Mal was über Orange.

Orange?

Montag, 4. Februar 2013

Glo' 'al stop

A glo'al wha'?

oder

is 'a eine Buchstab? (eitsches, dropping your)

oder:

glo' 'al stop: der verkannte Laut


Im Englischen ist er berühmt-berüchtigt: der Knacklaut, der glottal stop. Der heißt so, denn er "is a speech sound articulated by a momentary, complete closing of the glottis in the back of the throat." [2004 SIL International] Die Glottis ist die Stimmritze, wird sie beim Artikulieren kurz verschlossen, knackt es; im Deutschen spricht man auch vom Kehlkopfverschlußlaut.

Berüchtigt ist er im Englischen, denn er ist generally frowned upon: er kommt theoretisch nicht vor (d.h. nicht in der sog. received pronunciation), praktisch aber schon, und zwar in vielen Dialekten, vom Londoner Cockney bis zum Scots (eigentlich ja kein Dialekt, aber für Engländer klingt es so.)
Meist ersetzt er dabei ein intervokalisches 't', z.B. wenn das Wort butter wie bu'er ausgesprochen wird, wobei der Apostroph hier für eben jenen ominösen Laut steht.

Folgendes Beispiel (von einer Internetseite der BBC) mag das noch verdeutlichen:

gehört
Be'y bough' a bi' of bu'er.
Bu' the bi' of bu'er Be'y bough' was bi'er,
So Be'y bough' anuvver bi' of bu'er.
geschrieben
Betty bought a bit of butter.
But the bit of butter Betty bought was bitter,
So Betty bought another bit of butter.


Was der Dialekt sprechende Brite - der glottal stop kommt besonders oft in britischen Mundarten vor - hier tut, ist gewissermaßen ein dropping his 't's, gewissermaßen als Pendant zum dropping one's aitches ('h's), das ebenfalls für unkultiviert gilt. (Etwa wenn man 'ands statt hands und 'elp statt help sagt.(1)

Der "Knacklaut" hat im Deutschen kein eigenes Zeichen; er ist aber häufig, z.B. in 'Anfang,
Be'erdigung, be'absichtigen usw. Anders als im Englischen ersetzt er keinen Konsonanten, sondern trennt Vokale oder er steht regelmäßig am Wortanfang vor einem Vokal. Er tritt vor allem in der Hoch- und Schriftsprache auf und in manchen Dialekten kaum oder gar nicht.

Interessant ist, daß bei alten germanischen Stabreimen der Knacklaut offenbar als eigenständiger Laut gesehen wurde und Reime mit unterschiedlichen Vokalen (aber eben demselben Knacklaut) erlaubt waren. Wie wir uns aus dem Deutschunterricht erinnern, ist ein Stabreim (die sog. Alliteration) eine Form des Reims, bei der gleiche Laute am Anfang betonter Silben zählen. Wenn die Laute sich nicht gleichen, reimt sich's nicht.

Es gibt den Knacklaut in verschiedenen anderen Sprachen, im Arabischen etwa oder in südamerikanischen Indianersprachen wie dem Ketschua, doch sie alle verblassen neben den komplexen Knacklautsystemen (sog. clicks) der sogenannten Khoisan-Sprachen.

Khoisan sind Menschen im Süden Afrikas, die zwei größeren Völkern angehören; die Khoi nannte man früher Hottentotten, die San wurden gewöhnlich als Buschmänner bezeichnet (vom Afrikaans Bosjesmannen). Letztere sind sowohl durch das einfühlsame literarische Portrait in zwei Büchern des Südafrikaners Laurens van der Post, The Lost World of the Kalahari und The Heart of the Hunter auch uns Europäern bekannt geworden, wie auch durch den Spielfilm Die Götter müssen verrückt sein (The Gods Must Be Crazy, 1980)

In diesem Film sind auch einige der für Khoisan-Sprachen typischen click-sounds zu hören (wie auch in dem Lied The Click Song der unvergleichlichen Miriam Makeba aus dem Jahr 1965 -zu hören u.a. auf Youtube!). Auch im deutschen Sprachraum gibt es Schnalzlaute, etwa, wenn man mit Kindern herumalbert oder mit dem Pferd kommuniziert; dies sind jedoch keine integrierten Bestandteile unserer Sprache.

In Afrika sind die clicks in der Regel ingressiv, d.h., sie werden beim Einsaugen der Luft artikuliert. Je nachdem was man dabei mit der Zunge macht, klingen sie unterschiedlich. Sie jedoch, wie das in den Khoisan-Sprachen geschieht, mitten im Wort zu artikulieren, bereitet Europäern beträchtliche Schwierigkeiten.

Die dafür in der Fachliteratur gebräuchlichen phonetischen Symbole sind ähnlich kompliziert wie die Laute, die sie darstellen:

die Beispiele sind der !Xóõ-Sprache entnommen (2) , einer Sprache, die von ein paar Tausend Menschen in Botswana gesprochen wird. Was hier unmittelbar vor dem "Fragezeichen" steht, ist der jeweilige click. Wenn Sie Schwierigkeiten bei der Aussprache einzelner Laute haben: geduldig üben; in nur wenigen Jahren können Sie sicher schon den einen oder anderen Laut!

Bilabial heißt im Übrigen: ein Schmatzlaut, der mit beiden Lippen gebildet wird; dental heißt: mit der Zungenspitze an den Zähnen; alveolar heißt: Zungenspitze hinter den Zähnen, palatal heißt am Gaumen, und lateral heißt seitlich artikuliert.

Im (Alt-)Griechischen unterscheidet man zwischen dem vokalischen Anlaut ohne Behauchung, dem spiritus lenis (griech. ἡ ψιλή ), von dem das Gerücht geht, es handele sich hier um den glottal stop, aber in Wirklichkeit wohl eher um einen nicht-knackenden Vokal, und dem spiritus asper, (η ψιλή ), dem behauchten Anlaut, der unserem 'h' entspricht. Noch einmal zum Mitschreiben: Die Griechen unterschieden zwei Laute, die sie beide nicht als eigenen Buchstaben schrieben, sondern als Häkchen bzw (am Beispiel alpha); zwischen dem hörbaren/nicht hörbaren Stimmeinsatz und der Behauchung eines Vokals bestand für sie ein Zusammenhang. Klar: wenn man das 'h' wegläßt, hat man den spiritus lenis oder den glottal stop und klingt damit wie eine Französin, die es nischt über das 'erz bringt, meinen Namen so auszuspreschen, wie isch das tue: Hauck.

Fußnoten:
(1) Der Apostroph steht hier natürlich für das fallengelassene h.
(2) und der Website http://hctv.humnet.ucla.edu/departments/linguistics/VowelsandConsonants/course/chapter6/xong/!xong.html

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