Karbon
(engl. carboniferous)
Die Erde hat vor langer, sehr langer
Zeit einmal ganz anders ausgesehen; zwei Kontinente hatten sich im
Silur (vor gut 400 Mio. Jahren) gebildet, Gondwanaland im
Süden und Laurussia, die sich schließlich im Perm zum
Superkontinent Pangäa vereinigten; damit endete das
Erdaltertum.
Die Luft war reich an Sauerstoff, so
dass das Leben - noch weitgehend in Gestalt von Gliedertieren und
Riesenfarnen – wuchs und gedieh. Die Atmosphäre war meist feucht
und warm. Dschungelklima in weiten Teilen Pangäas. Oder,
anders gesagt; es wucherte üppig. Der Meeresspiegel schwankte
beträchtlich. Die Riesenfarne aber wurden immer größer, ebenso die
Schachtelhalme und einige Koniferen.
Das war vor, sagen wir, 300 Millionen
Jahren. Immer wieder einmal wurden die Schachtelhalm- und Farnwälder
überflutet, von Schlammfluten eingedeckt und eingeschlossen. Dabei
verändert sich das organische Material: aus Holz wurde durch den
hohen Druck und hohe Temperaturen allmählich (Stein)Kohle. Das
geschah nicht über Nacht, sondern in einem Zeitraum von zig
Millionen Jahren.
Das Zeitalter, in dem soches geschieht,
liegt zwischen Devon (vor ca.400 – 350 Mio. Jahren) und Perm (vor
etwa 300 – 250 Mio Jahren). Es heißt Carbon, nach dem
Haupt”produkt”
.
Coda
50 bis 100 Millionen Jahre später –
wir befinden uns im sog. Jura – war die Erde weit mehr bevölkert;
Sauriere und der Urvogel Archäopterix lebten im Schachtelhalm- und
Farnwald, in dem sich auch immer mehr „richtige” Bäume fanden.
Eine noch nicht so recht anheimelnde Welt, aber nicht so schlimm wie
„Jurassic Park”. Hollywood ist noch in weiter Ferne.
Und doch spielen sich Tragödien ab,
die man fast verfilmen könnte, allein schon wegen der special
effects. Hier eine Version aus dem Biedermeier, von Viktor von
Scheffel, und zwar aus dem Jahre 1876:
Der
Ichthyosaurus
Es rauscht in den
Schachtelhalmen,
verdächtig leuchtet
das Meer,
da schwimmt mit Tränen
im Auge
ein Ichthyosaurus
daher.
Ihn jammert der Zeiten
Verderbnis,
denn ein sehr
bedenklicher Ton
war neuerlich
eingerissen
in der Liasformation.
"Der Plesiosaurus,
der alte,
er jubelt in Saus und
Braus,
der Pterodaktylus
selber
flog neulich betrunken
nach Haus.
Der Iguanodon, der
Lümmel,
wird frecher zu
jeglicher Frist,
schon hat er am hellen
Tage
die Ichthyosaura
geküßt.
Mir ahnt eine
Weltkatastrophe,
so kann es länger
nicht gehn;
was soll aus dem Lias
noch werden,
wenn solche Dinge
geschehn?"
So klagte der
Ichthyosaurus,
da ward es ihm kreidig
zu Mut,
sein letzter Seufzer
verhallte
im Qualmen und Zischen
der Flut.
Es starb zu derselbigen
Stunde
die ganze Saurierei,
sie kamen zu tief in
die Kreide1,
da war es natürlich
vorbei.
Und der uns hat
gesungen
dies petrefaktische
Lied,
der fand's als fossiles
Albumblatt
auf einem Koprolith.
1Das
Erdzeitalter, das vor ca. 150 Mio Jahren auf das Jura folgte.
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