Mal was über Orange.

Orange?

Montag, 4. Februar 2013

Ordnungshüter

Ein Ordnungshüter war früher mal der Nachtwächter. Er hatte zwar wenige Befugnisse, auch war er unbewaffnet, aber wenigstens konnte er Alarm schlagen (“Alarm” heißt ja “all'arme”, also “zu den Waffen!”) Wehren also mußte der Bürger sich schon selber. Deshalb gab es in kritischen Gebieten und unsicheren Zeiten sogenannte Bürgerwehren. Als dann die Obrigkeiten dauerhaft Ornungshüter einrichteten, hießen diese “gens d'arme”, also “Herren in Waffen”. Daher Gendarm. Der Name “Polizey” leitet sich übrigens letzlich von Polis her, vom Gemeinwesen insgesamt (daher ja auch Politik), und bezeichnete Anfangs eine Vielzahl staatlicher Aufgaben, von denen eine die Wahrung von Sicherheit war. In absolutistischen Zeiten (17./18, Jhd) fiel diese Aufgabe dem Landesvater zu, und deren hatte das Deutsche Reich mehr als genug, also gab es auch die unerschiedlichsten Methoden, für Sicherheit zu sorgen. In einem Duodez-Fürstentum (1) wie Reuß-Schleiz-Lobenstein oder Lippe-Biesterfeld ließ sich dies sicherlich mit weniger Aufwand bewerkstelligen als in einem Flächenstaat wie Preußen. Jedenfalls war (und ist in manchen Ländern noch heute) die Gendarmerie eine staatliche Truppe und hat(te) nichts von Nachtwächter-Beschaulichkeit.

Es gibt in Frankfurt eine Konstablerwache (und einen U-Bahnhof gleichen Namens); Frankfurter wissen, dass dies nicht die Haupt-Polizeywache war – das war die sogenannte Hauptwache. Aber der Name erinnert an den Konstabler, und das war vielerorts eine Amtsperson, die militärische und/oder zivile Ordnungsaufgaben wahrnahm. Besonders auf den Britischen Inseln versah und versieht der Police Constable (PC) Polizeiaufgaben.

Ansonsten heißt die Polizei im Vereinigten Königreich ja Bobby, wie wir alle zu wissen glauben. Es gibt sie auch noch, mit ihrem charakteristischen Helm (bzw. in mindestens einem von mir bezeugten Fall: Dienst-Turban) und sogar unbewaffnet, wie es Tradition ist. Der Name leitet sich her vom Gründer der Truppe, Sir Robert Peel, der in den zwanziger Jahren des 19.Jhds britischer Innenminister war und nebenbei auch die konservative Partei gegründet haben soll. Jedenfalls hießen die Polizisten nach ihm erst peelers, später bobbies, und sie sind heute mehr Staffage für die Touristen. Der normale PC ist tougher, durchaus bewaffnet und Mitglied einer von 43 territorial police forces (deren territory oft weitgehend deckungsgleich ist mit Grafschaft). Eine besonders wichtige Truppe ist die City of London Police, die im Finanz- und Bankenviertel von London agiert und deshalb auch für Wirtschaftskriminalität in ganz Großbritannien zuständig ist. Den Rest von London schützt die Metropolitan Police Force. Ihr Hauptquartier ist New Scotland Yard (2).

In manchen Ländern heißt die Polizei mehr oder weniger nach ihrer Funktion, ob in Island Lögregla, also wörtlich “Gesetzesregler”, Rendörség in Ungarn (“Ordnungshüter”), die Garda Síochána (“Friedenshüter”) in Irland, oder etwas strenger, law enforcement officer in den USA: “der, der das Gesetz durchsetzt”. Meistens heißt sie police, Polizei, politi, polisen, policie, policija oder polico. Letzteres ist mal wieder Esperanto und spricht sich “politso” Aber bleiben wir einmal bei den USA.

Auf örtlicher Ebene gibt es dort den Sheriff, und den kennt man aus Westernfilmen. Ein einsamer Ordnungshüter, evtl. unterstützt von seinen Hilfssheriffs (deputy s.), aber mit einem altehrwürdigen Namen. In England und Schottland ist ein Sheriff ein ehrenamtlicher Repräsentant der Grafschaft, und das war er auch schon bei den Angelsachsen. Da hieß er noch sċīrġerēfa (das sċīr heißt hier Shire, also Grafschaft). Der Sheriff steht in den USA der Polizei seines County vor; bei größeren Städten gibt es das (municipal) police department, und das kennen wir aus Krimis, die in Amerika spielen; das police department von New York heißt NYPD, und das von Los Angeles heißt LAPD. Logisch. Deren Chef ist allerdings kein Sheriff, sondern ein Chief. Der Marshall, den wir auch aus Western kennen (Wyatt Earp etwa) ist ein Justz-Vollzugsbeamter mit besonderen, auch polizeilichen, Aufgaben. Sein Name leitet sich ab vom merowingischen (3) Stallburschen, dem marhskalk (marh ist das Pferd im Germanischen) und somit verwandt mit dem comes stabuli (“Herr des Stalls”), dem oben schon erwähnten Constable. Das Ganze ist etwas kompliziert. Eigentlich waren wir ja bei der amerikanischen Polizei. Die, die immer so dramatisch auf den Highways Verbrecher jagen (ganz martialisch mit Helm und verspiegelter Sonnenbrille) sind die Polizisten des jeweiligen Bundesstaats. Sie heißen highway patrol, und das beschreibt auch schon ihre Zuständigkeit. Auf Bundesebene gibt es in den Staaten noch das FBI, aber das ist die Kripo und gehört nicht hierher.

Das gibt es durchaus öfters, dass je nach Behörde und Zuständigkeiten verschiedene Polizeikräfte in einem Land existieren. So gibt es zum Beispiel in Spanien die einschüchternd-militärisch auftretende Guardia Civil, die sich in der Francozeit einen unrühmlichen Namen gemacht hat, aber daneben auch die (Cuerpo Nacional de) Policia und zum Beispiel im Baskenland die Ertzaintza.
In Italien gibt es neben der Polizia und der Guardia di Finanza, einer “militärisch organisierte Finanz- und Zollpolizei” [Wikipedia] auch noch die Carabinieri, eine Polizeitruppe des Militärs (daher auch der waffenstarrende Name), die dem Innenminister untersteht.

Und schließlich gibt es auch bei uns neben der Landespolizei (d.h. der Polizei des jeweiligen Bundeslandes) noch die Bundespolizei, die einmal Teil der Streitkräfte war, Bundesgrenzschutz hieß (4) und dementsprechend die Grenzen schützen sollte. Seit dem Schengen-Abkommen hat sich das weitgehend erübrigt, und die Truppe sichert und schützt, wo sie kann.

Merke: "Bulle" =


cop, copper (USA und allgemein)

fuzz (USA)

filth (GB)

flic (F)

heat (USA)

pig (USA)

peeler (N Ireland)

PS: "Bulle" ist natürlich eine Beleidigung und nicht anzuraten. Im Zuge einer Imagekampagne wollte man einmal den Kosenamen "Polli" einführen. Das ist nun wiederum albern.

Fußnoten
  1. Kleinformatige Bücher hießen Duodez-Bände, weil sie auf ein Zwölftel (duodecim=12) eines Papierbogens reduziert waren. So manche Herrschaft im Reich schien kaum größer...
  2. der war praktisch schon immer 'New'
  3. die Merowinger waren, vereinfacht gesagt, die Germanen (“Franken”) im später so genannten Frank-reich
  4. vgl. “Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei“ vom 21. Juni 2005


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