Mal was über Orange.

Orange?

Mittwoch, 14. November 2012

blau 2. Teil

Blau ist ja nicht nur eine Farbe- es ist auch eine Stimmung (zumindest im Englischen) und ein Zustand. „Ja, ja, so blau, blau blau blüht der Enzian...“ - alles nur Ausreden! Enzian ist auch ein Schnaps, und im Übermaß genossen blüht einem tatsächlich was, nämlich der schwere Absturz am nächsten Morgen. So gesehen, gewinnt auch die von den Romantikern so sehnsüchtig gesuchte Blaue Blume ganz neue Dimensionen!
Aber mal im Ernst: Es ist schon auffällig, wie oft die Farbe blau mit etwas Diffusem, nur Erahnbaren und Unerwartetem verbunden wird: man spricht von „Fahrt ins Blaue“, fährt „ins Blaue hinein“, redet von der „blauen Ferne“, von der „blauen Stunde“ und verspricht oft „das Blaue vom Himmel“.
Nochmal zurück zum Enzian und Heinos Lied darüber: wer trinkt, wird blau, im fortgeschrittenen Zustand „kornblumenblau“- auch das übrigens ein Lied (und Korn ist ja auch ein Schnaps). Ich zitiere mal etwas länger: Kornblumenblau ist der Himmel am herrlichen Rheine, / kornblumenblau sind die Augen der Frauen beim Weine. / Darum trinkt Rheinwein, Männer seid schlau, / dann seid am Ende auch ihr kornblumenblau. Ganz schön blauäugig, die Frauen beim Weine! Da kann man ihnen ja alles versprechen...
Viel realistischer ist hier wiederum die Perspektive, dass das alkoholbedüdelte Balzen um die (nicht nur rheinischen) Frauen zur wirtshaustypischen Schlägerei führt. Das endet dann gewöhnlich mit einem blauen Auge (1) -  (dem sogenannten Veilchen – noch 'ne Blume!), mit blauen Flecken, - man erlebt buchstäblich sein blaues Wunder. Und wenn's ganz schlimm zugeht, ist man überall grün und blau. Das stimmt übrigens vom Farblichen her schon eher: die Flecken sind alles mögliche, dunkelgrün, lila, braun bis ins Gelbliche, und nur eins sind sie nicht: blau. Ein blaues Auge heißt im Englischen übrigens black eye (2).
Weil wir gerade bei der Schlägerei sind: „einbleuen“ schreibt man jetzt ja „einbläuen“, vermutlich weil die Zurechtschreibreformer dabei an die Tracht Prügel dachten. Es kommt aber von Bleuel (letztlich verwandt mit der Pleuelstange) – das ist das Ding, mit dem die Wäscherinnen früher die Wäsche klopften. Ähnlich hätte man sich, so der Volksmund früher, zum Beispiel lateinische Vokabeln oder die Formel für den elektrischen Widerstand bzw. des Alkohols ins Hirn klopfen sollen.
A propos Wäsche: „Something old, something new, something borrowed, something blue“ soll die Braut bei der Hochzeit tragen, heißt es im Englischen (zur Sicherheit übrigens noch „and a sixpence in her shoe“), und das Blaue dabei symbolisiert angeblich die Treue. Reinheit. Unschuld und Treue verkörperte die Farbe Blau schon im Mittelalter, und die Personfizierung dieser Tugenden, die Jungfrau Maria, wurde stets mit einem blauen Mantel dargestellt. Dazu kommt, dass eine lichtechte, kräftige blaue Farbe zum Malen vor der Erfindung der Anilinfarben (daher übrigens das 'A' in 'BASF', aber das ist eine andere Geschichte) fast unmöglich herzustellen war (die Maler mischten ihre Farben stets selbst!). Mit einer Ausnahme: Auf der Grundlage eines zermahlenen Halbedelsteins, des Lapislazuli, ließ sich eine leuchtend blaue Farbe mischen, aber sie war sündhaft (!) teuer. Man nahm sie also höchstens für den Mantel der Jungfrau und behalf sich ansonsten mit billigeren, weniger reinen Farben. Übrigens gilt das Gesagte nicht immer und überall: Der flämische Maler Pieter Breughel d.Ä. stellte auf einem Gemälde, Die niederländischen Sprichwörter, eine Szene dar, wo eine junge Frau ihrem Gatten „den blauen Mantel [de blauwe huik] umhängt“. (in der unteren Hälfte des Bildes, etwa in der Mitte). Und das wiederum heißt, sie betrügt ihn.
Ha!




Stefan Lochner                                                                            Pieter Breughel d.Ä.

Maria im Rosenhag                                                                      Die nl. Sprichwörter


     ca. 1448                                                                                    ca. 1559

P.S.
In der englischen Fachsprache der Wappenkunde (Heraldik) heißt 'blau' nicht 'blue', sondern – 'azure'. Mehr darüber vielleicht später einmal in einem Heraldik Special

(1) Glück hat, wer mit einem blauen Auge davonkommt!
(2) Was die Franzosen hier mit beurre noir, also schwarzer Butter, sagen wollen, bleibt mir ein Rätsel

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