Mal was über Orange.

Orange?

Sonntag, 3. Mai 2015

Über Jahr und Tag

Über Jahr und Tag i



JANUAR ist benannt nach Janus, einem ansonsten weitgehend unbedeutenden Gott (des Anfangs und des Endes); einer der wenigen römischen Götter, die kein griechisches Pendant haben. Doppelköpfig ist er, schaut also ins alte Jahr zurück und ins neue voraus..



Am 6. des Monats feiern Christen etwas; das Dreikönigsfest (Sternsinger!) die einen, Weihnachten die anderen. Letztere sind orthodox und haben noch nicht auf den gregorianischen Kalender umgestellt. Diesen hatte Papst Gregor XIII eingeführt (AD 1582) um den julianischen Kalender zu korrigieren (der war immerhin von Iulius Caesar veranlasst). Da der Papst katholisch war, zogen protestantische und orthodoxe Gebiete nicht gleich mit: eine bemerkenswerte Ungleichzeitigkeit der europäischen Länder!



Am 27. Januar feierte das Volk der Deutschen "Kaisersii Geburtstag," warum auch immer. (Vgl im nächsten Monat President's Day und im April den 20).



FEBRUAR auf Walisisch "Chwefror" (das 'f' wird wie unser 'w' gesprochen): man spürt richtig die Eiseskälte. In Island friert man schon im November: "frermánaðr" ("Frostmonat") heißt der dort. Der Name Februar soll auf römische Reinigungsrituale zurückgehen.



Am 2. ist Mariä Lichtmeß, einer der zahllosen Marienfeiertage und Heiligentage im katholischen Kalender. Dieser 2. Februar war wichtig, da er ein Wandeltag für das Gesinde war: Man erhielt den Lohn der zurückliegenden Monate und konnte zu diesem Termin auch die Beschäftigung wechseln. Am 3. Montag feiern US-Amerikaner Presidents' Day, oder eigentlich Washington's Birthday. Naja, und Lincoln's Birthday auch noch.iii



Ansonsten ist Februar der Schaltmonat. Astronomisch gesehen ist das Jahr nämlich nicht 365 Tage lang, sondern 365 und ¼. Deshalb bekommt der Februar regelmäßig einen Tag angehängt, nämlich alle vier Jahre, und das sind dann die Schaltjahreiv. Warum aber wird der Schalttag im Februar eingefügt, und nicht am Ende des Jahres? Weil das neue Jahr ursprünglich im März begann (s.d.), und weil der Februar daher ohnedies kürzer war.



MÄRZ Die Iden des März bezeichneten einen der vier benannten Tage des römischen Kalender (die anderen hießen Kalenden, Nonen und Terminalien) die den Mondphasen zugeordnet waren: Iden = Vollmond). Von diesen Tagen zählte man zurück – soundsoviele Tage vor den Kalenden etwa...Im Jahre 44 v.u.Z. wurde Gaius Iulius Caesar an den Iden des März ermordet. Pünktlich.


aus einem alten Bauernkalender
 

Eine alte englische Bauernregel weiß über den März zu berichten: "March comes in like a lion and goes out like a lamb", etwa: der März springt wie ein Löwe und landet als Bettvorleger. Will sagen: Anfang des Monats ist das Wetter gewöhnlich rauv und am Monatsende mild und sonnig. Bei den Germanen hieß er der "Lenzmond", Frühlingsmonat, und da macht man sich dann schon mal "einen faulen Lenz." Ein Bier heißt so: "Märzen".



Die Römer pflegten in diesem Monat diverse martialische (!) Bräuche und benannten den Monat nach dem Kriegsgott Mars.

Aber eigentlich begann in diesem Monat ursprünglich das neue Jahr, etwa für römische Beamte. Einen Rest von dieser Zählung finden wir seltsamerweise noch in unserem Kalender, und zwar bei den Namen der letzten vier Monate. Diese heißen nämlich wörtlich Siebter, Achter, Neunter und Zehnter.




APRIL Wo der seinen Namen her hat, weiß kein Mensch. Dennoch: der 1. April ist nicht nur bei uns "All Fools Day", wo man anderen Streiche spielt (sie "in den April schickt"), sie narrt (ihnen etwas weismacht) und anderen einen Fisch aus Papier an den Rücken hängt. Letzteres verstehen die Franzosen unter lustig; der Fisch heißt poissson d'Avril, und das trifft's ja irgendwie...



Das Osterfest fällt meist in den April; es ist ein bewegliches Fest, also nicht per Datum festgelegt (wie z.B. Weihnachten: Das ist immer am 25. Dezember), sondern wird gefeiert am "ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling"vi. Es liegt auf der Hand, dass es auf ein christianisiertes heidnisches Frühjahrsfest zurückgeht; sowohl Eier als auch Hasen sind Fruchtbarkeitssymbole und passen in die Jahreszeit. Die Grimms wollten in ihrem Deutschen Wörterbuch den Namen von einer germanischen Göttin Ostara herleiten,die ansonsten keiner kennt. Wahrscheinlicher dünkt uns da eine Ableitung von Osten/Morgenröte.



Auch das jüdische Pessach fällt in den April; in diesem Jahr wurde es Anfang, nächstes Jahr wird es Ende April gefeiert. Nicht nur, dass jüdische Feiertage generell nicht einfach zu berechnen sind, gegenüber dem christlichen Kalender verschieben sie sich ständig. Bewegliche Feste, sozusagen, hoch zwei. Übrigens ist im Judentum auch der Tag anders definiert; er gilt von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang. Es ist vielleicht bekannt, dass Sabbat (Schabbes) mit Einbruch der Dunkelheit am Freitagabend beginnt, und am nächsten Tag, ebenfalls mit dem Dunkelwerden endet. Was genau "Sonnenuntergang" bedeutet, darüber lässt sich streiten.



Buddhas Geburtstag fällt meistens in den April, wird in den verschiedenen buddhistischen Ländern jedoch unterschiedlich gefeiert.

Am 20. April war Hitlers Geburtstag. Heute kein Feiertag mehr.



MAI Der erste des Monats ist ein Tag, an dem man entweder den Frühling genießt, oder bei einer Maidemo mitmarschiert. "International Labor Day" vii: Der "Tag der Arbeit" ist eigentlich der, an dem man nicht arbeitet, um zu demonstrieren, dass man das ansonsten schon tut.



Der Monat des Maiglöckchens, des Maibaums und der Maibowle. Es gibt ein untergäriges Starkbier, den Maibock. Den Maikäfer gibt es heute eher selten; man kennt ihn vielleicht eher noch aus Wilhelm Busch.



JUNI oder auch -O; heißt nach der römischen Göttin von Ehe und Familie, Rom und der Moneta, d.h., der römischen Münzprägeanstalt. Ihr ist die Gans heilig, doch ihr Attribut ist der Pfau.



Der 16. Juni ist für Literaturfreunde weltweit "Bloomsday": der Tag, an dem James Joycens "Ulysses" spielt. Der Tag wird nicht nur in Irland, der Heimat des Autors, feierlich begangen und sollte m.E. überall ein gesetzlicher Feiertag werden.



Der 24. Juni ist St.Johannis, der Tag der Sonnwendfeuer. Besonders beliebt in Skandinavien (Midsommar) und im Baltikum: Im Sommer wird es dort kaum dunkel ("Weiße Nächte").

Am 29. feiert die katholische Christenheit "Peter und Paul": zwei Heilige zum Preis von einem.



Der muslimische Fastenmonat Ramadan beginnt dieses Jahr am 18. Juni und endet am 16. Juli. Der muslimische Kalender ist nämlich, wie auch der jüdische, ein Mondkalender und verschiebt sich gegenüber dem (auf dem Sonnenjahr basierende) christlichen Kalender.



JULI oder auch -EI; am 4. feiern die USA, am 14. die Franzosen ihre jeweiligen Nationalfeiertage. Die Amerikaner feiern an diesem Datum, weil es auf ihrer Unabhängigkeitserklärung steht ("Independence Day"), und die Franzosen feiern des Jahrestag des Sturms auf die Bastille ("Fête nationale"), eines gehassten Gefängnisses, und obwohl sie keine nennenswerten Helden dabei befreiten, gilt das als Beginn der Französischen Revolution.

Die Revolution schuf ihren eigenen Kalender, der sich jedoch nicht durchsetzte
Der 12. Juli ist einer der dümmsten Gedenktage, die die Menschheit erfunden hat. Der nordirische protestantische Oranierorden begeht den Tag mit Gedenkmärschen (bei denen Pfeifen und große Trommeln eine wichtige Rolle spielen) und zieht dabei zwecks Provokation vorzugsweise durch katholische Wohnviertel. Man gedenkt dabei der "Battle of the Boyne", des Siegs Wilhelms von Oranien (Protestant) über die katholischen Iren unter König Jakob II im Jahre des Herrn1690. (!!)



AUGUST Seltsam, dass der Monat an sich ja "der Erhabene" heißt, aber auch mit einem Zirkusclown der einfachsten Sorte den Namen teilt. Ursprünglich heißt er nach G.I.C. Octavianus, genannt Augustus.



Im alten keltischen Jahr ist der 1. August Lúnasa (im Walisischen heißt der Beginn des Monats "Calan Awst" [die "Kalenden des August]"!), bei den (nicht-keltischen) Angelsachsen war der 1. August "Lammas", der Erntetag (des Korns). Das keltische Jahr kennt vier große Feiertage: Imbolg (Anfang Februar), Beltane (Anfang Mai), Lúnasa und Samhain (Anfang November – das Ende der Ernte und der Beginn der dunklen Zeit).



Ein wichtiges historisches Datum war Mitte August 1947, als das ehemalige British India unabhängig wurde – zum Leidwesen Gandhis wurden zwei Länder daraus, Indien und Pakistan, die sich bis heute in herzlicher Abneigung verbunden sind.



SEPTEMBER ist nicht (mehr) der siebente, sondern seit 153 v.u.Z. der neunte Monat des Jahres.

Am 29. ist der Michaelistag, ein Wandeltag wie Mariä Lichtmess oder der Martinstag. Ansonsten bietet der September nicht viel Bemerkenswertes, außer dass in Bayern Mitte September das neue Schuljahr beginnt und Ende September das Oktoberfest.



Ein Ereignis, das fast schon zum Symbol einer neuen Dimension des Schreckens geworden ist, war 2001 "Nine Eleven" (oder "9/11"): der Anschlag auf das World Trade Center an einem Dienstag zur besten Sendezeit.



OKTOBER Am 3. des Monats feiern wir unseren Nationalfeiertag. Feiern? Wir? Naja, man muss die Feste feiern, wie sie fallen...Spaß beiseite: Fragen Sie einmal in Ihrem Bekanntenkreis herum, warum wir ausgerechnet an diesem Tag den "Tag der deutschen Einheit" feiern!viii



A propos feiern: Das Oktoberfest in München, die "Wiesn," ist ein organisiertes Massenbesäufnis für Millionen von Menschen, hat aber eigentlich auch keinen rechten Anlass. Am 26. Oktober ist Gallustag: im alten bäuerlichen Kalender das Ende der Erntearbeiten (die protestantische Kirche feiert am ersten Sonntag im Oktober Erntedankfest).



NOVEMBER "Remember remember the 5th of November" – Als A.D. 1605 eine Gruppe von katholischen Umstürzlern (heute würde man vielleicht von "Terroristen" sprechen) versuchte, das Parlament in London, oder genauer: das englische Oberhausix, in die Luft zu jagen, wurde der Anschlag verraten und Guy Fawkes in flagranti erwischt. Dies führte zu seiner Hinrichtung – damals eine beliebte Volksbelustigung – und in folgenden Jahrhunderten zu Freudenfeuern für alle.



Am 11. November ist Martinstag (rabimmel rabammel, etc). Manche lassen den Fasching an diesem Tag beginnen. Es war auch Zinstag; Abgaben an Obrig- und Geistlichkeit waren jetzt fällig, Pachtverträge wurden erneuert, und für Dienstboten und Gesinde war Wandeltag (vgl. oben unter Februar)



DEZEMBER – alter Name: Julmond (später auch Christmond). Jul war ursprünglich das germanische Fest zur Wintersonnenwende (längste Nacht); In den nordischen Ländern heißt Weihnachten Jul (oder ähnlich), in England neben Xmas (das ist tatsächlich eine alte Schreibung!)Yule(tide)

Das Weihnachtsfest ist also eine Aneignung eines heidnischen Fests wie ähnlich auch des Osterfestes durch das Xtentum. So etwas geschah im Übrigen auch mit anderen Kulttagen und Kultorten.



Dezember ist natürlich auch der Monat der christlichen Adventszeit; der Nikolaustag am 6. Dez – übrigens kein offizieller Feiertag der katholischen Kirche mehr – wird heute noch viel gefeiert.

St.Nik(o)la(u)s (daher Klaus) ist eigentlich sozusagen Türke (Bischof von Myra in Kleinasien, d.h. in dem Gebiet der heutigen Türkei). Zahllose Bräuche v.a. im deutschsprachigen Raum, bes. im Alpengebiet erinnern an ihn.



Zusehends überlagert durch den Hohoho-Weihnachtsmannx, der mit Rentierschlitten kommt, sich durch Kamine zwängt und Socken füllt – alles im Dienste der Coca Cola Company, deren Erfindung er ist. In Deutschland wurde er traditionell als Bischof dargestellt und hatte oft einen Begleiter (Knecht Ruprecht/rauer Percht, Krampus), der unverkennbar heidnische, oder zumindest vorchristliche Züge aufweist.



Das Weihnachtsfest sei hier völlig ausgespart: 2 ½ Tage Völlerei und haufenweise Geschenke sollen an ein unbehaustes Kind mit Migrationshintergrund erinnern, das vor über 2000 Jahren lebte; der Kontext ist wohl den meisten Lesern klar. Es soll ja – das nur nebenbei - nicht stimmen, dass übrig gebliebene Schoko-Nikoläuse angeblich zu Schokohasen umgeschmolzen würdenxi.



Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr nennt man umgangssprachlich noch heute gern „zwischen den Jahren“; das bezieht sich eigentlich auf die 12 "Rauhnächte", d. h. zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest am 6. Jan. Das ist die Zeit, in der Wotans Wilde Jagd über die Himmel reitet; ihr gehört übrigens auch Hulda an, die man aus dem Märchen als Frau Holle kennt.

Im Englischen spricht man von The Twelve Days of Xmas, mit denen sich eine Reihe interessanter Bräuche und ein beliebtes Weihnachtslied verbinden



Silvester (oder Sylvester) wg. Todestags des Papst Sylvester I (AD 335); um böse Geister zu vertreiben, fackelt man am letzten Tag des Jahres Feuerwerksraketen (optische Komponente) und Böller (akustisch) ab. Böse Geister mögen offensichtlich auch keinen Schaumwein; man trinkt daher Sekt zum Jahresanfang.

Dinner for One ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben.



Ach ja: welches Jahr schreiben wir eigentlich?



5775 seit Erschaffung der Welt (jüdische Tradition; unklar, ob Vor- oder Nachmittag)

2768 ab urbe condita (MMDCCLXVIII) (seit Gründung der Stadt Rom)

2015 Anno Domini (im Jahr des Herrn); alternativ für Atheisten: .u.Z. ( unserer Zeitrechnung)

1436 seit der Hidschra (= der Umzug des Propheten von Mekka nach Medina)

226 im Kalender der (Französischen) Revolution; unpraktikabel, daher abgeschafft

bzw. 0 Pictun 13 Baktun 0 Katun 2 Tun 7 Uinal 1 Kin (7 Imix; 9 Uo) (Maya-Kalender)








i Eine alte Rechtsformel; streng genommen waren es "ein Jahr, 6 Wochen und drei Tage" und bezog sich auf die Verjährungsfrist von Kaufverträgen o. ä.


iiKaiser Wilhelm II


iiiZwei Präsidenten zum Preis von einem! (Vgl. Peter&Paul im Juni)


ivGenau genommen sind es 365,24219 Tage. Das muss ebenfalls korrigiert werden: In Jahren, die auf 00 enden, entfällt der Schalttag, es sei denn, sie sind durch 400 teilbar, dann sind sie doch Schaltjahre (vgl. etwa das Jahr 2000)


vAn die Schreibweise werde ich mich nie gewöhnen. Angeblich wirde das Wort in der [gar nicht mal mehr so] Neuen zuRechtschreibung geändert, weil es das einzige deutsche Wort wäre mit -auh hinten. Ja und? Was ist mit blauh?


viDie Amerikaner wählen alle vier Jahre einen Präsidenten, und zwar am " Tuesday after the first Monday of November in leap years." (d.h., der Wahltag ist ein bewegliches Fest). Andere wählen, wenn's nötig ist.


viiEine recht vollständige Liste aller greifbaren Nationalfeier-, Gedenk- und Aktionstage findet sich bei Wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Gedenk-_und_Aktionstagen ); zu den ältesten und bekanntesten zählen der Muttertag (2. Sonntag im Mai) und der Tag des Baumes (in Deutschland am 25. April). Sehr schön sind auch der Tag der Blockflöte (10. Januar), der Weltpinguin-Tag (25. April) oder der Weltlachtag (am 1. Sonntag im Mai).


viiiDer frühere Nationalfeiertag war begründet als Tag des Volksaufstandes in der (damals noch "SBZ", also Sowjetisch Besetzten Zone) am 17. Juni 1953. Der 3. Oktober durch das "Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland"


ixEigentlich hatten es die Verschwörer auf König Jakob abgesehen, der zur Parlamentseröffnung im House of Lords gewesen wäre, und darum schmuggelte man auch etliche Pulverfässer in einen Keller unter dem Parlament. Dass die Parlamentseröffnung in diesem Jahr wegen der Pest um mehrere Monate auf Anfang November verschoben werden sollte, konnte ja keiner ahnen...


x Dieser dicke Mann ist mitnichten der Nikolaus, sondern Father Christmas; interessanterweise gibt es in Russland Дед Мороз, "Väterchen Frost". Ho ho ho!


xiVergleichbar der Umwidmung des Julfests in das Weihnachtsfest...

Samstag, 18. April 2015

parole veneziane



Santa Maria della Salute an der Eifahrt zum Canal Grande
 Gemälde von Canaletto (1697 - 1768) 





La Serenissima, die Stadt Venedig, oder, wie wir alle wissen, im Italienischen: Venezia, liegt am nördlichen Ende der Adria, beherrschte im Mittelalter und in der Renaissance von dort aus weite Teile des östlichen Mittelmeers und hatte als Seemacht, Kunst- und Handelszentrum enormen Einfluss nicht nur auf die Geschichte, sondern auch auf die Sprachen Europas. Dazu gleich ein paar Beispiele.

Seit Goethe hat der Deutsche eine besondere Beziehung zu Italien, zu la dolce vita, zu Chiantiwein, Spaghetti und Lasagne, und zu der offenbar italienischsten aller Städte ist die Zuneigung besonders ausgeprägt. Noch heute heißen zahllose Eisdielen in Germanistan Venezia.


 
Genau genommen liegt Venedig nicht am Meer, sonder im Wasser, aber auch nicht direkt in der Adria, sondern in einer Lagune. Eine Lagune ist ein Gewässer, das durch Sandablagerungen ("Nehrungen" – z.B. Kurische Nehrung) oder Korallenriffe – dann nennt es sich Atoll – vom Meer (fast) vollständig abgetrennt ist. "Haff" oder "Bodden" nennt man Lagunen in der Ostsee.



Die namensgebende Lagune, die Mutter aller Lagunen, ist die Laguna di Venezia. Die Nehrung, die die Lagune von Norden her einschließt, nennt sich Lido di Jesolo und kann eine Rekordzahl von Campingplätzen aufweisen; nach Süden hin schließt sich ein Streifen Land an, der schlicht Lido heißt (oder Lido di Venezia). Das Wort ist venezianischer Dialekt für "Strand", und ein Strandbad oder ähnliches wird auch anderswo Lido genannt.

In Paris entwickelte sich aus bescheidenen Anfängen (eine Art imitiertes Strandbad im Keller) in den 1940er Jahren ein Nachtclub mit Cabaret und Burlesque-Programmen, das sich Lido nannte. Dieses Etablissement wiederum wurde stilbildend, hat aber nun gar nichts mehr mit Venedig zu tun...

Ein G(h)etto ist laut Wikipedia ein "abgesondertes Wohnviertel". Hm. Das verschweigt, dass es i.d.R. sozial ausgegrenzte Randgruppen sind, die hier wohnen, und das beileibe nicht immer freiwillig. Von den Judenvierteln seit dem Mittelalter (bis hin zum Warschauer Ghetto), von Schwarzenvierteln in amerikanischen Großstädten bis zu den Favelas in den wuchernden Megastädten der Dritten Welt waren hier schon immer die Armen, Schwachen, die Minderheiten zusammengepfercht.

Das Wort Ghetto bezeichnete ursprünglich ein ziemlich isoliertes Stück des venezianischen Stadtteils Canaregio, das ursprünglich von den Eisengießern bewohnt war; ein eisenverarbeitender Betrieb (getto) hatte sich einmal dort befunden, und darum hieß das Judenviertel später so. Zwei Brücken führten hinein, und nächtens nicht mehr hinaus (nur den angesehenen jüdischen Ärzten war es fallweise erlaubt, das Viertel nachts zu verlassen). Die auch anderswo praktizierten Einschränkungen behielt man im Ghetto in Venedig auch bei, als man sie allmählich überall sonst aufgab.
Einfahrt zum Arsenale
Gemälde von Canaletto (1697 - 1768)

Ein Stück weiter östlich, im Stadtteil Castello, findet sich das Arsenale, ein ebenfalls schwer zugänglicher Bezirk, wenngleich die Absperrung hier militärisch begründet war. Es handelt sich hier um die Werft und das Zeughaus der einst bedeutenden Seemacht Venedig. Im Krieg gegen die Türken – eine ernste Bedrohung für die Lagunenstadt und ihr Einflussgebiet im östlichen Mittelmeer - wurden hier bereits im 16. Jahrhundert hundert Kriegsschiffe gebaut – in zwei Wochen!! Die Effektivität dieser Einrichtung wurde allgemein bewundert und darob in vielen Städten nachgeahmt.

Inzwischen werden auch andere militärisch wichtige Institutionen, Waffendepots von Armeen, ja der gesamten Streitkräfte eines Landes wie auch Waffensammlungen überhaupt so genannt. Der Londoner Fußballclub heißt so nach der Rüstungsfabrik, aus deren Arbeiterschaft sich die Spieler des Clubs anfangs rekrutierten.

Es gibt ein Boot, das wie kein anderes unser Bild von Venedig prägt, nämlich die Gondel. Meistens sitzen in einer solchen ein paar Touristen und bestaunen die grandiose Architektur der Stadt; von der Gondel aus, nahe der Wasserlinie, sieht man auch am schönsten, wie die Gebäude verfallen und verfaulen. Hinter den Passagieren steht der Gondoliere und treibt mit einem langen Stecken die Gondel an, während er dabei "O sole mio" schmettert und dabei die gute Akustik der Kanäle ausnützt. aber – das Bild stimmt so nicht! Zum einen sollte er nicht "O sole mio" singen, denn das ist ein Lied aus Neapel. Wichtiger noch: Die lange Stange ist gar keine, und er stochert nicht in den Wassern, sondern er rudert. Im Gegensatz zu seinen Kollegen in Tübingen oder Cambridge, die mit Stocherkähnen den Neckar bzw. mit Punts den Cam befahren, hat er ein ausgeklügeltes, raffiniert in ein Widerlager (forcole)an der Bordwand der Gondel eingelegtes Ruder in der Hand.

Wer sich früher in Venedig über die politische Lage im östlichen Mittelmeer oder wichtige Dinge in der Stadt selbst informieren wollte, konnte auf ein flugblattähnlich zusammengetragenes Nachrichtenblatt zurückgreifen, das nur einen Pfennig kostete. Genau genommen natürlich keinen "Pfennig", sondern die niedrigste Münze der Republik Venedig: eine "Gazetta", und die Zeitung hieß entsprechend "Gazetta di Venezia". In vielen Sprachen und Ländern heißen Zeitungen heute noch so, wenngleich im Deutschen bei "Gazette" immer etwas herablassend-ironisches mitschwingt.

"Sag beim Abschied leise Servus" (Venedig war im 19. Jhd. mehrmals Teil von k.u.k.Österreich-Ungarn) – in Venedig wird über s-ciavón, s-ciavo, s-ciao und schließlich ciao daraus.


Mittwoch, 18. März 2015

Nelken und Imperien

Gewürze sind wie Drogen: Sie bringen Pepp in den Alltag, werten langweilige Gerichte auf, und oft sind sie wertvoller als Gold. Spice up your day, sagt man auf Englisch. Spices sind Spezereien (um einmal den alten deutschen Ausdruck zu zitieren: epices (auf Französisch): kostbar.

Nehmen wir einmal Nelken als Beispiel. Genauer: Gewürznelken. Klein und putzig, und voller Aroma, wenn man darauf beißt. Sie sehen ein wenig wie kleine Nägel, drum heißen sie so.i "Nelke" kommt vom niederdeutschen negelken "kleiner Nagel"; in fast allen germanischen Sprachen heißen sie ähnlich, nicht jedoch im Englischen. Das englische clove kommt vom frz. clou, clove heißt aber auch die Knoblauchzehe und hängt indirekt mit Klavier zusammen. Denn clove, clou &c. leitet sich ab vom lateinischen clavis, "Schlüssel", und das keyboard ist ja nicht nur ein Schlüsselbrett, sondern die Tastatur des Klaviers. Doch wir schweifen ab.

Das umwerfende Aroma der Nelke kommt von dem darin enthaltenen Öl, dem Nelkenöl (aha!), das antibakteriell und schmerzlindernd wirkt und deshalb z.B. ein altbewährtes Mittel gegen Zahnweh und rheumatische Schmerzen ist. Sie stärkt die Verdauung und regt den Appetit an, weswegen die Gewürznelke auch in Magenbittern vorkommt.

Vor allem aber wird sie beim Kochen eingesetzt: im Blau- und Sauerkraut, Lebkuchen und Glühwein wie auch in vielen orientalischen Gerichten; sie ist Bestandteil vieler Gewürzmischungen, wie Currypulver, 5-Wohlgerüche (chinesisch), Panch Phoron (indisch), aber auch der Worcester-Sauce (spricht sich übrigens /ˈwʊstər/, aber das wurcesten Sie ja); Nelkenpfeffer, auch Piment genannt, erinnert in Geschmack und Geruch an Nelken, ist aber nicht damit verwandt. (Piment erinnert auch an Pfeffer, Zimt und Muskatnuss und heißt daher im Englischen auch allspice).

Das Gewürz kommt ursprünglich aus Indonesien, genauer von den Molukken, und da wiederum von der Insel Ternate. Die Molukken liegen in der Übergangszone zwischen der australischen und der asiatischen Klimaregion (der Wallacea-Zone), und bis ins späte 18. Jahrhundert waren sie der einzige Ort der Welt, wo Nelken, aber auch Muskatnuss und Macis (Muskatblüte, auch ein Gewürz) vorkamen. Zwischen den indonesischen Inseln und China, der arabischen Welt und Europa gab es seit alters herii Handelsbeziehungen, und die Molukken insbesondere galten schlicht als Gewürzinseln. Da Gewürze umso kostbarer waren, je rarer sie waren, weckte dies natürlich Begehrlichkeiten.

Kolumbus mag Amerika entdeckt haben, aber der Seeweg nach Indien und Indonesieniii war zunächst sehr viel lohnender. Die Route wurde zwar von den Portugiesen erschlossen (ihnen gelang es als ersten Europäern, Afrika zu umsegeln). Letztlich jedoch waren es die Niederlande, die mittels der VOC (Vereenigde Oost-Indische Compagnie, der niederländischen Entsprechung zur britischen East India Company) dort die materielle Basis ihres Imperiums begründeten, Nederlands-Indië.
Das Monopol auf die Gewürze von den Gewürzinseln war heiß umkämpft (versteht sich fast von selbst) und wurde schließlich von einem Herrn Pierre Poivre (1719 – 1786 – der Mann hieß tatsächlich "Pfeffer"!) gebrochen, dem es gelang, Samen und Pflanzen aus der holländischen Kolonie herauszuschmuggeln und auf französischem Territorium (etwa Mauritius und Reunion) anzubauen.

Wenn wir auch eine Blumenartiv als Nelke bezeichnen, die mit der Gewürznelke biologisch gar nicht verwandt ist – könnten wir uns fragen: warum eigentlich? Der Grund ist ganz banal: weil sie ähnlich riecht. Die Blume selbst ist jedoch alles andere als banal: besonders die rote Nelke ist recht symbolträchtig, steht sie doch einerseits für die Passion Christ, andererseits wurde und wird sie noch als Abzeichen des Sozialismus im Knopfloch getragen. Die sogenannte "Nelkenrevolution" (Revolução dos Cravos) war eine (erfolgreiche) Rebellion linksgerichteter Gruppen gegen das diktatorische System Salazars, die sich 1974 in Portugal ereignete: Das Volk steckte den aufständischen Truppen rote Nelken in die Gewehrläufe, und tatsächlich blieb diese Revolution fast völlig unblutig.




iEine geradezu unerschöpfliche, detaillierte Webseite, die u.a. knapp 100 Namen für die Nelke auflistet, findet sich unter http://gernot-katzers-spice-pages.com/germ/Syzy_aro.html


iiIm Mittelmeerraum war die Nelke schon in der Antike bekannt und begehrt: Sie muss auf abenteuerlichen Wegen nach Europa gelangt sein,,,


iiiDer Wortbestandteil – nesien geht stets zurück auf das griechische νῆσοι, "Inseln", daher auch Mikro- und Polynesien, Melanesien etc.


ivGenau genommen ist das eine Familie mit hunderten von Arten!

Montag, 23. Februar 2015

Richtungen

Hierzu eine Fußnote 1


oben und unten gibt es nicht wirklich: Wenn wir nach oben blicken, etwa zum gestirnten Himmel, ist das nur die Richtung, die dem unten entgegengesetzt ist, und unten ist da, wo es uns hinzieht. Die Schwerkraft zieht uns Richtung Erdmittelpunkt, und wäre ein Freund in Neuseeland gleichzeitig dabei, nach oben zu schauen, wäre sein oben und unser unten so ungefähr dieselbe Richtung. Wäre unser Freund Astronaut und auf Dienstreise, gäb es für ihn dieses oben und unten nicht. Oder etwa doch? Stellen wir uns vor, er wäre auf einer Erdumlaufbahn: in dem Maße, wie ihn die Erde anzöge, hätte er noch ein Stück weit unten; wie aber, wenn er zwischen Erde und Mond wäre, dort, wo sich die relativen Anziehungskräfte aufhöben: wo wäre da oben und unten?



Gute Frage: Wo ist "oben" und "unten"? Fragt man einen Physiker – der müsste es doch eigentlich wissen – erzählt er vermutlich einen Quark – Verzeihung: von einem quark – mit einem spin, der entweder up oder down gerichtet sei, was natürlich nicht mit der Welt da draußen eins zu eins korreliere. Das quark habe schließlich noch mehr flavors! Sie fänden das Ganze irgendwie strange, und der Physiker würde Ihnen zustimmen: "Genau, strangeness ist auch ein flavor!". Und Sie würden eine höfliche Ausrede vorbringen und schnell das Weite(re) suchen: Von dieser Physik schwirrt einem ja der Kopf!!


Was ist rechts und links? Träfe unser Freund, der Astronaut, einen Außerirdischen, könnte er den rechten Arm heben zum Gruß2, und wenn ein Babelfisch, ein Übersetzungsautomat der Enterprise oder ein vielgereister Dolmetscher dem Ufonauten erklärte, dass das die rechte Hand sei, erhoben in Frieden und Freundschaft und zum Zeichen intergalaktischer Verständigung, dann wäre das relativ klar. Funktionierte der Kontakt über, sagen wir einmal, Lichtjahre hinweg, und vielleicht auch noch ohne Dolmetscher, wäre es unmöglich, links und rechts eindeutig zu definieren. Das glauben Sie nicht? Versuchen Sie's!

Stellen Sie sich im Badezimmer vor den Spiegel. Heben Sie die rechte Hand, und Ihr Spiegelbild tut es Ihnen gleich. Oder – tut es das? Ist das seine Rechte? Ist eine gespiegelte Rechte auch die Rechte des Spiegelbilds? Würde Ihr Spiegelbild das genauso sehen?

Wären wir auf dem Meer unterwegs, gäbe es ein rechts und links, weil es ein vorn und hinten gäbe. In Richtung vorn geblickt, wäre rechts …. oder anders gesagt, nein rechts ist immer... äh..
Ja, rechts ist da wo der Daumen links ist. Ein dämlicher Spruch, ebenso nutzlos wie richtig. Man weiß schließlich, wo rechts und links ist, glaubt man, nur definieren kann man's nicht.

Übrigens wäre an Bord eines Schiffes rechts steuerbord, da ist nämlich das Steuer, und die andere Seite heißt korrekt backbord. Warum, fragen Sie verständlicherweise, warum ist steuerbord eigentlich rechts, bzw. warum ist das Steuer rechts? Das Steuer ist ursprünglich ein Ruder (daher Steuerruder), und da ist es effektiver, wenn die rechte Hand näher am Schwerpunkt des Ruders greift. Darum steht der Gondoliere auf dem hinteren linken (!) Seite der Gondel, denn das Ruder und dessen Widerlager sind rechts: So lässt sich die Gondel mit dem Ruder steuern.



In der Schifffahrt gilt heute generell Rechtsverkehr, an Land nicht: Nicht nur die Briten fahren mit der ihnen eigenen Starrköpfigkeit links; das tun auch noch über 50 andere Länder. Warum in manchen Ländern der Linksverkehr gilt, lässt sich nicht mehr feststellen, aber das gilt umgekehrt auch für den Rechtsverkehr.  

Warum geben wir einander beim Händeschütteln die Rechte? Weil wir überwiegend Rechtshänder sind und mithin eine Waffe, so wir eine einsatzbereit mit uns führten, in der rechten Hand hätten. shake hands mit rechts heißt daher: 'Schau, ich bin unbewaffnet' . Und das gilt sogar in Eng- und Schottland.

Übrigens sind in mittelalterlichen Burgen Wendeltreppen so angelegt, dass für den Hinaufstürmenden, im Folgenden 'Feind' genannt, die engere Seite der Stufen rechts ist. Für den von oben Herunterkommenden, im Folgenden 'Verteidiger' genannt, hat die Hand, die das Schwert führt, erheblich mehr Bewegungsfreiheit. Selbst wenn der Feind Linkshänder ist, hat der Verteidiger immer noch den Vorteil, dass es sich von oben herab besser kämpft, denn so kommt ihm die Schwerkraft zugute. Er behält die Oberhand, und der Feind ist meist der Unterlegene.

Und weil gerade der Wind weht: die Windseite des Schiffes heißt Luv, und Lee ist die dem Wind abgekehrte Seite. Da ist klar, was was ist, wenigstens, solange der Wind weht.

Wüssten Sie übrigens an Bord eines Schiffes, wo Sie gerade sind? "Irgendwo auf dem Meer" wäre keine befriedigende Antwort; wenn Sie, sagen wir einmal, vor einer halben Stunde in Malaga abgelegt hätten, könnten Sie immerhin ziemlich sicher sein, dass Sie sich a) nördlich des Äquators und b) westlich von Greenwich befänden. Je nachdem, wie weit man weg ist vom Äquator, befindet man sich auf soundsoviel Grad nördlicher (oder, auf einem anderen Schiff in einem anderen Urlaub, südlicher) Breite. Parallel zum Äquator sind die Breiten, und selbst ein Leichtmatrose fände es nicht allzu schwer, mittels eines Sextanten und mit der Hilfe einer Person, die ihm die Funktionsweise eines solchen Instruments zeigen könnte, den Breitengrad zu bestimmen. Hier ist jedenfalls nicht der Ort, auf Details einzugehen. Nur eines: Wenn man der Stand der Sonne über dem Horizont peilen kann, hat man schon fast den Breitengrad.

Der Längengrad ist schwieriger, aber was uns hier interessiert, ist die Tatsache, dass er auf einer willkürlichen Festlegung beruht: Greenwich bei London ist Null, genauer: Dass der Nullmeridian, das heißt, die Linie - die von Pol zu Pol und senkrecht zum Äquator gedacht - die Linie ist, auf die sich alle, Seefahrer, Landratten und Google (natürlich auch Wikipedia, wenn es heißt, Würzburg etwa sei 49° 48′ N, 9° 56′ O) beziehen, und dass diese Linie durch die Königliche Sternwarte Ihrer Britannischen Majestät verläuft.

Wir fassen zusammen: oben und unten gibt es nicht, kein Mensch kann sagen, was links und rechts bedeuten, und Angaben zur Position sind, mindestens zur Hälfte, reine Willkür. Na sauber!

Ach ja: In jeder Tropfsteinhöhle gibt es Tropfsteine, klar, und die gibt es von oben und von unten.
Wer ist da Stalagmit, und wer Stalaktit? Das Gestein tropft vor sich hin, und eigentlich ist es ihm egal, ob es Stalagmit oder -tit ist. Steter Tropfen höht den Stein, pitsch...patsch...titt...t...
Seit ewigen Zeiten.

Wo aber geht es hin, wenn's so weitergeht? Ganz am Ende steht die totale Entropie des Universums, der Kältetod, wo sich nichts mehr regt, und die Existenz den Geist aufgibt.

Aber getrost, Freunde, bis dahin ist noch lang.

1Vgl. das Gedicht "lichtung" von Elnst Jandr
2Das heißt etwa "Ich komme in Frieden – schau, ich hab nichts in der Hand".
Mehr dazu weiter unten [Das Paradoxe ist hier jetzt: Wenn diese Fußnote am Ende stünde – als Endnote – hieße dieses unten eigentlich oben....]