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Montag, 31. Oktober 2016

Das Lied, die Deutschen


So einfach ist das nicht mit der deutschen Nationalhymne!


Der Text stammt von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1). Er war Germanist (wie z.B. auch die Gebrüder Grimm), Dichter und – nach damaligen Begriffen – ein verdächtiges Subjekt. Er erhielt Berufsverbot, verlor seine (preußische) Staatsbürgerschaft und war jahrelang auf der Flucht. Er stand der Bewegung des Vormärz nahe, Menschen, die davon träumten, ein einiges Deutschland statt der Vielstaaterei zu verwirklichen. Ein Staat für alle freien (!! - das war aufrührerisch und subversiv!) Bürger deutscher Zunge sollte es sein. Als die Bewegung die Revolution versuchte (im März 1848 – daher der Name 'Vormärz'), war Hoffmann allerdings selbst nicht dabei.
Den Text des von ihm schon so benannten "Lieds der Deutschen" schrieb er auf der Insel Helgoland.. Helgoland hatte ein paar Hundert Einwohner, deren Friesisch kaum einer verstand. Friesisch ist kein deutscher Dialekt, sondern eine eigene Sprache!
Helgoland war zu der Zeit britisch (und wurde erst 1890 deutsch; dafür gab das Deutsche Reich alle Gebietsansprüche in Sansibar auf) (2).
Die Melodie wurde komponiert von dem Österreicher Joseph Haydn (3); sie war zunächst die österreichische Hymne mit dem Text "Gott! erhalte Franz, den Kaiser." (4)
Haydns Melodie zu Hoffmanns Text wurde erst 1922 (Weimarer Republik!) Nationalhymne.
Nach dem Krieg wurde der inzwischen peinliche Text der ersten Strophe auf Anregung von Bundespräsident Theodor Heuss (5) in der Bundesrepublik nicht mehr verwendet, sondern nur der der dritten Strophe. Die zweite kennt eh keiner mehr...
Die DDR hatte ihre eigene Hymne, "Auferstanden aus Ruinen" mit dem Text des Genossen Johannes R. Becher zur wunderbaren Melodie Hanns Eislers (glauben Sie nicht? hören Sie das mal auf Youtube!)(6)
Als Gegenentwurf zu Hoffmann von Fallerslebens heute missverständlichem Text verfasste Bert Brecht (7) mit seiner "Kinderhymne" einen Text, wie er schöner nicht hätte sein können.
Leider hat die damalige deutsche Regierung unter Helmut Kohl nach der Wiedervereinigung die Chance nicht ergriffen, für die nicht mehr geteilte Nation mit einer neuen Hymne ein Zeichen zu setzen. Einen ergreifenden Text und eine einfach schöne Melodie hätte man gehabt...

Kinderhymne
Text: Bert Brecht

1. Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.

2. Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.

3. Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.

4. Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir's
Und das Liebsten mag's uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.

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