Mal was über Orange.

Orange?

Freitag, 14. Dezember 2012

Quantenmechanik mal anders

Quantenmechanik? Wieso denn das nun schon wieder? werden Sie sich fragen, und das mit Recht. Schließlich haben Sie Sprachen gewählt, weil Sie in der Schule nie begriffen haben, wofür all diese komplizierten mathematischen Operationen (1) gut sein sollten, und Quantenmechanik sagt Ihnen ungefähr so viel wie Einsteins Relativitätstheorie. Nämlich nichts.

Falls Sie jedoch sehr gebildet sind, haben Sie von diesem Schmetterling schon gehört, der irgendwo in den Anden sitzt und mit den Flügeln schlägt, und das löst dann in der Karibik einen Sturm aus, oder so ähnlich. Geben Sie's zu: das haben Sie auch nicht verstanden. Das macht aber nichts, denn hier soll die Rede sein von einer Katze, und von einer interessanten sprachlichen Parallele.

Die Katze, falls Sie das beruhigt, kommt hier nicht zu Schaden, denn es gibt sie gar nicht. Sie ist vielmehr Teil eines sogenannten Gedankenexperiments.(2) Nehmen wir einmal an, in einer Kiste wäre eine Versuchsanordnung, bei der ein atomarer Zerfall stattfindet oder nicht. (Gut, gell?) Falls er das tut – das wäre dann ein Quantenereignis (übrigens auch, wenn das nicht geschieht!) - dann registriert das ein Instrument und setzt automatisch ein schnell wirkendes Nervengift frei. Dann stirbt die Katze, und zwar sofort. Oder, der Zerfall bleibt aus, und die Katze überlebt.

Da die Kiste hermetisch verschlossen ist, kann man von außen nicht sehen, ob die Katze lebt oder tot ist. Dazu muss man die Kiste aufmachen. Und jetzt wird’s abenteuerlich, denn: Die Katze war, bevor Sie die Kiste aufmachten, lebendig UND tot. Im normalen Leben gibt es sowas nicht, aber in der Quantenphysik. Die sagt nämlich folgendes. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Katze lebendig ist, sei, sagen wir einmal, genauso groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass sie tot ist. Fifty-fifty. Erst durch Ihre Beobachtung, also das Öffnen der Kiste, wird die eine Wahrscheinlichkeit "hundert Prozent", und die andere "null". Und zwar rückwärts! Das heißt, die Katze war dann die ganze Zeit lebendig oder tot. Solange die Kiste noch zu war, war sie – wir erinnern uns – beides. Die Physiker sagen, "die Wellenfunktion (3) kollabiert."

Um das etwas nachvollziehbarer zu machen, hier das Beispiel (kein Gedankenexperiment!) aus der wirklichen Welt: Wenn Ihnen im Englischen jemand von "my friend" erzählt, dann ist das entweder eine Freundin, oder ein Freund. Solange nur von "my friend" die Rede ist, wissen Sie nicht, was gemeint ist. Das ist sozusagen ein Freund UND eine Freundin; beides zugleich. Erst wenn dann ein Name oder ein Personalpronomen im Gespräch auftaucht, also "he" oder "she", wird Ihnen plötzlich klar: Das war die ganze Zeit schon ein Freund / eine Freundin! Erst jetzt ist quasi die Kiste offen, und die "Wellenfunktion kollabiert", um das mal physikalisch auszudrücken.

Denn das kennen wir jetzt.

Fußnoten

  1. Wenn Mathematiker etwas tun, ist das mindestens eine Operation. Die sagen nicht – wenn man eine Zahl von einer anderen abgezogen hat - "das Übriggebliebene", nein, das heißt "Differenz", und das "Ergebnis beim Teilen" ist der "Quotient" der "Division", und dergleichen mehr. Hier geht’s eigentlich um Physik, aber da ist es ähnlich.
  2. Das ist raffiniert: eine Versuchsanordnung, die man so gar nicht machen kann, und dann spekuliert man über die Ergebnisse (und nennt das Ganze "Wissenschaft")
  3. Wobei die Wahrscheinlichkeit praktisch eine Welle ist!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen