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Dienstag, 6. November 2012

Kutschen

Kutschen

Das Wort Kutsche kommt aus dem Ungarischen: kocsi '[aus] Kocs' (einem Ort zwischen Bécs (Wien) und Budapest, der für seinen Kutschenbau berühmt war (wie später Detroit in den USA).

Das englische Wort für Kutsche, coach, bedeutet auch [Reise]Bus; davon später mehr. Das spanische Wort coche heißt neben Kutsche auch allgemein Auto; auf deutsch nennt mancher sein Kraftfahrzeug auch liebevoll Kutsche. Die Karosse (etwas protziger) klingt wie das italienische carozza, und beides kommt vom Französischen carosse. Das englische car ist, wie auch carosse, abgeleitet vom lateinischen carrus, 'Karren' (noch so ein Wort für das Automobil, besonders, wenn man es nicht mehr mag). Angeblich kommt das lateinische Wort von einem keltischen Wort für Streitwagen, aber das scheint mir etwas weit hergeholt.

Droschke, ein Wort für eine Kutsche, die man mieten kann, stammt ohne große Umwege aus dem Russischen (дрожки). Da gibt es – schwerpunktmäßig und aus tourstischen Gründen in Wien – die pferdegezogene Variante, den Fiaker. Das wiederum kommt von der Adresse in Paris (!), wo einmal die dortigen Pferdedroschken standen: in der Rue de Saint Fiacre. Besagter Fiacre war übrigens ein irischer Mönch im 7.Jhd Anno Domini – may he rest in peace! - der mit Droschken nun wirklich gar nichts zu tun hat. Es gibt auch Motordroschken, die sogenannten Taxis. Die einzig wahren und echten Taxis sind natürlich die in London; die Londoner Taxifahrer müssen den härtesten Taxifahrer-Test weltweit bestehen (das Wissen, das sie nachweisen müssen, heißt "The Knowledge"). Mietdroschken heißen, wie jedermann weiß, cabs in Amerika (man denke an die New Yorker yellow (1) cabs (2)), und das kommt von taxi cab, also Taxi-Kutsche.

Es gab einmal eine Zeit, da galt es zu unterscheiden zwischen verschiedenen Typen von Kutschen, je nachdem, ob ein- oder zweirädrig, ob offen, gefedert, gepolstert und mit Kutscher oder eher sportlich, ob rustikal, zweckmäßig oder mehr Prunk als sonstwas. Das kann man heute eins zu eins aufs Auto übertragen, das ist auch so eine Wissenschaft für sich. Nur zur Auflockerung und zwischendurch: Wissen Sie, wie der Kombi (was VW Variant nennt) auf schwedisch heißt? : - herrgårdsvagn (etwa Herrenhofsfahrzeug). Schön, nicht?

Doch zu den Kutschen: da gab es etwa die
Berline: ähnlich wie der Landauer, aber mit festem Dach; im Frz. heute eine (Auto)Limousine
Carrick, zweirädrig, zweispännig
Coupé entst. a.d. Engl. street cab; zweisitzige geschl. Kabine; Kutschbock draussen
Gig, zweisitzig, offen, Einspänner; auch Stanhope (Gig)
Kalesche, vierrädriger Einspänner, klappbares Verdeck
Landauer, vierrädrig und viersitzig, klappbares Verdeck,
Phaeton , klein, offen, vierrädrig; von der Herrschaft selbst gefahren. Später ein missglückter Versuch von VW, eine Nobelkarosse zu bauen..
Tilbury leichte, einachsige Kutsche mit geschlossenem Gepäckabteil
Break leicht, vierrädrig, Klappverdeck
Victoria(kalesche) und und und....
der englischsprachige Wikipedia-Artikel etwa zählt über 60 Typen auf! Auch die frz. und span. Artikel listen Dutzende.

Von erheblicher Bedeutung war jedoch die Postkutsche. Das ist an sich ein relativ komplexes Thema, das hiermit auf irgendwann später vertagt sei. Erwähnen will ich nur noch, wegen des schönen Namens, den Kremser(wagen). Das klingt gemütlich-österreichisch und ist doch aus Berlin: ein nach seinem Erfinder benannter Pferdeomnibus.

Überhaupt Omnibus: lat. "für alle" (Dat./Ablativ); würde man auch das Wort Automobil ähnlich verstümmeln, hieße es "-mobil", und so heißt es ja auch, zumindest in den skandinavischen Sprachen: bil heißt das Auto auf Dansk, Norsk und Svenska, und auf Isländisch sagt man bill.

Der Linienbus im Stadtverkehr heißt auf Französisch autobus; der Reisebus wiederum car (von autocar); in Louisiana (soweit man dort überhaupt noch Französisch spricht), und in Kanada heißt das Auto (nicht der Bus!) char, ein Wort, das ansonsten den Ochsenkarren bezeichnet. Im Englischen bezeichnet das schöne Wort charabanc (und das kommt vom französischen char a bancs – 'Karren mit Bänken') einen von Pferden gezogenen, offenen Vorläufer des Omnibus.

Im Englischen unterscheidet man ebenfalls zwischen dem Reisebus (coach) und dem Omnibus (bus). Im Spanischen heißt das Fahrzeug normalerweise (auto)bús, in Südamerika aber auch colectivo (= "für alle": "omnibus"), flota, camioneta oder, besonders schön, guagua (was offenbar lautmalerisch ist und das – in Lateinamerika vielleicht leidenschaftlicher gehandhabte - Hupen nachahmt. Kleine Kinder nennt man auch vielerorts "guagua"; - doch, definitiv lautmalerisch!)

Autobus nennen die Italiener den Bus. Das interessanteste an dem Wort scheint zu sein, dass der einschlägige Wikipedia-Artikel zum einen auf das schöne deutsche Synonym "Kraftomnibus" (3) hinweist und zum anderen behauptet, die Italiener sagten zu ihrem Autobus auch pullman. Für die jüngeren unter uns: "Pullman" waren amerikanische Luxus-Eisenbahnwaggons und quasi synonym mit Komfort und Bequemlichkeit, was uns wiederum an – na? - den italienischen Bus denken läßt. Ein anderes Synonym im Italienischen ist übrigens torpedone, wenn der Bus oben offen ist. Klingt jedenfalls gefährlich.

Fußnoten:
    (1) auf irisch heißen sie tacsaithe ghlaise , weil sie grün sind.
    (2) seltsamerweise singt Joni Mitchell, die an dieser Stelle ausdrücklich gelobt sei, vom "Big Yellow Taxi". Versteh einer die Amis!
(3) Stimmt! "Ein Kraftomnibus (Kom) ist ein motorisch angetriebenes Landfahrzeug der Klassen M2 oder M3 mit mehr als acht Sitzplätzen neben dem Fahrersitz, gemäß Anhang II der Richtlinie 70/156/EWG."


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