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Mittwoch, 14. November 2012

koloniale Spuren in Nordamerika

Koloniale Spuren in Nordamerika
N.B. Königsnamen sind, wie üblich, übersetzt;
in Klamern angegebene Zahlen sind ihre Regierungszeiten)

Virginia (USA) nach der "Virgin Queen", Elisabeth (I)(1559-1603). Der indische Regisseur Shekhar Kapur hat 1998 in seinem Film "Elizabeth" dargestellt, wie Elisabeth zunehmend bewußt die Rolle der Jungfräulichen Königin einnahm, weil sie sich als Symbol von Englands Goldenem Zeitalter begriff. Virginia war die erste englische Kolonie auf amerikanischem Boden.

Delaware heißt so nach Thomas West, 3. Baron De La Warr, dem ersten Gouverneur der Kolonie Virginia

New York (USA), das ursprünglich Nieuw Amsterdam hieß, wurde umbenannt in New York, und das weniger wegen der Stadt York in Nordengland, sondern nach James Stuart, Sohn Karls I. Er wurde später (1685) als Jakob (engl. James) II König von England und Irland (und als König von Schottland der VII. dieses Namens) und Britanniens letzter katholischer Monarch. Im Krieg gegen die Niederlande (1665-67) war er noch Herzog von York und der Oberbefehlshaber der Truppen, die u.a. Neu Amsterdam eroberten.

N. and S. Carolina (USA) nach Carolus, also Charles: Karl II. Stuart. Sein Vater (der Enkel von Maria Stuart )(1), ein absolutistischer Herrscher, war 1649 geköpft worden, was zum Auftakt einer Militärdiktatur in Großbritannien unter Oliver Cromwell wurde, dem "Lord Protector" des "Commonwealth". Die war so unpopulär, dass die Rückkehr der Stuarts unter Karl II als Wiedergeburt von "Merry Old England" allgemein gefeiert wurde. Einige von Karls Unterstützern erhielten zur Belohnung das Territorium, das zur Provinz Carolina wurde, aus der wiederum die beiden Staaten dieses Namens hervorgingen. Offiziell wurde die Provinz übrigens nach dem ersten Karl, dem Hingerichteten, benannt.

Maryland (USA) heißt nicht nach der Muttergottes, sondern nach Henrietta Maria von Frankreich (1609-69), und zwar, weil sie die Gattin König Karls I von England, Irland und Schottland war und obwohl sie katholisch war und blieb

New Brunswick (CDN) ist benannt nach dem Fürstentum Braunschweig (dem letztlich auch die Georges entstammten, vgl. "Georgia"). Nach Prinz Friedrich August, Prinz von Großbritannien und Irland, Herzog von York und Albany, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Bischof von Osnabrück, dem 2. Sohn des 3. Georg(e), ist die Hauptstadt Fredericton benannt. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist französischsprachig. Zu französischen Kolonialzeiten (bis 1713) hieß die Gegend Acadie, die bewohner Acadiens, und ein umgesiedelter Teil von ihnen in den US-Südstaaten sind die Cajuns, deren Volksmusik weithin beliebt ist.

Georgia (USA), die 13. der ursprünglich 13 Kolonien, nach den Köngen namens Georg(e), genau genommen nach dem 2. (1727-1760). Die Georg(e)s waren das Haus Hannover (House of Hanover), gleichzeitig Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg und eben Könige von Hannover; der erste von ihnen (1714 – 1727) konnte praktisch kein Englisch, auch noch dem 2.(1727 - 1760) war England weitgehend egal, und erst der 3. (1760 – 1820) war in England geboren und mit Englisch aufgewachsen, ab den 1780ern zunehmend geisteskrank (2). Von ihm sagten sich die amerikanischen Kolonien los.

Die kleinste kanadische Provinz, Prince Edward Island (CDN) ist benannt nach Prince Edward Augustus, Duke of Kent (1767 – 1820), einem Sohn des 3. George und Vater Königin Viktorias. Er lebte übrigens mit seiner Gattin, einer Prinzessin aus Coburg-Saalfeld, in Eberbach am Neckar und reiste erst kurz vor der Geburt des Kindes eigens nach England, auf dass der/die Thronfolger/in in England gebren werde. So geschah es auch.

Alberta (CDN) heißt so nach Prinzessin Louise Caroline Alberta (1848-1939), die wiederum nach ihrem Vater hieß, Albert von Sachsen-Coburg-Gotha und Prinzgemahl Königin Viktorias. Die Provinz heißt nach der Prinzessin, weil ihr Mann, John George Edward Henry Douglas Sutherland Campbell, 9. Herzog von Argyll und Marquess of Lorne, Generalgouverneur von Kanada war.

Louisiana heißt nach dem König von Frankreich, Ludwig XIV, dem "Sonnenkönig" (frz. Louis; 1643-1715). Als der Eroberer de la Salle das Land am Mississippi für Frankreich reklamierte, nannte er es "Land Ludwigs"; das später so genannte Louisiana Territory wurde von Napoleon später an die Amerikaner verkauft (aus amerikanischer Sicht "Louisiana Purchase": zum Preis von weniger als 3 Cent pro Morgen Land ein Schnäppchen!) und verdoppelte die Fläche der USA.

Nova Scotia (CDN), das neue Schottland, hat tatsächlich relativ viele Einwohner mit keltischen Wurzeln: Ulster Scots und auf der Insel Cape Breton Island, die auch zu Nova Scotia gehört, Gälen aus den westliche Highlands. Hier war auch bis in jüngste Zeit noch Gälisch gesprochen worden, und auch die Fiddle Music klingt noch recht schottisch.

Die Neuen Hebriden wiederum haben rein gar nichts mit Schottland zu tun (anders als die Inselgruppen der Inneren und Äußeren Hebriden im Nordwesten der Britischen Inseln). Es handelt sich um eine Inselkette in der Südsee, von James Cook (auch kein Schotte!) entdeckt, dann eine gemeinsame (??!) britisch-französische Kolonie und heute offiziell die Republik Vanuatu.
Nouvelle Calédonie, das - dem Namen nach - neue Kaledonien (Caledonia ist der lateinische Name für Schottland), ist eine französische Kolonie, auch in der Südsee.
Eine tatsächliche schottische Kolonie, und eigentlich eine siedlungstechnische Katastrophe, war Darien im heutigen Panama: halb Schottland hatte in die Handelsgesellschaft Kapital gesteckt, die die Kolonie in Mittelamerika entwickeln sollte. Malaria und Spanier beriteten dem Projekt ein rasches Ende, alle Siedler (ca. 2000) starben, und Schottland stand vor dem Staatsbankrott. So geschehen um 1700.

Die Fußnoten
(1) Im Englischen immer "Mary, Queen of Scots"; auf Deutsch genau genommen "Schtuart", denn  Friedrich Schiller, der ein Drama dieses Namens schrieb, hat sein Leben lang geschwäbelt.  
(2) Vgl. hierzu den Film The Madness of King George aus dem Jahr 1994, nach einem Theaterstück von Alan Bennett

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