei darzustellen. Etwa so: C:\Eigene Dateien\Fotos\Griechenland-Urlaub\Rosi.jpeg. Bei Internet-Adressen hingegen kommt stets der normale Schrägstrich zum Einsatz: (jetzt nur mal so als Beispiel): http://www.dolmetscherschule.de/de/absolventen.html

( [ { und zurück } ] ) Die normale Tastatur hat drei Arten von Klammern; mit ihnen lassen sich Hierarchien ausdrücken, also eine Erklärung in der Erklärung in der Anmerkung, etwa so: Laurence Sterne (Autor des Tristram Shandy  [ das ist einer der wichtigsten {und kurzweiligsten } Romane der Literaturgeschichte]) lebte hier bis zu seinem Tode". Das klingt jedoch nicht nurr kompliziert, das ist es auch. Man sollte dergleichen vermeiden! 

= heißt „ist” bzw. „sind”; darüber hinaus ist das Zeichen ein (sehr) altmodischer Bindestrich. Warum ist das Zeichen auf der Tastatur? Weil man dann auch mal 5 gerade sein lassen kann („5 = gerade”)

? Fragmichzeichen; im Spanischen (wie !) auch umgekehrt am Anfang des jeweiligen Satzes. ¿Wozu das gut ist?  ¡Eine tolle Sache! Erfindungen wie das „Ironiezeichen” (ein spiegelverkehrtes Fragezeichen) sind hingegen weitgehend unnötig; das gilt erst recht für den < „Interrobang”, der ein Ausrufe- mit einem Fragezeichen kombiniert und einem Ausdruck mehr Nachdruck verleihen soll.

´ ` ^ Ägü, Graf und Sir Cornflex: das sind Akzente und keine Satzzeichen, und wir bedürfen ihrer nur in Ausnahmefällen (bei eingebürgerten Fremdwörtern wie „Café” zum Beispiel, obwohl man das ja zunehmend „Caffè” schreibt - und der ist dann meistens „to go”). Immerhin: gut, dass wir sie problemlos tippen können!

die Rücknahmetaste (auch TippEx-Taste). Für manche die wichtigste Taste überhaupt!

* Asterisk (kein Druckfehler!). Ein Sternchen, das für vieles steht. Es ist das klassische Zeichen für Fußnote. Es ist auch ein Zeichen für den Lebensanfang „Hölderlin (* 20. März 1770 in Lauffen am Neckar; † 7. Juni 1843 in Tübingen).” Als ich das letzte Mal in Goethes Geburtshausin Frankfurt war (lang her), war sein Geburts-Zimmer markiert mit einem Stern aus Goldpapier. Das nur nebenbei. 
Wichtig ist seine Funktion als „wild card”: Bei Suchoperationen in der EDV ist es Platzhalter für das, was man nicht kennt. In der Etymologie steht es für erschlossene Formen, z.B. die Urform eines Wortes, die aus Lautentwicklungs-Gründen so geheißen haben muß, auch wenn kein Beleg dafür existiert. So glaubt man zu wissen, dass das indoeuropäische Wort für Schaf *owis gelautet haben muss, denn das lässt sich zurück erschließen.

+ plus, wie gesagt

~ daher Ma~ (okay, I couldn’t let that one pass...) Man kennt die Tilde aus dem Wörterbuch; da steht sie als Platzhalter für den immer wieder gleichen Oberbegriff. In der Mathematik steht die doppelte Tilde für „ungefähr, annähernd”, und in Sprachen wie dem Portugiesischen steht sie für die Nasalisierung des Vokals, auf dem sie liegt. São Paulo. Im Spanischen andererseits liegt sie auf dem ‚n’, das dann ‚nj’ gesprochen wird: Señor.

' Apostroph, kein Akzent! Er markiert eine Auslassung (Ellipse), wie zum Beispiel bei „Das ist Hans’ Fahrrad” - für „Hansens”. Den Apostroph beim Genitiv sollte man – außer in solchen Fällen – generell meiden, beim Plural ist er ein Gräuel. Aufgemerkt: Es heißt nicht „Juliane’s Kindermoden” und erst recht nicht „2 Kilo’s Kartoffeln”!

# wichtig als hashtag bei sozialen Netzwerken: erleichtert die Suchbarkeit von Präferenzen. Und sonst? Das anglo-amerikanische Nummernzeichen, das wir bisher auch nicht recht vermisst hatten. Jedenfalls kann man jetzt „The #1 New York Times Bestseller” originalgetreu schreiben.

< und > größer und kleiner Zusammen mit einem Bindestrich schriebt der Computer automatisch → einen Pfeil: nützlich!

| wird gern übersehen: nützt's was? Naja, wenn man z.B. einen Duden schreibt, ist es ganz sinnvoll, die Trennfugen eines Wortes zu markieren; mit dem „senkrechten Strich” geht das so: „wie|de|rum <Adv.>”... Ansonsten...

. , ; : sind normale Satzzeichen, gewissermaßen die Klassiker. Ich werde hier den Teufel tun, die ganzen Feinheiten zu erklären.

- ist – je nachdem, ein Binde- oder ein Gedankenstrich. Zur Not auch ein minus und ein bis. Und natürlich ein Trennzeichen. Die verschiedenen Funktionen hatten in der guten alten Bleisatz-Zeit unterschiedliche Längen; jeder Setzer kannte den Unterschied. Wir verwenden unterschiedslos den „Viertelgeviertstrich.”
An dieser Stelle muss ich gestehen, dass mir das überambitionierte Schreibprogramm, das ich benutze, sofort den ganzen Abschnitt einrückt, wenn es am Anfang einen Gedankenstrich wittert, und würde das auch beim nächsten tun, wenn ich nicht einschritte. Das nervt furchtbar!

_ ist der Unterstrich, aber nicht zum Unterstreichen.

Dann gibt's noch Ctrl: für Control-Freaks (ansonsten auch Strg.); damit ließ sich die Funtionalität der Tastatur noch um einiges erweitern; es gibt dafür noch zwei weitere Tasten, die Alt bzw. AltGr: viele Tasten sind mehrfach belegt, und in Kombination mit Ctrl, Alt und AltGr kann die Tastatur sehr viel mehr, als beste Schreibkraft mit der guten alten Schreibmaschine je konnte. Meine hatte Typenrad (und ich hatte damit zwei Schriften, eine regulär und eine kursiv), und Korrekturband gab’s auch schon. Das war’s dann aber auch.

Den Tabulator ( ← bzw, → ) sollten wir noch erwähnen; der Name kommt von „tab[ulator] key”, also „Taste zum Erstellen von Tabellen”, und so etwas geht tatsächlich einfacher mit dieser Taste. Das gab’s schon bei mechanischen Schreibmaschinen und war eine großartige Funktion.

So. Und jetzt noch ein kurzer Blick auf etwas ganz anderes: auf die Unterschiede bei der Tastaturbelegung in anderen Sprachen. Die werden zum Beispiel bei der isländischen augenfällig:



Es ist ja ganz logisch, dass Tastaturen voneinander abweichen, je nach Sprache. Und wenn es mit Akzenten nicht mehr getan ist, wenn die Sprache eigene Buchstaben hat – wie im Deutschen das ä, ö, ü und ß – ist es sinnvoll, wenn diese Zeichen auf der Tastatur auch vorkommen. Das isländische Layout z.B. hat nicht nur (im Vergleich zum deutschen) Y und Z vertauscht; generell sind einige Akzente und Satzzeichen (z.B. das ?) nicht da, wo wir sie suchen würden; das Ö ist in der obersten Zeile usw. Interessant ist auch die Taste ganz oben links: neben dem ° (bzw. darüber) hat sie das Trema, also unsere Punkte auf den Umlauten! Und natürlich gibt es Tasten für die isländischen Laute Æ (æ) Đ (đ) und Þ (þ) (in Klammern die Kleinbuchstaben)

Fußnoten zu Anführungszeichen
  1. Im Amerikanischen sagt man gerne ”quote / unquote” - aber die ”quotes”, die Anführungszeichen, setzt man nur oben.
  2. Im britischen Englisch setzt man für normale Zitate in der Regel einfache ’quotation marks’, für Zitate im Zitat dann die doppelten; im Amerikanischen ist es gerade umgekehrt!